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0924 - Lockruf der Psychode

Titel: 0924 - Lockruf der Psychode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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von Zwottertracht eine psionische Ausstrahlung haben, die sich nicht nur auf labilere Geister verhängnisvoll auswirken kann. Wir Vincraner haben diese paraplasmatischen Kunstwerke deshalb schon immer gemieden, und am Schicksal jener, die gegen das Tabu verstießen, hat es sich gezeigt, wie recht wir hatten. Alle, die sich zu intensiv mit den Psychoden beschäftigten, endeten irgendwann in geistiger Umnachtung. Auch die Gäaner haben schon vor hundert Jahren die potentielle Gefährlichkeit der Psychode erkannt. Sie versuchten deshalb, sie aus dem Verkehr zu ziehen und sie von den Menschen fernzuhalten. Ich muß mich wundern, daß dies alles in Vergessenheit geraten ist. Du solltest deinen Freund darauf hinweisen, Roctin."
    Aber Roctin-Par hatte keine Lust, sich dadurch lächerlich zu machen, indem er den vincranischen Aberglauben befürwortete. „Es kann niemand gezwungen werden, die Ausstellung zu besuchen", erklärte er. „Es ist das Recht der Vincraner, ihr fernzubleiben."
    „Leider zeichnet sich ab, daß sich etliche meiner Artgenossen über das uralte Tabu hinwegsetzen werden.
    Zwei von Hotrenor-Taaks Werbeträgern sind Vaku-Lotsen, und es ist ihnen gelungen, viele aus ihrer Kaste neugierig zu machen."
    „Dagegen kann ich nichts tun, Bothon", sagte der Lare. „Aber ich werde etwas dagegen unternehmen", wetterte der Vincraner plötzlich leidenschaftlich. „Ich werde zur Vernissage gehen und mit Wort und Tat die Leute zur Vernunft bringen."
    Zwei Tage später erfuhr Roctin-Par, daß Bothon-Canns Aufklärungsfeldzug kläglich mißglückt war.
    Sämtliche Medien berichteten in großer Aufmachung von dem durchschlagenden Erfolg der Ausstellung - und nebenbei auch von dem gescheiterten Versuch eines einzelnen Fanatikers, der das Kunstereignis zu boykottieren versuchte. Es wurde ein Ausschnitt von Bothon-Canns Brandrede vor dem Museum gebracht, die jedoch ungehört verhallte. Daraufhin verlagerte der Vincraner seine Aktivitäten in die Ausstellungsräume, ohne daß jemand versuchte, ihn daran zu hindern. Als er nach dem Verlassen des Museums interviewt wurde, war er wie ausgewechselt. Bothon-Cann sagte nur: „Das muß man gesehen haben."
    Als Roctin-Par den Vincraner tags darauf traf, konnte dieser nicht aufhören, über die Schönheit und Aussagekraft der Psychode zu schwärmen. „Man muß sie mit eigenen Augen sehen. Und wer einmal dort war, kommt immer wieder. Man kann sich einfach nicht satt sehen. Ich gehe heute bereits zum drittenmal in die Ausstellung."
    Diese Aussage bekam Roctin-Par von allen Seiten zu hören. Wer die Psychode einmal gesehen hatte, kam immer wieder in die Ausstellung. Und es kamen immer mehr Leute aus allen drei gäanischen Völkern, um sich von der Wirkung der Psychode zu überzeugen. Es gab keinen Besucher, der irgendeine negative Kritik vorzubringen hätte.
    Da wurde auch Roctin-Par neugierig, und er beschloß, der Ausstellung inkognito einen Besuch abzustatten.
     
    *
     
    Im Park vor dem Kuppelbau herrschte ein reges Kommen und Gehen, aber seltsamerweise kam es trotz des großen Andrangs zu keinem Gedränge. Jene, die nicht zum erstenmal da waren, reihten sich geduldig in die Schlange der Wartenden ein, und ihre Ruhe übertrug sich auf die Neulinge. Auch Roctin-Par ordnete sich diszipliniert in die Reihe der Besucher ein.
    Er beobachtete die Leute, und an ihren Gesichtern erkannte er, ob sie aus der Ausstellung kamen, oder ob sie nur im Park flanierten. Die Parkanlage um den Kuppelbau war längst schon zum Kommunikationszentrum von Sol-Town geworden. Roctin-Par fragte einen Laren, der gerade aus dem Museum kam, was er denn gesehen hätte, doch dieser antwortete ihm mit entrückter Stimme: „Das läßt sich nicht beschreiben. Geh selbst hin und schaue. Nicht nur mit den Augen sollst du es tun, öffne den Psychoden auch deinen Geist."
    Das kann ich nicht, sagte sich Roctin-Par. Ich bin kein Kunstkenner. Ich werde einen schnellen Rundgang machen und mich dann vermutlich fragen, was denn diese Leute alle haben, daß sie auf einmal so schwärmen.
    Roctin-Par erreichte das Portal. Es stand weit offen. Die Leute schritten hindurch. Die Zweierreihe teilte sich, Roctin-Par gelangte zum linken Eingang. Im Grunde genommen war das belanglos, aber er registrierte es bewußt, denn er hatte seine Sinne geschärft und stand ganz in Erwartung des Kommenden. Er wollte sich später nicht sagen lassen, daß er keine Bereitschaft gezeigt hätte, die Botschaft der Psychode zu empfangen.
    Die Reihe

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