Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0926 - Preis der Macht

0926 - Preis der Macht

Titel: 0926 - Preis der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
wildes Tanzfest feierten. Dazu erklang eine sich ständig monoton wiederholende Melodie, die in den Ohren eher schmerzte, als dass sie zum Tanzen animieren könnte.
    Dass Ted vor einem banalen Flipper stand, das konnte er nicht wissen, denn für ihn sah das alles wie eine Wunderwelt aus. Doch es war nicht der blinkende See, der ihn so faszinierte, es war das Objekt, das über ihm schwebte. Der Motto-Flipper nannte sich Crystal Lake … und so handelte es sich bei diesem Objekt um einen Kristall, der in einem hellen Blau erstrahlte. Um ihn herum wurde eine Art Korona illuminiert, die alles nur noch geheimnisvoller erscheinen ließ.
    Sein Stein - er hatte ihn gefunden.
    Es interessierte Ted nicht, dass gerade ein junger Bursche sein Glück an eben diesem Flipper versuchte. Ewigk trat von der Seite her an das Gerät und legte beide Hände auf die Glasscheibe. Doch er konnte den Stein nicht fassen. Enttäuscht versuchte er es immer und immer wieder.
    »He - bist du durchgeknallt? Alter, verschwinde da, verstanden? Ich spiele hier!« Ted hörte die Worte, doch sie drangen nicht in sein Bewusstsein vor. »Ich glaub, ich spinne. Freak, du sollst verschwinden? Bist du taub oder nur blöde?« Der Bursche verlor die Geduld, von der er nicht sehr viel besaß. Ohne zu überlegen, packte er Ted Ewigk bei der Schulter und riss den blonden Hünen herum. Ewigk war viel zu erschrocken, um logisch zu handeln - also tat er das, was ein knapp Sechsjähriger machte, wenn ihn ein anderer herumschubste. Ted schlug zu. Er hatte ja keine Ahnung, welche Kraft und Kampferfahrung sein Körper in sich gespeichert hatte.
    Der junge Mann bereute seine Unbeherrschtheit bitter, denn die Faust des Irren flog auf ihn zu. Und sie traf exakt auf den Punkt. Er taumelte völlig benommen nach hinten, knallte gegen den Rücken einer Frau, die an einem der Groschengräber versuchte, ihre Monatsmiete zu erspielen. Sie schrie hysterisch auf, als sie der Körper des jungen Burschen gegen den Automaten drückte.
    Serhat, der die ganze Szene beobachtet hatte, fasste Teds Hand und zog mit aller Kraft daran. »Komm, wir müssen hier verschwinden. Nun komm doch schon…« Doch Ted Ewigk starrte bereits wieder auf den gemalten Kristall; dass er soeben jemanden ausgeknockt hatte, war überhaupt nicht bei ihm angekommen.
    Serhat riss die Augen weit auf. Durch die Masse der Spieler drängten sich zwei menschliche Gorillas auf Ted und ihn zu. Die beiden Rausschmeißer hatten keine leichte Aufgabe in dieser Mega-Spielhalle. Irgendwer fühlte sich immer übervorteilt, irgendwer witterte immer Betrug, wenn er ganz einfach keinen lausigen Dollar gewinnen konnte - und irgendwer startete dann eine hübsche Prügelei. Verlieren tat weh und baute Frust auf. Die beiden Schläger mussten dann für Ordnung sorgen, ehe die anderen Player sich belästigt fühlten.
    Es gab also nichts, was die beiden nicht schon erlebt hatten. Ein kleines Kind und ein Riese, die gemeinsam einen der unzähligen Flipper anstarrten, das war allerdings auch für sie neu. Und der größere der beiden, der gerade mächtigen Ärger angezettelt hatte, lächelte, als hätte er sich unsterblich in den Pinball-Automaten verliebt. Die Schläger sahen einander nur kurz an. Dann zuckten sie die Schultern. Es half nichts - wenn der Kerl auch gaga zu sein schien, so musste er dennoch den Laden verlassen. Notfalls auch unter Einsatz von Gewalt.
    Und darin waren die beiden schließlich wahre Experten.
    ***
    Starless liebte die Anonymität großer Städte.
    Im Zentrum von El Paso konnte er diese voll ausnutzen. Niemand beachtete ihn, kein Mensch starrte ihn an, keine fragenden Blicke trafen ihn. Wo habe ich den schon einmal gesehen? Kenne ich den? Ist das nicht der…
    Zu oft und zu lange hatte er das genaue Gegenteil erleben müssen. Die ländliche Welt Europas während der Jahrhunderte des Mittelalters - wo jeder jeden kannte, jeder alles vom anderen wusste, weil Klatsch und Tratsch die einzige Beschäftigung der Menschen gewesen war, hatte er gehasst. Damals hatte es die Medienwelt von heute nicht gegeben, doch wie oft hatte Starless, den man damals Bibleblack genannt hatte, eine Ansiedlung fluchtartig verlassen müssen, weil man ihn dort sofort erkannt und gejagt hatte. Heute hätte er mit einem T-Shirt durch die Straßen laufen können, auf dem »Ich bin ein Vampir!« stand. Niemand hätte sich darum gekümmert, allerhöchstens hätte er ein breites Grinsen geerntet.
    Ein Nachteil der Großstadt war für einen

Weitere Kostenlose Bücher