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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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und es sich entfalten ließ.
    Ihm war, als habe man ihm ein Geschenk gemacht, das er nicht öffnen durfte. Zwar wusste er, dass es existierte und das Schönste überhaupt war, und dennoch fehlte ihm eine Anleitung. Dennoch wusste er nicht, wie er es bedienen sollte. Noch nicht.
    Jedes Opfer nährte seinen Geist, machte seinen Instinkt stärker, ausgeprägter. Und mit diesem kamen auch die… Triebe zurück. So nannte er sie. Reflexartige Handlungen, die er unbewusst vollzog; und hinterher wunderte er sich stets über sie und die beeindruckenden Ergebnisse, die sie ihm brachten. Die Erkenntnis, dass er mental auf Lebewesen in seiner Nähe Einfluss nehmen konnte, war Resultat einer solchen Reflexhandlung gewesen. Er hatte nie geplant oder erwartet, dieses Talent zu besitzen. Irgendwann war er einfach stark genug gewesen, es zu tun. Und sein Unterbewusstsein hatte die Kontrolle übernommen, als wäre das ganz selbstverständlich. Seitdem konnte er es. Sogar auf Kommando.
    Instinkt und Triebe. Sie waren das Erbe, das ihm von seiner vorherigen, verlorenen Existenz geblieben war. Sie erinnerten ihn an das Wesen von einst, das er nie kennengelernt hatte. Den Regenten. Wann immer sie sich meldeten, ließ er ihnen nur zu gern freien Lauf, und jedes Mal brachten sie ihn weiter, offenbarten sie ihm neue Fähigkeiten an ihm selbst.
    Es war Wochen her, dass er zuletzt richtig gespeist hatte. Mindestens. Dabei war seine Vorratskammer einst so überraschend voll gewesen. In Scharen waren sie zu ihm gekommen - gestandene Männer voller Idealismus und Energie, aber auch windige Gestalten, Lebenskünstler. Sie hatten sich niedergelassen und ihre Schaufeln, Spitzhacken und bloßen Hände in den gefrorenen Boden geschlagen - suchend nach etwas, das sie »Gold«, nannten und dem sie einen Wert zuschrieben, den er nicht hatte nachvollziehen können. Stein blieb Stein, wen kümmerten da schon Beschaffenheit und Färbung?
    Nein, der wahre Schatz waren sie selbst gewesen. Und noch immer versetzte es ihn in eine Vorstufe der Ekstase, wenn er nur daran dachte, wie er sie sich vorgeholt hatte. Einen nach dem anderen, um nur keine Aufmerksamkeit zu erregen. Köstlich, königlich.
    Natürlich war seine Existenz nicht auf ewig unbemerkt geblieben. Irgendwann hatten einige der Kreaturen - wenngleich sie sich nie hatten erklären können, was genau mit ihnen geschah - die Vermissten bemerkt, eins und eins zusammengezählt. Und dann hatten sie reagiert.
    Oh, wie sie reagierten.
    Er fuhr zwischen sie, mähte sie nieder, schlug in seiner neu gewonnenen Kraft nach allen Seiten gleichzeitig aus und metzelte in einer einzigen feurigen Nacht nieder, was Wochen gebraucht hatte, um sich bei ihm einzufinden. Niemand entkam seiner Euphorie, seiner Orgie der Macht - und wen er sich nicht gleich einverleibte, den sperrte er in die Kammern, die sie selbst errichtet hatten, um sich später an ihm gütlich zu tun.
    Der letzte Überlebende hatte sich schließlich selbst gerichtet, nur um nicht auch seiner unheimlichen Präsenz dienlich sein zu müssen. Und noch immer kochte der Regent innerlich, wenn er nur daran dachte. Hatte er zu lange mit diesem Exemplar Katz und Maus gespielt? Hatte er ihm zu oft die Illusion eines Auswegs in letzter Sekunde vermittelt und sie dann wieder weggenommen? Es machte Spaß, den Willen dieser Kreaturen derart qualvoll zu brechen - aber nur, solange das Ergebnis stimmte und er am Schluss seiner Bemühungen die Ernte einfahren konnte. Suizid war etwas Verachtenswertes, denn es raubte ihm seinen wohlverdienten Lohn. Er war noch immer zu schwach, um wertvolle Nahrung verschwenden zu dürfen. Davon gab es in dieser verlassenen Gegend zu wenig.
    Umso mehr freute es ihn, nun diesen wiedergefunden zu haben.
    In der Nacht, in der der Regent endgültig über sie gekommen war, hatte es eine der Kreaturen tatsächlich geschafft, sich seines Zugriffs zu entziehen. Eine war geflohen, hatte sich allein und unbemerkt in die eisige Wildnis aufgemacht. Als er ihr Fehlen bemerkte, war sie schon zu weit, als dass er sie noch hätte erspüren können. Ein kleines Versehen, das angesichts der immensen Mengen an Nahrung nicht weiter ins Gewicht fiel - aber dennoch eines, das besonders stark an ihm nagte. Denn diese feige Kreatur war der Oberste von ihnen gewesen. Der, dem sie alle hierher gefolgt waren. Gerade ihn nicht genießen zu dürfen, war einer Strafe gleich gekommen und hatte seine Wut nur noch weiter angestachelt.
    Aber die Kraft des Festmahls

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