0921 - Die Trennung
sie sich gegen die Hauswand und starrte vorsichtig um die Ecke auf die Terrasse. Das Zimmer dahinter war dunkel. Allerdings brannte auf dem Gang hinter dem Zimmer Licht und erhellte es durch eine offen stehende Tür etwas.
Nicole huschte auf die Terrasse. Sie verharrte einen Moment und prüfte dann, ob die Tür offen war. Nein. Fest verschlossen. Vielleicht fand sie ja einen anderen Zugang zum Haus oder ein paar Vorsprünge, an denen sie nach oben klettern konnte.
Also weiter. Ihr Instinkt sagte ihr, dass nur ein oder zwei Mauern den Zombie Jaques Carax von ihr trennten. Angst verspürte Nicole nicht, denn tumbe Untote waren nicht mal im Ansatz gleichwertige Gegner. Sie ging weiter ums Haus, rüttelte kurz an ein paar Fenstern. Ebenfalls verschlossen. Zwischen Garage und Haus verlief ein mit viereckigen Platten ausgelegter Gehweg. Nicole betastete soeben die Dachrinne am Hauseck, um zu prüfen, ob sie sich daran in den ersten Stock hochziehen konnte. Denn dort brannte im direkt daneben gelegenen Zimmer ebenfalls Licht. Sie seufzte leise.
Mist. Wird wohl nicht gehen. Zu schwach. Da mache ich spätestens auf halber Höhe den Abflug…
Plötzlich schob sich ein mächtiger Schatten über die Platten des Gehwegs!
Ein menschlicher Schatten!
Nicole fuhr herum und drückte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand. Den E-Blaster hielt sie schussbereit. Die linke Hand umklammerte die rechte.
Der Schatten schob sich weiter vor. Kopf, Schultern und wie unter Gicht gekrümmte Finger erschienen neben Nicole.
Na denn, mein Lieber , dachte sie und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Noch nicht mal richtig kennengelernt und schon verloren.
Schade, Monsieur Carax. Ich hätte von dir gern ein bisschen mehr über die französischen Illuminaten erfahren…
Nicole drehte sich blitzschnell um die Hausecke. Die Knie leicht eingeknickt, blieb sie breitbeinig stehen, die Arme lang ausgestreckt, beide Hände am Kolben. Die Mündung des E-Blasters zeigte über den Schatten hinweg, dorthin, wo der Verursacher des Schattens stand.
Die Französin zögerte keinen Moment. Sie drückte ab. Ein fahlroter Laserblitz löste sich aus der Mündung des Blasters.
***
Jaques Carax brauchte ein neues Opfer. Der Zombie wollte heute Nacht einen erneuten Versuch starten, Pluton zu beschwören. Auch wenn er noch immer nicht wusste, welchen Fehler er begangen hatte, so würde er es früher oder später doch herausfinden.
Carax hatte die Tourniers erneut magisch schlafen gelegt. Jetzt machte er sich auf den Weg, ein neues Herz für Pluton zu suchen.
Plötzlich verharrte er. Draußen im Park, da schlich jemand herum.
Er spürte es deutlich!
Was geschah draußen? Handelte es sich nur um einen Einbrecher?
Oder um jemand anderen? Jaques Carax würde es gleich wissen.
Vielleicht musste er heute ja gar nicht allzu weit gehen, um ein Opfer zu finden. Vielleicht war die Hölle ihm ja gewogen?
Jaques Carax setzte Plutons Geschenk ein.
***
Wales, Caermardhin
Zamorra keuchte. Hatte Sid Amos ein wenig nachgeholfen, dass er sich ausgerechnet an diese Gruppensexparty in Lorik Canas Haus erinnerte? Der einzigen, an der er je teilgenommen hatte. Wollte der neue Herr von Caermardhin, dass er sich jetzt, wo er zum zweiten Mal in seinem Leben von einer Frau verlassen worden war, wieder so gehen ließ?
Da wirst du aber Pech haben, mein Lieber, wenn das tatsächlich deine Absicht sein sollte. So was wird’s in meinem Leben nie wieder geben, das war damals die absolute Ausnahme. Mich ekelt’s noch heute, wenn ich daran denke. Das war schmutzig, tierisch, niedrigste Instinkte, auf die reine körperliche Kopulation reduziert…
Gewiss, neben seinen wenigen festen Beziehungen hatte Zamorra auch den einen oder anderen One-Night-Stand gehabt. Warum nicht? Aber da hatte es über das Körperliche hinaus immer auch Sympathie gegeben, Anziehung auf der Gefühlsebene. Am allerschönsten war Sex aber zwischen zwei Liebenden, die sich blind verstanden, fand Zamorra. Deswegen hatte er ihn nie zuvor so schön erlebt wie mit Nici. Und das würde für alle Zeiten so bleiben.
Wenn Sid ihm tatsächlich ein Leben ohne sie schmackhaft machen wollte, dann hatte er die absolut falsche Schiene gewählt.
Teufel bleibt Teufel , hätte Nici jetzt gesagt. Und damit gemeint, dass der Teufel eben mit den Instrumenten hantierte, die er kannte.
Zamorras Gedanken schweiften weiter. Heute war er mehr denn je davon überzeugt, dass beim Hexensabbat in Canas Haus keine echten Hexen
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