093 - Der Höllengreif
immer noch nicht!« zischte das besessene Mädchen. »Das ist kein Scherz. Das ist für dich bittere, tödliche Realität!« Ihre Stimme veränderte sich, wurde dunkler, tiefer, hohler. Sie sprach auf einmal wie ein Mann. »Ich werde dir dein Leben nehmen, Dayle! Ich, Milton Cahoo!«
Der junge Mann dachte, sich verhört zu haben. Meine Güte, dachte er erschrocken. Sie bildet sich ein, Cahoo zu sein. Die Angst hat sie um den Verstand gebracht. Ich hätte sie wirklich nicht allein lassen dürfen. Aber wie konnte Sally Haddon mit einer so tiefen, lauten Männerstimme sprechen?
Das Ganze war so irrwitzig, daß Dayle Gilliat sich weigerte, weiter darüber nachzudenken. Wichtig war im Moment nur eines: daß er diese Irre entwaffnete.
Er war größer und kräftiger als Sally. Wenn er sie überraschte, durfte ihm das keine Schwierigkeiten machen. Die Wut erhitzte sein Blut.
Bevor sie begriff, was passierte, mußte es schon geschehen sein. Drei Sekunden ließ er noch verstreichen, dann handelte er. Er nahm den Kopf zurück.
Dadurch entfernte sich auch der Hals vom Dolch. Im nächsten Moment schoß seine Rechte hoch, packte Sallys Handgelenk, und dann drehte er ihren Arm grob herum.
Sie ließ es geschehen.
»Laß den Dolch fallen, du verrücktes Luder!« schrie Dayle Gilliat.
Sally gehorchte nicht.
»Verdammt, zwing mich nicht, dir wehzutun!« brüllte der junge Mann sie an.
»Du kannst mir nicht wehtun«, gab sie lachend zurück. Nach wie vor sprach sie wie ein Mann. »Ich spüre keinen Schmerz.«
»Das wollen wir sehen«, keuchte Dayle Gilliat und verstärkte den Druck.
Sally lachte wie ein Mann. »Du bist zu schwach, bist ein lächerliches Würstchen. Was willst du Milton Cahoo anhaben? Willst du stärker sein als der Teufel?«
»Sally! Bitte! Treib's nicht auf die Spitze!«
»Ich werde dich töten!« brüllte Cahoo aus dem Mädchen. »Ganz langsam! Qualvoll! Im Keller dieses Hauses! Die Folterkammer wartet auf dich!«
Dayle nahm keine Rücksicht mehr. Das Mädchen trieb es ihm schon zu bunt. Er setzte seine ganze Kraft ein.
Bis jetzt hatte sich Cahoo nicht gewehrt, doch nun tat er es, und zwar mit einer Kraft, die Dayle Gilliat zuerst verblüffte und dann entsetzte.
Sally erwiderte den Druck. Sie grinste dabei teuflisch. Dayle starrte sie entgeistert an. Er konnte nicht begreifen, daß sie so immens stark war.
Er nahm die zweite Hand zu Hilfe, vermochte den Dolcharm aber dennoch nicht zu halten. Mühelos riß sich Sally los, und er befürchtete, daß sie nun mit dem Silberdolch auf ihn einstechen würde.
Doch sie schlug nur mit dem Handrücken zu, stark und schmerzhaft. Dayle Gilliat stürzte. Cahoo lachte rauh und grausam.
»Begreifst du endlich, mit wem du es zu tun hast?«
Dayle hatte den süßlichen Geschmack von Blut im Mund. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen und kroch von Sally weg, aber sie folgte ihm.
Er schüttelte den Kopf. »Laß mich! Sally, ich bitte dich…«
»Ich bin Cahoo!«
»Von mir aus. Du kannst sein, wer du willst, wenn du mich nur in Ruhe läßt.«
»Ruhe wirst du erst haben, wenn du tot bist«, sagte Cahoo.
Sally wollte ihn packen und hochreißen. Er wehrte sich mit wachsender Panik. Da schlug sie auf ihn ein, um ihn sich gefügig zu machen, und dann krallte sie ihre Finger in sein Haar.
Er stöhnte auf, sein Gesicht verzerrte sich. Sie zwang ihn, aufzustehen, und dann setzte sie ihm den Krummdolch ans Herz.
»Du kommst jetzt mit mir. Die Folterkammer wartet.«
***
Das Höllenschwert war weg, und mein Rover glich einem Trümmerhaufen. Dieser Verlust war zu verschmerzen. Ich hatte in Tucker Peckinpah zum Glück einen äußerst finanzstarken Partner, der für diesen Schaden aufkommen würde.
Ein kaputter Wagen war mir lieber, als wenn Jubilee, Vicky Bonney oder ich bei dem Angriff des Höllenschwerts zu Schaden gekommen wären.
Ich hängte mir den Dämonendiskus um den Hals. Vicky und Jubilee wagten sich aus dem Wrack. Jubilee klammerte sich an meine blonde Freundin.
Vicky streichelte das junge Mädchen. Jubilee war manchmal ziemlich vorlaut, aber davon war jetzt nichts zu merken. Die Angst, die sie ausgestanden hatte, steckte ihr immer noch in den Gliedern.
»Seid ihr unverletzt?« fragte ich die beiden.
»Ja«, sagte Vicky.
»Ich muß ins Haus, muß mich um Mr. Silver kümmern. Ihr wartet hier draußen, bis ich euch signalisiere, daß die Luft rein ist.«
Vicky Bonney nickte. Ich startete, rammte die Haustür auf und schrie Mr. Silvers
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