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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Vermutlich hatte der unbekannte Innenarchitekt dieser Einrichtung vermeiden wollen, dass irgendwelche Nagetiere sich an der Füllung der Matten gütlich taten, und kurzerhand auf sie verzichtet.
    Regale voller Konservendosen, Töpfe, Pfannen und Tassen aus verbeultem Metall, wie Jenny sie höchstens in alten Wildwestfilmen je zuvor gesehen hatte, stritten sich mit ausgebleichten PinUps und zerknitterten Centerfolds aus diversen Herrenmagazinen um die Vorherrschaft an den ansonsten kahlen Wänden. Unterhalb des rechten der beiden Fenster stand ein imposanter und einigermaßen runder Waschzuber von vielleicht anderthalb Metern Durchmesser, der allem Anschein nach sowohl der Körper- als auch der Textilpflege dienen sollte, doch sah Jenny weit und breit keinen Wasserhahn und auch keine Stromleitungen. Wer hier baden oder waschen wollte, musste sich wohl erst einige Topfladungen voller Schnee auf Methusalems Ofen erhitzen.
    Dies war - kurz gesagt - eine Art Autobahnraststätte; eingerichtet von zumeist männlichen Menschen, die auf einer Straße unterwegs waren, an der es etwas Derartiges nicht gab und jeder im Prinzip auf sich gestellt war. Nur ein kleines Bildchen im Nichts, vier Wände, ein Dach und ein qualmender Schornstein. Vom rustikalen Toilettenhäuschen draußen vor der Tür bis hin zu der verbeulten Kaffeekanne auf dem Ofen atmete alles den Duft, aus dem die Hobbyräume waren.
    »Wann immer du willst, Puppe, das weißt du.« Die Stimme war direkt hinter ihr erklungen, und als sich Jenny für den Moment erschrocken umdrehte, sah sie diesen Oberproll vor sich stehen. Wie hieß er noch? Pendergast?
    Er grinste über das ganze Gesicht, und in seinen Augen lag so ein wissendes Funkeln, das auf Jenny extrem unangenehm wirkte. Es sah fast so aus, als wolle sie Pendergast - Benderblast? Bandergilt? - auf irgendein stummes Einverständnis hinweisen, das seiner Ansicht nach zwischen ihnen herrschte. Oh, sie kannte diese Typen - Nichtskönner, deren Ego so groß war, dass sie glaubten, jede haben zu können, die ihnen begegnete. Männer wie er vermieden es tunlichst, diese schlicht als Fakt angenommene gewagte These je in der Praxis zu überprüfen. Man musste kein geschmackloses Tattoo mitten auf der Stirn prangen haben, um als Idiot durchzugehen. Manchmal reichte es schon, einfach nur zu atmen.
    »Wie meinen Sie?«, fragte Jenny kühl und hoffte, dass man ihr den Schrecken nicht anmerkte, den er ihr verpasst hatte.
    »Na du und ich, Mädchen.« Er zwinkerte ihr zu. »Auge in Auge, mano a mano. Und nur die Kamera schaut uns beiden zu…«
    Er meinte das Interview. Irgendwann musste sie ihn um ein Interview gebeten haben, und er wollte sie darauf hinweisen, dass sie es nur zu sagen brauchte - auf seine ganz eindeutig zweideutige Art. Auf deinem Planeten geht das vermutlich als Süßholzgeraspel durch , dachte sie angewidert. Nur schade für dich, dass dort außer dir niemand wohnt, nicht wahr?
    »Ich… bin gleich zurück«, murmelte sie angewidert, machte auf dem Absatz kehrt und trat hinaus an die frische Luft.
    ***
    Es lag in der Luft, wie ein Odem des Bösen. Er spürte es. Und es raubte ihm fast den Verstand.
    Tamoh Sierra Gilday hatte die ganze Nacht meditiert und auf ein Zeichen gewartet, während der Wind gegen die Plane seines Zeltes geschlagen hatte wie ein wütender Geist, der Einlass begehrte. Vielleicht, so dachte er nun bei Tageslicht, war es auch nicht nur der Wind gewesen.
    Der Gedanke allein ließ Furcht in ihm aufsteigen, doch er zwang sie nieder, wie so oft schon. Dies war nicht die Zeit für weibische Ängste, sondern für Taten. Und die Meditation sollte ihm helfen, eine Richtung zu finden, in die er seine Bemühungen zu lenken hatte. Warum aber fühlte er sich dann so orientierungslos wie zuvor?
    Zweimal war das Feuer ausgegangen, das er sich aus dem wenigen brauchbaren Holz, das er hatte finden können, entzündet hatte. Und beide Male hatte Tamoh die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen und sich geweigert, das Omen zu erkennen, das der Schöpfer ihm in dieser Form schickte. In der Nacht und der Dunkelheit neigte der Dene dazu, Tatsachen zu verklärt zu sehen. Und wenn er nicht daran arbeitete, würde dieser Fehler eines Tages noch sein Untergang sein.
    Das hat mir Vater schon vor Jahren prophezeit , dachte er mürrisch, strich sich über das kalte Gesicht und schlug den Kragen seiner dick gefütterten Jacke hoch. Und es hat noch keine Weissagung gegeben, die bei ihm nicht eingetroffen

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