0926 - Preis der Macht
hätten. Seit diesem Zeitpunkt war Zamorra klar gewesen, dass er sich irgendwann einmal dieser Angst würde stellen müssen.
Doch zunächst ging es für ihn um ganz andere Probleme. Eines davon hieß Ted Ewigk und befand sich zurzeit in der Obhut von no tears , der Einrichtung, die sich um Kinder kümmerte, die vom Schicksal auf ein Gleis geschoben worden waren, von dem es für sie ohne Hilfe keinen Weg zurück gab. Artimus van Zant und seine Leute hatten Ewigk bei sich aufgenommen. Vorläufig, denn das konnte nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Zamorra wollte nicht akzeptieren, dass es keinen Weg aus dem Dilemma gab, in dem Ted sich befand.
Es hatte doch immer einen gegeben…
Und für ihn? Für ihn und Nicole? Würde sich da auch ein Weg finden lassen, der sie dorthin zurückbrachte, wo sie einmal gewesen waren?
Etwas huschte rechts von Zamorra zwischen den Räumen hin und her. Zamorra war so sehr in seinen Gedanken verwickelt gewesen, dass er unaufmerksam geworden war. Ein Fehler, der ihm niemals hätte unterlaufen dürfen.
Instinktiv griff der Professor an seine Brust, dorthin, wo seit Jahrzehnten Merlins Stern an einer Kette gehangen hatte. Doch das Amulett war nun nicht mehr dort. Nach Merlins Tod hatten die Ausfallerscheinungen der Silberscheibe enorme Ausmaße angenommen. Zamorra hatte nur die eine Möglichkeit gesehen. Er hatte das Amulett an Asmodis übergeben, damit der die Scheibe wieder in ihren normalen Zustand versetzen sollte. Das allerdings dauerte Zamorra nun schon viel zu lange, denn ohne Merlins Stern fühlte er sich nackt und ab und an auch mehr als hilflos.
In Momenten wie diesem etwa, denn das Amulett hätte ihn vielleicht rechtzeitig vor einer Gefahr gewarnt. Zamorra griff nach seinem Dhyarra, den er in der linken Hosentasche trug. Mit der rechten Hand löste er den Blaster von der Magnetplatte an seinem Gürtel. Geduckt erwartete er den Angriff - von wem auch immer.
Der kam jedoch nicht.
Ganz plötzlich senkte sich eine beinahe unheimliche Stille über die Ruine des Palazzos. Zamorra versuchte all seine Sinne zu schärfen, denn er rechnete nach wie vor mit einer Attacke. Eine Stimme wie ein dumpfes Raunen drang an sein Ohr.
»Bleib, wo du bist. Komm mir nicht näher, denn sonst bin ich sofort verschwunden. Das ist mein Ernst.«
Es war nicht festzustellen, ob die Stimme von einem Mann oder einer Frau kam. Zamorra glaubte den Worten, auch wenn er keine Ahnung hatte, warum das so war. Bestand also keine akute Lebensgefahr für ihn? Er blieb vorsichtig.
»Wer bist du - was willst du hier?«
Zamorra versuchte die Stimme genauer zu orten, denn bisher hatte er das Gefühl gehabt, sie käme von überall und nirgendwo her. Doch auch jetzt, als sie erneut erklang, änderte sich an diesem Eindruck nichts.
»Du musst nicht wissen, wer ich bin. Was ich hier will? Ich bin gekommen, weil ich deine Anwesenheit gespürt habe. Ich habe eine Information für dich, Professor Zamorra. Ja, ich weiß genau, wer du bist, aber das stelle ich erst einmal hinten an.« Die Stimme schwieg für Sekunden. Zamorra konnte nicht sagen, worin seine Annahme begründet war, doch irgendwie konnte er riechen , mit welcher Art von Kreatur er es hier zu tun hatte. Er war sicher, der oder die geheimnisvolle Person war ein Vampir. Zamorra wagte den Schuss ins Blaue hinein.
»Sprich dich nur aus, Vampir. Was ist? Hat es dir nun die Sprache verschlagen?«
Ein Kichern klang auf. »Du bist gut, Zamorra, wirklich richtig gut, aber nun hör mir zu. Ich muss dir nicht erzählen, wie stark die Machtverhältnisse in der Hölle sich verändert haben, doch von einer Sache weißt du noch nichts, denn sie wird sich erst noch ereignen. Doch vielleicht kannst du sie ja noch verhindern.«
»Warum sollte ich das tun?« Zamorra begriff die Denkweise des unsichtbaren Sprechers nicht.
»Frage nicht - höre einfach zu. Es ist ein paar Jahre her, da hat sich - nicht sehr weit von diesem Ort entfernt - ein böses altes Wesen über seine Rasse erhoben. Erinnerst du dich daran?«
Zamorra musste nicht sehr lange überlegen, denn es war der Vampirdämon Sarkana gewesen, der tief im Bauch von Rom seinen Blutruf an alle Kinder der Nacht ausgesandt hatte. Er hatte sich damit zum Herrscher über alle Vampire gekrönt, zum König der Blutsauger. Ja, Zamorra erinnerte sich gut daran, denn er selbst hatte sich kurz darauf mit Sarkana dort unten in den Katakomben einen heftigen Kampf geliefert. An seiner Seite waren Artimus van Zant und Khira
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