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0927 - Nacht über GALAHAD

0927 - Nacht über GALAHAD

Titel: 0927 - Nacht über GALAHAD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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sein, Monsieur Baudoin«, antwortete er. »Gemeinsam können - und werden wir, Ihre Kooperation vorausgesetzt - die Geschicke der gesamten Menschheit nachhaltig beeinflussen.«
    Baudoin hob den Kopf, sah Julian ausdruckslos an. Dann begann er, schallend zu lachen. »Gibt's Pathos für Sie und Ihresgleichen eigentlich immer im Angebot? Warum können Wahnsinnige nie einfach so eine Antwort geben?« Er lehnte sich zurück und äffte Julians Körperhaltung nach. » ›Warum ich all diese Verbrechen begangen habe? Na, weil ich völlig plemplem bin, natürlich. Warum denn sonst?‹ Nein, es muss immer gleich zum Wohl der Menschheit geschehen. All ihr Spinner seht euch selbst stets als missverstandene Wohltäter, oder? Steht das so in eurer Idioten-Clubsatzung?«
    Ababi kicherte. Heinz H. Böffgen, ein zweifach Nobelpreis-gekrönter deutscher Mathematiker, nickte nachdrücklich, und die berühmte Biologin Annegret Landgren, die Letzte im Bunde der von Julian ausgewählten Spezialisten, ließ den Blick ihrer großen braunen Augen nicht für eine Sekunde von Julian. Sie wirkte berechnend, so als analysiere sie das Geschehen mit messerscharfem Verstand. Er mochte den Gedanken nicht. Er befürchtete, sie bekomme ein falsches Bild von ihm, wenn er sie ungehindert ihren Überlegungen nachgehen ließ.
    Andererseits: Haben sie das nicht alle schon längst? Dabei sollte man doch meinen, eine Gruppe hochintelligenter Wissenschaftler sei leichter von ihrem Glück zu überzeugen…
    »Monsieur Baudoin«, begann er langsam, »ich kann mich nur wiederholen: Bitte gewähren Sie mir einige Augenblicke, um Sie von meinem Vorhaben zu überzeugen. Oder Sie zumindest darüber zu informieren. Ich gebe offen zu, dass die Umstände unseres Zusammenkommens mehr als unglücklich sind. Doch Sie und Ihre hier versammelten Kolleginnen und Kollegen reagierten so abweisend auf meine Anfragen, dass ich keine andere Wahl sah, als zu tun, was ich daraufhin veranlasste. Bitte glauben Sie mir, dass Ihr Leben nicht eine Sekunde lang in Gefahr war und ich nie anderes beabsichtigte, als Sie zu sprechen und vielleicht von meinem Anliegen überzeugen zu können. Mir…« Er seufzte gequält. »Mir lief einfach die Zeit davon, Monsieur. Ich konnte nicht anders, als Sie zu ihrem Glück zu zwingen. Nur so hatte ich noch die Chance, Sie alle früh genug her nach GALAHAD zu bekommen. Und glauben Sie mir, es wird Ihr Schaden nicht sein. Wenn Sie mich anhören, werden Sie das bald genauso sehen. Sie alle.«
    »Hat das Blofeld nicht auch immer gesagt?«, murmelte Baudoin und vergrub das Gesicht abermals in seinen Händen. »Tun Sie mir einfach einen Gefallen, ja? Wecken Sie mich, wenn's vorbei ist.«
    Böffgen räusperte sich. »Lassen Sie hören, Morrow. Was ist es denn, das Sie uns so dringend mitteilen wollen? Haben Sie… ich wage gar nicht, es laut auszusprechen… hier draußen etwa Öl gefunden?«
    Wieder kicherte der Naturfilmer, und diesmal stimmte Landgren ein.
    Julian, der sich zunehmend wie ein Kindergärtner vorkam, hob die rechte Hand zum Kopf und massierte sich die Stirn. »Nein, Herr Böffgen, kein Öl. Diese Bohrinsel interessiert mich kaum. Sie existiert nur noch zum Selbstzweck, als Alibi. Seit ich sie gekauft habe, dient sie primär meinen Absichten.«
    »Und wieso kauft jemand eine Bohrinsel, wenn er es nicht auf Öl abgesehen hat?«, fragte Marshall. »Das ergibt doch alles keinen Sinn.«
    »Er kauft sie nicht wegen ihres Nutzens«, antwortete Julian, »sondern aufgrund ihrer Lage.«
    »Verstehe. Sie mögen die kühle Nordseeluft, das raue schottische Klima… und was jetzt? Planen Sie, GALAHAD zur Wellness-Oase für exzentrische Wissenschaftler umzufunktionieren und wollen uns als Testimonials gewinnen?« Ababis Stimme troff nahezu vor unverhohlenem Spott.
    »Sie hören nicht zu, Mister Ababi.« Julian sah ihn an, enttäuscht und auf eigenartige Weise auch verletzt. »Ich brauche GALAHAD, wegen dem, der kommen wird. Hier auf dieser Insel aus Stahl entscheidet sich, wofür ich die letzten dreißig Jahre gelebt, geforscht und gebetet habe. Und Sie alle können daran teilhaben, wenn ich die Welt verändere.«
    Stille. Zehn Augenpaare, die ihn unverwandt ansahen, gleichsam erschrocken und verwirrt wirkend. Dann schüttelte Baudoin den Kopf. »Wie ich gesagt habe«, murmelte der Franzose, »alle plemplem. Unter der Weltherrschaft macht ihr Spinner es einfach nicht.«
    Im nächsten Augenblick erschien der Fremde - wie aus dem Nichts.
    ***
    Von einem

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