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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Zehnjährigen. Sondern eine Sprache, die Jahrtausende überdauert hatte. Ein Bewusstsein, das unfreiwillig die Dimensionen durchreist und sich dennoch nicht völlig verloren hatte. Satanisch, gewaltig. Es war die Stimme Gottes. »Hast du mich vermisst?«
    Der Mann schrie auf, das Gesicht eine Fratze der Panik und des Unglaubens. Einen kurzen Moment lang hielt er inne, starrte in einer Mischung aus Faszination und nackter Angst in Bills Augen, in denen nunmehr das Feuer der Hölle glühte, und dann nahm er die Beine in die Hand. Bennett machte kehrt, rannte voraus und stolperte schon nach wenigen Metern über einen Stein, der trotzig aus der Schneedecke ragte. Hart kam der drahtige Mann auf dem weißen Boden auf, stützte sich mit den Händen ab und wollte sich gerade aufrichten, da war Bill über ihm. Mit einer Kraft, die seiner körperlichen Erscheinung Hohn sprach, pinnte der Junge, dessen Handlungen längst nicht mehr von seinem eigenen Bewusstsein gesteuert wurden, den Amerikaner in den Schnee. Er griff in seine kurzen grauen Haare, riss ihm den Kopf nach hinten.
    »NEEEIN!«, schrie der Mann. »Was… Wie… Das kann nicht sein!« Der Junge drückte sein Gesicht nach unten und ließ ihn einen Mundvoll Schnee fressen.
    Das Ding in Bills Kopf sandte ihm Bilder, die Bill lachen machten. Bilder von Tieren, die geschlachtet wurden. Sie quiekten genauso laut und schrill wie Bennett.
    Als der Mann ihn zu schlagen versuchte, zerrte das Bill-Ding fester und biss ihm so heftig in die Hand, bis sein Blut in den Schnee spritzte und er schreiend aufgab.
    Bill beugte sich zu seinem rechten Ohr hinab. »Du dachtest doch wohl nicht, ich hätte dich vergessen, oder?«, flüsterte er, und es klang beinahe liebevoll. Er sah, wie der Körper des Mannes vor Angst spastisch zu zucken begann. Der Anblick verlieh der Macht, die in ihn gefahren war, noch mehr Auftrieb. Mentale Schleusen, weit geöffnet und dankbar, wurden geflutet.
    Dann sprang Bill auf. In einer einzigen, rasend schnellen Bewegung drehte er den Mann auf den Rücken, zog das Messer aus der Scheide an dessen Gürtel und stach zu. Rote, warme Flüssigkeit. Innereien, dampfend in der Kälte des kanadischen Vormittages. Ein Fest.
    Die Denen nannten es »Denedeh« - das Land, durch das der Geist des Schöpfers floss. Doch für den Dämon, der sich Gott nannte und sich für seine Rache des Körpers eines kleinen Jungen vom Stamme der Tli-Cho-Indianer bemächtigt hatte, ging es in diesem einen Moment nicht um den Geist. Sondern allein darum, dass Blut floss.
    Menschenblut.
    Kapitel 5 - Gilday: Landgasthof
    Ice Road, Gegenwart
    »Frank? Hey, Frank! Wird das heute noch etwas?«
    Ein entnervtes Grunzen, irgendwo von hinter der klobigen Kamera. »Ja, doch. Läuft.«
    Na endlich. Sie räusperte sich. »Du wirst es nicht glauben, Regis, aber ich melde mich hier live aus dem so genannten Landgasthof - und nein, ich habe die entbehrungsreiche Fahrt über die Straße aus Eis nicht zugunsten eines Erholungswochenendes im Grünen unterbrochen. Stattdessen befinde ich mich in der wohl nördlichsten Gaststätte der Nordwestterritorien - an einem der letzten Orte, wo wir noch festen Erdboden unter den Achsen unserer Trucks haben. Doch wie du hinter mir sehen kannst, ist sogar der Begriff Gaststätte noch ein wenig… zu hoch gegriffen.«
    »Und raus.« Das rote Kontrolllämpchen erlosch, und Frank Manusco setzte die Kamera auf dem staubigen Bretterboden ab. Er wirkte nahezu ehrfürchtig, als er seinen Blick durch den vom schwachen Licht des frühen Vormittags erhellten Raum schweifen ließ.
    Jenny nickte. »Okay, dann schlage ich vor, du machst jetzt die Atmo-Shots, die wir dann später im Wohnwagen mit dem Rest des Berichtes zusammenschneiden. Ich bemühe mich derweil darum, ein paar der Fahrer zu kurzen O-Tönen und Interviews zu animieren.« Mit einem leisen Seufzer sah sie sich in der ungastlichen Hütte um. Na, das kann ja was werden.
    Die sechs Männer und DeFalco, die als einzige Frau zur Riege der Trucker gehörte, saßen an zwei Holztischen im hinteren Bereich der vielleicht dreißig Quadratmeter großen Bude, und vertilgten eine Platte Käsebrote. Zwischen ihnen befand sich ein gusseiserner Ofen, der aussah, als habe er bereits zwei Weltkriege überlebt. Wohlige Wärme ging von ihm aus und ließ die zwei kleinen Fenster, die einzigen Lichtquellen des Raumes, beschlagen. In einer Ecke stand ein Etagenbett, das anstelle von Matratzen über zwei flache Bretterböden verfügte.

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