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092 - Piraten im Nordmeer

092 - Piraten im Nordmeer

Titel: 092 - Piraten im Nordmeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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und warf es über den Lupa. Obwohl Wulf mit seiner doppelten Zahnreihe – die Folge einer Mutation – wild um sich schnappte, hatte er keine Chance. Er wurde zu einem handlichen Paket verschnürt.
    Auch Laryssa tauchte nun an Deck auf. Sie gesellte sich zu dem Stutzer, redete mit ihm und deutete zur Brücke. Der Pirat hob den Kopf, erblickte McKenzie, nickte und sagte etwas zu seinen Männern.
    Uff!, dachte Dave. Gerettet.
    Aber wo war Kapitän Boronin? Dave reckte den Hals, sah aber nur zerlumpte Gestalten, die sich in Scharen ins Innere des Dampfers ergossen – vermutlich um seine Ladung zu plündern oder Angehörige der Mannschaft in ihren Verstecken aufzustöbern und zu massakrieren. Zum Glück waren außer Rulfan und ihm keine weiteren Passagiere an Bord gewesen.
    Rulfan… Er musste herausfinden, ob sein Freund noch lebte.
    Und – falls ja – ob er ihm beistehen konnte.
    Schließlich kam Laryssa zurück. Der Stutzer folgte ihr schnaufend. Er war bleich, sein Blick flackerte, als sei er krank.
    Dave sah, dass seine Hände zitterten.
    »Das ist Kapitän Orland«, sagte Laryssa und deutete auf den Schnauzbart, der sich neugierig auf der Bücke umsah. »Er sucht den Eigner dieses Dampfers. Er hat sich nicht zufällig hier oben verkrochen?«
    ***
    In seinen achtundvierzig Lebensjahren hatte der in zahlreichen Schlachten gestählte Rulfan von Coellen schon oft einen Schlag auf den Schädel erhalten. Eine Schiffstreppe hinuntergefallen war er allerdings noch nie.
    Als das Hämmern in seinem Hirn einem leisen Heulen wich und seine Ohren wieder Impulse aufnahmen, drang als erstes ein vertrautes Jaulen an sein Gehör.
    Wulf?, durchzuckte es ihn. Eine Sekunde später wusste er, dass auch zu schnelle Gedanken Schmerzen erzeugen können.
    Rulfan wagte es, den Kopf ein Stück zu heben, und sah den treuen Vierbeiner – verschnürt inmitten eines Netzes.
    Immerhin lebte der Lupa noch.
    Rulfan hob den Kopf ein wenig höher. Es war jetzt heller als vorher. Der Nebel hatte sich leicht gelichtet. Rings um ihn her verunzierten Blut und abgetrennte Gliedmaßen die Holzplanken. Zwei wüst aussehende Gesellen standen an der Reling rechts von ihm und entsorgten gerade einen Leichnam – es war der Maat der Genosse Troozki – ins Wasser.
    Rulfan stöhnte leise. Sie hatten die Schlacht also verloren.
    Und dass er selbst noch lebte, war wohl mehr ein Zufall.
    Vermutlich hielten sie ihn für tot. Er sollte diese Rolle weiterhin spielen, bis sich eine Gelegenheit bot, sich und Wulf in Sicherheit zu bringen. Und natürlich McKenzie. Falls der noch unter den Lebenden weilte.
    Rulfan ließ den Kopf wieder sinken und schloss die Augen.
    Nur ein wenig Erholung jetzt. Die Kopfschmerzen niederkämpfen. Zu Kräften kommen…
    Wenigstens war die See ruhig; der Raddampfer und der gigantische Katamaran lagen wie Bretter auf dem Wasser. Der wabernde Nebel erzeugte eine gespenstische Atmosphäre.
    Nach einer Weile blinzelte Rulfan erneut und versuchte sich so weit wie möglich umzusehen. Vereinzelte Seeräuber tauchten an Deck auf. Sie schleppten sich mit Kisten und Säcken ab, die ihre Komplizen, die noch an Bord des Katamaran waren, mit Hilfe geflochtener Körbe und quietschender Flaschenzüge auf ihr eigenes Gefährt umluden.
    Dann öffnete sich in den Decksaufbauten eine Tür und drei Gestalten traten ins Freie: eine prächtig anzusehende Rothaarige mit langer Mähne, die in eng anliegendes, mit Fransen besetztes Wildleder gekleidet war; ein schlanker, nervös wirkender Typ Anfang Vierzig mit einem heilen und einem zerfetzten Stulpenstiefel, und – Rulfan konnte es kaum glauben – Professor Dr. David McKenzie, ehedem Astrophysiker im Dienst der US Air Force, nun in der Zukunft gestrandet wie sein Freund und Kollege Commander Matthew Drax.
    »Dort ist er!«, rief Dave und beschleunigte seinen Schritt.
    Neben Rulfan kniete er nieder und legte zwei Finger an dessen Hals.
    »Lass den Blödsinn, mir geht’s gut…«, knurrte Rulfan und setzte sich zu McKenzies Erschrecken abrupt auf. Einige Piraten ringsum griffen instinktiv zu ihren Säbeln, aber der Stutzer im Federhut bedeutete ihnen, abzuwarten.
    »Gott sei Dank, du lebst!«, sagte Dave wenig intelligent, und fuhr ebenso trivial fort: »Ich dachte schon, du wärst -«
    »Ich lebe. Wirklich «, brummte Rulfan und griff sich an den Schädel.
    Wulf war der Meinung, dass sein Herr Hilfe brauchte; er gebärdete sich in dem Netz wie toll. Die Kerle mit den Schwertern wichen einen Schritt weiter

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