093 - Der Höllengreif
Männer trugen Gummistiefel. Nasse Füße würden ihnen erspart bleiben.
»Vorwärts!« sagte Noel Bannister.
Da vernahmen sie einen schaurigen, langgezogenen Schrei, der ihnen durch Mark und Bein ging.
***
Die CIA-Agenten stürmten los. Sie blieben nicht beisammen, sondern fächerten auseinander. Sollte Cahoo etwas gegen sie unternehmen, hatte er es leichter, wenn sie zusammen waren.
So konnte er nur einen von ihnen angreifen, und die anderen konnten inzwischen Cahoo Hall erreichen - oder dem attackierten Kollegen zu Hilfe eilen, falls dies nötig sein sollte.
Sie beherzigten alle drei Lance Selbys Ratschläge, waren vorsichtig und hielten die Augen sehr aufmerksam offen. Marriott und Edwards hatten schon eine Menge CIA-Einsätze hinter sich.
An allen erdenklichen Krisenherden hatten sie schon gekämpft und sich mit besonderem Mut und beispielhafter Tapferkeit ausgezeichnet. Lateinamerika, Afrika, Persischer Golf…
Aber gegen Dämonen waren sie noch nie angetreten. In diesem Kampf hatten sie noch keine Erfahrung, deshalb konnten sie nur auf das Wissen zurückgreifen, das ihnen Männer wie der Dämonenjäger Tony Ballard, der Ex-Dämon Mr. Silver und der Parapsychologe Lance Selby vermittelt hatten.
Nur Noel Bannister hatte auch mit Dämonen Erfahrung, aber er war davon überzeugt, daß Edwards und Marriott heute nacht nicht schlechter kämpfen würden als er.
Immer wieder klangen diese Schreie durch die Finsternis. Es hörte sich an, als würde ein Mensch gequält. War Cahoo wieder ein Unglücklicher in die Falle gegangen?
Trevor Marriott lief durch ein Labyrinth von Büschen. Die grünen Wände waren so dicht, daß der CIA-Agent Cahoo Hall nicht sehen konnte.
Er hörte die Schreie des verzweifelten Opfers und vernahm das schnelle Patschen von Schritten. Das mußte Noel Bannister sein, der in seiner Nähe durch die Büsche stürmte.
Marriott tastete den glitschnassen Boden mit dem starken Strahl der Stablampe ab. Jedes Hindernis wäre ihm aufgefallen, doch die Falle, die Cahoo hier ausgelegt hatte, konnte man nicht sehen.
Sie reagierte zuverlässig!
Als Trevor Marriott den nächsten Schritt machte, passierte es. Etwas zog sich blitzartig um seinen rechten Knöchel zusammen.
Eine magische Schlinge!
Ein Schmerz durchglühte Marriotts Knöchel. Ihm war, als hätte eine Kobra zugebissen. Er schrie auf, während die unsichtbare Schlinge ihn hochriß.
Das passierte mit einer Schnelligkeit, daß Marriott es nicht verhindern konnte. Das gefangene Bein wurde nach oben gerissen, er verlor das Gleichgewicht und hing in der nächsten Sekunde bereits mit dem Kopf nach unten in der Luft.
***
Das Schleifen der Zweige und Blätter, das Patschen der Schritte, der Donner überdeckten viele Geräusche, nicht aber Trevor Marriotts Schrei.
Noel Bannister hörte ihn und änderte sofort seine Laufrichtung. Er wühlte sich durch ein Gewirr von dünnen, federnden Zweigen, die nur höchst widerwillig nachgaben.
Nasse Blätter schlugen ihm ins Gesicht. Er kämpfte sich mit vorgestreckten Armen weiter. Wenn Marriott geschrien hatte, konnte das bedeuten, daß er auf Cahoo gestoßen war.
Bannister kämpfte um jede Sekunde, um schnell genug bei seinem Kollegen zu sein. Beim nächsten Blitz sah er Marriott. Der Mann hing mit dem Kopf nach unten im strömenden Regen. Etwas, das nicht zu sehen war, schnürte Marriotts Gummistiefel zusammen.
Noel Bannister wußte, was los war.
Trevor Marriott war in eine magische Schlinge geraten. Das allein wäre noch nicht so schlimm gewesen. Das Gefährliche daran war, daß Marriott ständig weiter hochgezogen wurde.
Noel Bannister befürchtete, daß sein Kollege in eine Höhe von zehn oder zwanzig Metern hochgehievt werden könnte, und wenn die magische Schlinge den Mann dann losließ, fiel er kopfüber in den Tod!
Bannister stürzte sich auf den Agenten. Er umklammerte den Mann mit beiden Armen, doch er mußte sehr schnell erkennen, daß sein Körpergewicht nicht ausreichte, um die Aufwärtsbewegung zu stoppen.
Er ließ Marriott los. Der Kopf des Kollegen erreichte Noel Bannisters Gesicht.
»Keine Angst, Trevor, gleich bist du frei!« keuchte Noel.
Er holte sein Messer aus der Tasche und eine Phiole, in der sich Weihwasser befand. Nervös öffnete er das Röhrchen, benetzte seinen Zeigefinger damit und bestrich die Klinge auf beiden Seiten.
Hinter Marriott befand sich ein Baum. An diesem kletterte er hoch. Hastig schob er sich auf dem rutschigen Ast vor, dem Kollegen entgegen, der
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