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0927 - Nacht über GALAHAD

0927 - Nacht über GALAHAD

Titel: 0927 - Nacht über GALAHAD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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seine Aktion nur noch weiter zur Seite geschoben hatte ! Nahezu zwei Handbreit stand er vom Boden des Sargs ab, und aus dem Dunkel im Inneren des Objekts drang mit einem Mal ein grünliches Leuchten nach oben, intensiver als alles, was der alte Arbeiter in seinem ganzen Leben gesehen hatte.
    Es spiegelte sich an den Wänden, übertraf das Licht der Deckenlampen und füllte nahezu augenblicklich den gesamten Raum. Bernard standen die Haare zu Berge. Ein Schauer lief über seinen Rücken. Was geschah hier?
    Plötzlich bildete sich eine Form in dem Leuchten. Dicklicher Dunst verfestigte sich zu… einer kleinen Hand, einem dünnen Arm… Das Gebilde umgriff den Sargdeckel, schob ihn weiter auf… und mit einem Mal sah sich Bernard Cribbins einem Kind gegenüber.
    Es bestand aus Nebel und hatte doch Substanz. Grünes Licht, zu Fleisch geworden, nackt. Und es waberte. Wie eine Person auf einem verwackelten Foto war die kleine Gestalt, die gerade im Begriff stand, aus dem Sarg zu steigen, zwar da, aber immer ein wenig aus dem Fokus gerückt, immer verschwommen und unscharf. Ähnlich einem Negativ, das nicht zu Ende entwickelt wurde. Sie zitterte, bebte, als versuche sie mit ihren Bewegungen ganz in dieser Welt Fuß zu fassen. Und dann gnade Gott denjenigen, die darin lebten.
    Atemlos beobachtete der alte Mann das Schauspiel. Unfähig zu einer Regung, einem Wort.
    »Wasnlos?« Rechts von ihm kam Artie wieder zu sich, schüttelte benommen den Kopf, richtete sich auf - und erstarrte. »Heilige Madonna…«
    Das unscharfe Kind setzte sich auf, starrte die Männer an. Feindselig.
    donna
    Obwohl das Wort in seinem Kopf erklungen war, hatte Bernard den Eindruck, als dröhnten ihm danach die Ohren. »W… was ist das?«
    Artie schwieg, das Gesicht schreckverzerrt. Zweifellos hatte auch er das Kind gehört.
    ist das
    Die grünen Augen verloren ihre Farbe, verdunkelten, wurden zu schwarzen Opalen. Panisch blickte Bernard sich um, suchte nach einem Ausweg, einer Erklärung für das Unerklärliche dort vor ihm - und dann sah er Artie!
    Der Bordmediziner der GALAHAD… verwandelte sich. Arties Körper begann zu zittern, sein Mund stand offen und sein Gesicht… Es sah aus, als befinde sich etwas Lebendiges unter Arties Kopfhaut, das heraus wollte, sich einen Weg durch die menschliche Hülle des Mannes bahnend. Beulen und Blasen bildeten sich, wo sie dem Druck von innen nachgab. Und die Haut wurde sekündlich blasser.
    »Artie? Art! Hey, was ist mit dir?« Schrille Stimme. Ängstlich.
    Rabbite drehte sich um. In seinen Augen war nichts Menschliches mehr. Seine Augen waren schwarz. Er verwandelte sich weiter, wuchs und wurde breiter, teigiger. Und seine Haut… wurde mit jedem neuen Beben, das durch seinen absurden Körper fuhr, durchsichtiger.
    Dann griff er an.
    ***
    Das war das Ende. Er wusste es so sicher, wie man sich nur sein konnte.
    Und das Tragischste daran war, dass er es nicht verstand.
    Bernard presste seinen Rücken gegen die Tür, winkelte die Beine an, drückte sie an den Körper. Wie wild setzte er sich gegen das Monstrum zur Wehr, das aus Artie Rabbite geworden war, und das irreale, unscharfe Kind im Sarg sah ihm mit ausdruckslosem Gesicht dabei zu. Der Mund des Artie-Ungetüms war nunmehr nur noch ein dunkles, gieriges Loch in einem Leib aus breiiger, seltsam unfertiger Masse, die mit jedem neuen Schritt tropfte und gluckerte.
    »Macht die scheiß Tür auf!«, schrie Cribbins zum wiederholten Mal, doch es ging nicht, er hatte es versucht. Der Metallring bewegte sich keinen Millimeter mehr, war wie festgerostet.
    Artie war nah. War über ihm. Breite, unförmige Hände streckten sich nach ihm aus, packten ihn am Kragen. Aus dem Rachen der Kreatur erklang ein Röcheln, das - so absurd der Gedanke auch war - Bernard wie ein Ausdruck unmenschlichster, unendlicher Gier vorkam.
    Und dann ... ... kippte die Welt nach hinten weg!
    Plötzlich schwang die Tür hinter ihm auf, und er purzelte rücklings aus der Kammer. Ein Notmechanismus?
    »Nigel!« Eine donnernde Stimme hallte plötzlich von irgendwo in seiner Nähe her, fordernd und in autoritärem Befehlston. »Nigel, nicht!«
    Dann war da ein blaues Leuchten, gleißend hell und von einer warmen Aura erfüllt, die Bernard bis ins Mark fuhr. Irgendwo zischte es laut, dann stieg weißer, beißender Dampf auf, der seine Kehle verstopfte und seine Nasenhärchen zum Schwelen brachte. Bernard lag einfach da, die Beine angewinkelt, die Arme um den Kopf geschlungen, und wartete auf den

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