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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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hatte seine mentale Reichweite vergrößert. Es würde nicht so bleiben, das wusste er. Nicht, wenn er nicht ständig über derartige Mengen an Energie verfügen konnte. Doch solange er so stark war, wollte er dieses Talent auch sinnvoll nutzen. Und was war sinnvoller als Rache?
    Der Regent, der sich Gott nannte, konzentrierte sich auf den Mann, den sie Bennett genannt hatten. Und dann erkannte er, dass dessen momentaner Begleiter eine noch viel unterhaltsamere Alternative darstellte. Er beschloss, zu spielen.
    ***
    Deline, 1936
    Sie hatten die Siedlung gerade verlassen, da war es da; ganz plötzlich und unvorbereitet traf es ihn. Ein Gefühl - subtil und unterschwellig, kaum fassbar, aber dennoch vorhanden. Nie zuvor hatte Bill etwas Vergleichbares empfunden. Er war ein kleiner Dene, ein Vollwaise, der von der Hand in den Mund lebte, doch in diesem Augenblick wusste er, was Macht bedeutete.
    Der Wille, die Welt zu nutzen, anstatt sie nur zu erleben. Das Verlangen, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen und sich zu bedienen; sein Eigen werden zu lassen, was ohnehin für einen gedacht war. Wer Macht hatte, bewies doch schon durch selbige, dass er das Recht dazu besaß.
    »Verfluchte Scheiße.« Der Mann schien die Veränderung nicht bemerkt zu haben, die plötzlich in der Luft lag und Bills Nackenhaare senkrecht aufstehen ließ. Auch das leise Summen, das der Junge angestimmt hatte, entging ihm offensichtlich. Aufgebracht schimpfte Bennett mit sich selbst, während sie durch den Schnee zurück zu ihrem Automobil stapften. »Wie bescheuert kann man eigentlich sein? Daran ist nur diese Scheißprovinz schuld, in der jedes Kaff aussieht, wie das andere! Zweimal im selben Ort aufzutauchen - Mann, so etwas endet nicht selten tödlich!«
    Ein Brodeln, tief in seinem Inneren. Wut, die seit Monaten auf ein Ventil hofft, erwacht zu neuem Leben. Der Geruch des Schnees im Morgen, kühl und sanft in seiner Nase. Und der des Mannes dagegen, ein widerlicher Gestank aus Rauch, Fusel und Schweiß. Sinne weiten sich aus und erfassen Dinge, die ihnen eigentlich verborgen bleiben. Synapsen, überfordert mit der Fülle der plötzlich auf sie einströmenden Informationen, ergeben sich dankbar dem neuen Impuls, der ihnen Richtung und Ziel weist.
    »Fündig wobei?«, fragte Bill und wunderte sich nur kurz darüber, wie hart und fremd ihm seine eigene Stimme plötzlich erschien. Wie erwachsen. In seinem Kopf war auf einmal kein Platz für Rückfragen mehr.
    »Häh?« Der Mann blinzelte, offensichtlich in Gedanken verloren.
    »Fündig wobei?«, wiederholte Bill. Es klang nahezu hämisch. »Sigton fragte, ob du in Dellinger's Point fündig geworden wärst. Fündig wobei?« In all den Wochen, die sie nun schon gemeinsam auf dem Weg waren, hatte Bill nicht so viel am Stück gesprochen.
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Mann bleich wurde. »Was… was weißt du schon?«, sagte er ein wenig zu schnell. »Dellinger's Point… Das geht dich nichts an, hörst du? Gar nichts geht dich das an!«
    Bill grinste nur.
    Impulse, die von außen kommen, nicht Teil seines eigenen Wesens sind. Starke Impulse, voller Energie und Auftrieb. Sie reißen ihn mit, verleihen ihm Kraft und Sicherheit. Er fühlt sich wie neugeboren. Als wäre dies der erste wirklich wahrhaftige Tag seines Lebens. Sein Geist ist ein offenes Buch, in dem eine unsichtbare Feder nach Lust und Laune schreiben darf.
    Nervös sah der Mann sich um. Suchte er den Wagen? Bekam er es etwa mit der Angst zu tun? Bill hoffte es, auch wenn er sich nicht erklären konnte, woher diese Hoffnung kam.
    »Was ist passiert, oben in Dellinger's Point?«, hakte er nach, lockend und hämisch. »Wonach habt ihr gegraben? Nach Gold? Und was habt ihr stattdessen gefunden?«
    Bennett war nun weiß wie eine Wand. Die Augen ungläubig aufgerissen, packte er Bill an den Schultern und schüttelte ihn. Seine Hände zitterten fast so stark wie seine Stimme. »Was redest du da, du dämliche Eskimo-Rothaut? Wer hat dir davon erzählt, hä? Erkläre dich!« Flehende Worte. Worte eines Mannes, der das Vergessen gesucht hatte - und nun erkennen musste, dass ihn die Vergangenheit eingeholt hatte.
    Ströme von Kraft in seinen Adern, seinem Wesen. Selbstvertrauen und das Wissen, überlegen zu sein. Niemandem Rechenschaft zu schulden, niemandes Mündel zu sein. Sondern sein eigener Herr - der einzige, den es gibt.
    »Hallo Gary«, sagte Bill, doch was da aus seinem Kindermund schallte, war nicht länger die Stimme eines

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