0926 - Preis der Macht
aber wohl umso kostspieligere Einrichtung des Raumes betrachtete. Immer wieder schüttelte sie ob der Hässlichkeiten den Kopf, die man hier überall sehen konnte. Sie war eine schöne Frau, das gestand Starless ihr zu. Andererseits war er zurzeit an so etwas wie einer Beziehung wahrlich nicht interessiert. Er wollte nichts weiter als ein möglichst großes Stück von dem Kuchen abzweigen, den Morano anzuschneiden im Begriff war.
Starless war ein Söldner, so wie Sinje-Li, doch er hatte langsam genug von dieser Art der Existenz. Es musste auch noch etwas anderes geben. Zumindest hatte Starless noch diese Hoffnung. Seine Vergangenheit war dunkel - dunkler als die der meisten seiner Rasse. Warum sollte das auch für seine Zukunft gelten? Er war schlau genug, sich für Morano wichtig zu machen, zu wichtig, um einfach abgeschoben zu werden. Er durfte nur keine Fehler machen.
Sinje-Li war ihm gegenüber sehr einsilbig, doch hier, in dieser reichlich unwirklichen Situation, änderte sich das. »Sie vermenschlichen.«
Starless zog die rechte Augenbraue verwundert in die Höhe; seine rechte Braue fehlte gänzlich, an ihrer Stelle prangte eine Narbe, die sich bis zur Schläfe zog. Eine Hinterlassenschaft aus ferner Vergangenheit, an die Starless nicht gerne dachte. Es war eine Zeit gewesen, in der man ihn Bibleblack genannt hatte. Eine andere Geschichte - eine ganz andere Geschichte…
»Wie meinst du das?«
»So wie ich es gesagt habe. Schau dich doch um. Sie leben unter Menschen - das hat unser Volk schon immer getan, aber es gab Zeiten, da waren wir ganz und gar eigenständig. Und heute? Wir eifern den miesesten Unarten dieser Menschen nach. Viele Clans sind wie diese unsägliche Mafia, nichts weiter als organisierte Kriminelle. Sie haben jede Ehre verloren, Starless. Ich finde das unerträglich. Schlimmer noch als die, die uns jagen.«
Starless konnte ihr nicht wirklich widersprechen.
Doch diese Jäger durfte man natürlich nicht aus den Augen lassen. Er hatte den Eindruck, dass Morano im Taumel seiner neuen Macht genau diesen Aspekt vernachlässigen konnte. Er wusste, dass Sinje-Li in dieser Richtung für Tan Morano tätig gewesen war. Er kannte nicht die genauen Zusammenhänge, doch Sinje-Li hatte alte Rechnungen speziell mit diesem Zamorra und seinem Team offen.
»Die sind berechenbarer als diese Gangster hier.« Sinje-Lis Mundwinkel fielen verächtlich nach unten. »Zamorra und die Seinen kümmern sich zurzeit wohl lieber um Geistesgestörte als um Vampire.«
Irgendwo in Starless' Kopf klang eine Alarmglocke auf. Es war natürlich nicht möglich, doch…
Der Vampir stellte sich direkt vor Sinje-Li. »Wie meinst du das? Von wem sprichst du?«
Die Raubvampirin machte einen Schritt nach hinten, denn körperliche Nähe verabscheute sie. »Das hat man mir zugetragen. Ich habe Informanten, schließlich kann ich nicht überall gleichzeitig sein. Zamorra und dieser verfluchte van Zant verbringen ihre Zeit mit einem Kretin, einem ausgewachsenen Mann, der offenbar seinen Verstand verloren hat.«
»Wie sieht der aus?« Sinje-Li erkannte in Starless' Augen, dass es besser war, ihm jetzt rasch zu antworten.
»Keine Ahnung - ich habe ihn nie gesehen, aber er soll groß und kräftig gebaut sein… hat lange blonde Haare. Mehr weiß ich auch nicht. Und nun ist Schluss mit der Fragestunde. Dieser Linza muss jeden Moment erscheinen. Konzentrieren wir uns besser auf ihn.«
Sinje-Li reagierte nicht schnell genug, als Starless hart nach ihrem Oberarm griff. »Welche Informationen hast du noch bekommen? Sprich schnell.«
Sinje-Li verzog vor Schmerz das Gesicht und wand sich mit einer raschen Bewegung aus Starless' Griff. »Fass mich nie wieder an, sonst töte ich dich.« Dann sah sie das echte Erschrecken und die Panik in seinem Gesicht. Irgendetwas war geschehen.
»Mehr hat meine Informantin nicht gesagt. Wahrscheinlich hat sie die Sache überhaupt nicht als ernst bewertet. Was ist los? Was regt dich daran denn so auf?«
Starless schwieg. Offenbar hatte Morano Sinje-Li in keiner Weise darüber informiert, wer der eigentliche Besitzer des Machtkristalls gewesen war.
Gewesen… das klang plötzlich merkwürdig in Starless' Ohren. Und was, wenn dieser Ewigk gar nicht umgekommen war? Das schien absolut unmöglich, doch Starless hatte ihn nicht sterben sehen. Bevor es so weit gewesen war, hatte er sich bereits in Sicherheit gebracht. Was also, wenn Ewigk noch lebte?
Das war doch nicht möglich. Oder doch? Es gab nur einen
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