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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eingeschlossen.
    Ich sah die Brummer auch.
    Sie flogen umher, aber sie zeigten keinerlei Aggressionen. Normale Fliegen eben…
    Harry hatte die Frau auf deutsch angesprochen und freundlich begrüßt. Ich hielt mich abseits und wollte mich nicht an dem Gespräch beteiligen. Wenn zwei Personen auf sie eingeredet hätten, wäre sie möglicherweise scheu geworden.
    Sie grüßte zurück.
    »Dann sprechen Sie deutsch?«
    »Ja, aber nicht gut.«
    »Das macht nichts.« Harry lächelte. »Vielleicht können Sie uns helfen.«
    »Warum ich?«
    »Sie werden doch viele Menschen hier in Petlery kennen, nehme ich mal an.«
    »Alle.«
    »Das ist gut.«
    »Warum?« Die alte Frau strich über ihr Gesicht. Ich erkannte auf dem linken Handrücken eine frische Narbe. Als wäre die Haut dort erst vor kurzem aufgeplatzt.
    »Wir suchen nämlich einen Mann.«
    »Weiß nicht…« Die Antwort konnte uns nicht gefallen. Sie baute eine Barriere auf, aber der Deutsche gab nicht auf. Er stellte mich und sich vor, und so sah sich die Frau praktisch gezwungen, auch ihren Namen zu sagen.
    »Ich heiße Jovanka.«
    »Gut, und Sie wohnen schon immer hier?«
    »Ich bin hier geboren.«
    »Das ist noch besser. Es ist auch nicht sicher, ob der Mann, den wir suchen, hier aus Petlery stammt. Jedenfalls heißt er Edgar Bronzek. Kennen Sie ihn?«
    Jovanka überlegte einen Augenblick. »Nein«, sagte sie dann. »Den Mann kenne ich nicht.«
    »Er stammt also nicht aus dem Ort hier?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Harry überlegte, wie er das Gespräch weiterführen sollte. Es war still geworden zwischen uns. Und in diese Stille hinein drang das Schwirren der Fliegen. So heftig und laut, als wollten sie uns eine Melodie vorsummen.
    Ich hatte den Eindruck, als hätten sie sich mittlerweile verdoppelt, und sie umkreisten auch mehr die Frau als uns. Sie beobachtete die Fliegen genau, als wüßte sie sehr gut, was mit ihnen los war. Ich dachte an den Angriff im Wald, an den Mann namens Bronzek und glaubte nicht so recht daran, daß er der alten Jovanka unbekannt war.
    »Ich bin die Angst!«
    Der Satz war mir beinahe wie aus Versehen über die Lippen gerutscht, aber die Frau reagierte so, als hätte sie einen heftigen Stoß bekommen. Sie schaute mich an. Plötzlich brach ihr der Schweiß aus, und sie zitterte wie Espenlaub.
    »Ich bin die Angst!« wiederholte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Kennen Sie das?«
    Jovanka hob einen Arm und streckte mir ihre Hand abwehrend entgegen.
    »Ich will nichts hören, ich will es nicht.«
    »Aber Sie kennen es.«
    »Weiß nicht.«
    »Bitte, Jovanka, Sie müssen reden!«
    Die Frau schüttelte den Kopf. Ich hatte den Eindruck, als wäre das Summen der Fliegen noch aggressiver geworden. Nahezu wütend umtanzten sie uns, zogen ihre Kreise um unsere Köpfe. Sie waren böse, und sie stießen immer wieder gegen unsere Gesichter, wo sie allerdings nicht landeten, sondern sich sofort wieder verzogen und in der stickigen Luft entschwanden.
    Jovanka wich zurück. Sie schüttelte dabei ihre Hände. »Sprechen Sie nicht mehr mit mir. Fahrt weg, ihr Deutschen! Haut einfach ab! Laßt uns hier in Ruhe…« So schnell ihre alten Beine sie trugen, lief sie fort, und wir gingen ihr nicht nach.
    »Da hast du genau ins Schwarze getroffen«, sagte Harry. »Hätte ich nicht gedacht.«
    »Sie kennt ihn«, murmelte ich. »Sie kannte den Ausspruch. Sie kennt auch Edgar Bronzek. Hast du gesehen, wie sie reagierte, als ich diesen Standardsatz wiederholte?«
    »Sicher. Sie sperrte sich.«
    »Genau.«
    »Dann müßte Bronzek hier sein oder zumindest hier gewesen sein. Dann hat er auch seine Spuren hinterlassen. Oder denkst du anders darüber, John?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich denke, daß wir hier genau richtig sind. Wenn es eine Spur von ihm gibt, dann hier.«
    »Und weiter?«
    Ich lächelte. »Willst du schon einen Schlachtplan ausarbeiten?«
    »Wäre mir am liebsten.«
    »Nur kennen wir den Gegner nicht. Das heißt, wir haben ihn nicht mal gesehen. Wichtig ist nur, daß wir hier im Ort bleiben.« Ich schlug nach einigen Fliegen, die mir zu nahe gekommen waren.
    »Hier, unsere Freunde sind besonders aktiv.«
    »Als hätte man sie dazu eingeladen.«
    »Stimmt auch wieder.«
    »Was machen wir?«
    Ich lächelte. »Laß uns mal gehen. Der Wagen steht da sicher. Ich will mehr von Petlery sehen.«
    Viel gab es nicht zu bestaunen. Die Häuser waren alt, windschief.
    Es gab nicht genügend Geld, um sie zu renovieren. In den Gärten wuchsen die Obstbäume zusammen

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