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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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an den Streifen wie dickliche Rosinen.
    Der Mann lächelte. Dann stand er plötzlich auf. Seine Hand zuckte vor. Einen Moment später hatte er den Fliegenfänger von der Decke abgerissen, starrte auf die toten Insekten, leckte über sie und das Klebezeug hinweg, bevor er fluchtartig mit seiner Beute den kleinen Laden verließ.
    Jovanka sagte nichts. Auch Karel hielt sich bedeckt. Er lächelte nur, dann bediente er weiter.
    Die alte Frau verließ das Geschäft. Sie trat hinaus auf die Straße, die so leblos wirkte, abgesehen von einem Geräusch, denn ein Auto fuhr vorbei.
    Sie schaute nach links, mit den Sonnenstrahlen. Der Wagen war gut zu erkennen.
    Jovanka war irritiert. Den Wagen kannte sie nicht. Es war ein Modell aus dem Westen, und irgendwie paßte er nicht in diesen alten und vergessen Ort hinein, der nur sehr selten von Touristen besucht wurde. Und die wenigen Fremden störten sie bereits.
    Hatte sich vielleicht jemand verfahren? Die Frau wartete ab. Sie war dabei in den Schatten eines Hauses getreten, um nicht sofort entdeckt zu werden.
    Das Auto fuhr nicht weiter. In der Stille hörte sie das Knirschen der Reifen auf dem nicht eben glatten Belag der Straße. Dort lagen kleine Steine wie eine dünne Decke.
    Dann öffneten sich die beiden Vordertüren.
    Zwei Fremde stiegen aus.
    Und Jovanka glaubte plötzlich daran, daß sich von nun an einiges ändern würde…
    ***
    Die Klimaanlage hatte für etwas Abkühlung gesorgt. Der Weg zum Ort war nicht weit gewesen. Je mehr wir uns dem Ziel genähert hatten, um so schweigsamer waren wir geworden, weil wir beide wohl das Gefühl hatten, genau richtig zu sein.
    Es war nicht zu erklären, es war einfach da, und Harry Stahl dokumentierte es mit einem Nicken. Er saß so gespannt hinter dem Steuer, als hätte er eine stressige Autofahrt vor sich. Seine Blicke waren überall, und als er mich anschaute, da tat ich ihm den Gefallen und nickte, denn auch ich wußte Bescheid.
    »Ist es das, John?«
    »Ich denke schon.«
    »Okay, dann werde ich mal anhalten.«
    Schon bei unserer Einfahrt in das Dorf hatte ich mich umschauen können. Nun kannte ich keine Dörfer in Tschechien, nur Prag, die Hauptstadt, und ein paar andere Städte. Ob diese bedrückende Stille normal war, wußte ich nicht. Es konnte an der Hitze liegen, doch ich wollte daran einfach nicht glauben.
    Wir stiegen aus.
    Die Luft war warm. Alte Häuser, die sich irgendwie duckten, die nicht mehr voll in Ordnung waren, da Wind, Wetter und die vergangenen Zeiten an ihren Fassaden und Dächern genagt hatten, und es kam mir auch so vor, als wäre der sogenannte Fortschritt an diesem Ort in einiger Entfernung vorbeigelaufen. Aber solch rückständige Dörfer gab es auch bei uns auf der Insel.
    Harry Stahl schlug die Tür zu. Über den Wagen hinweg schaute er mich an. »Hast du einen Vorschlag, John?«
    »Nein, das ist dein Gebiet.«
    Er lachte.
    »Ich würde gern was trinken.«
    »Gute Idee, fragt sich nur, ob wir hier eine Kneipe finden.«
    »Wir können ja fragen.«
    »Und wen?«
    Ich verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. »Mir ist die ganze Zeit über schon die Frau aufgefallen, die sich in den Schatten einer Hauswand gedrückt hat, um uns zu beobachten. Sie will wohl, daß wir sie nicht sehen, aber da hat sie Pech gehabt.«
    »Einverstanden.« Harry steckte die Autoschlüssel weg und setzte sich in Bewegung. Auf der Andeutung eines Gehsteigs trafen wir wieder zusammen. Der Boden war nicht gepflastert worden, geschweige denn asphaltiert. Er war staubig. Bei Regen verwandelte er sich sicherlich in eine Schlammbahn.
    Die Frau rührte sich nicht. Obwohl sie der Schatten abdeckte, hatte ich längst erkannt, daß sie ein hohes Alter haben mußte und sicherlich auf der Schwelle zur Greisin stand.
    Sie tat so, als gingen wir sie nichts an. Als wir auf gleicher Höhe mit ihr waren, schaute sie zur Seite und wollte uns passieren lassen.
    »Die spricht sicherlich deutsch«, sagte Harry leise zu mir und blieb stehen.
    Erschrak die Frau, erschrak sie nicht? Hatte sie uns gehört? Es war schwer zu sagen. Sie traf auch keine Anstalten, wegzugehen. Sie nahm uns einfach nur nicht zur Kenntnis. Ihr Blick glitt nach wie vor an uns vorbei und verlor sich in irgendwelchen Fernen, und wir hörten auch das Summen der Fliegen.
    Seltsam, daß es mir gerade jetzt auffiel. Beim Aussteigen hatte ich es nicht festgestellt, nun aber war die Ruhe nicht mehr so vorhanden. Alles wirkte für mich wie unter einer Glaskuppel versteckt, mich

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