093 - Neun Leben
nicht hungern.
Black bemerkte, dass die Stimmung wesentlich gelöster als am Morgen war. An einem Stand mit eingelegtem Gemüse hörte er zwei Frauen über die Ankunft des Königs reden, der Schuster neben ihnen sprach, bereits von der Rettung Beelinns.
Nur der Gebissschnitzer, der ihnen zuhörte, schien pessimistisch und kündigte an, König Maddrax würde wieder in den Himmel entschwinden, wie er es schon einmal getan hatte.
In diesem Teil der Stadt war die Militärpräsenz hoch. Soldaten zogen in Zweier-Patrouillen durch die Straßen. Sie waren mit Speeren und Schwertern bewaffnet. Ab und zu wurden sie von einem Wirt in eine Taverne gewunken oder an einem Stand mit Brot beschenkt. Korruption schien eines der Probleme der Stadt zu sein.
Black zwängte sich an einigen Marktkarren vorbei und blieb vor einem Käfig mit zwei Sebezaan stehen, die stumpfsinnig auf den Boden starrten. Die Tiger hatten fleckiges Fell und abgebrochene Hauer. Jemand hatte ihnen die Krallen gezogen.
»So nah bist du wohl noch nie einem gewesen, was?« Die Frau hockte neben dem Käfig auf dem Boden. Sie hatte lange blonde Haare und einen breiten Mund.
»Nein«, sagte Black. »Eigentlich sehe ich heute zum ersten Mal einen.« Er erinnerte sich an die Geschichten, die Drax über die Tiere erzählt hatte. Mit ihrer Hilfe hatten die Frawen die Stadt beherrscht.
»Sie waren mal wild, weißt du?« Sie biss in ein Stück Kautabak. »Mit diesen Hauern haben sie mehr Menen zerfetzt als du Finger an den Händen hast. Damals, als wir noch gekämpft haben. War keine schlechte Zeit, aber alles muss sich nun mal ändern. Du bist nicht von hier?«
»Nein.« Ein Sebezaan schnaufte und Black glaubte das Rasseln seiner Lungen zu hören. »Was ist aus den ganzen Tieren geworden?«
»Sie wurden getötet.« Zum ersten Mal hörte er Gefühl in ihrer Stimme. »Wir hatten sie auf die Jagd nach Menen abgerichtet. Sie konnten nicht hier bleiben. Die Königin befahl alle zu töten.«
Die Frau spuckte den Priem aus. Ihre Augen schimmerten feucht. »Die beiden konnte ich retten. Weil sie schon so alt waren und ich ihnen die Krallen zog, blieben sie am Leben.«
Sie streckte die Hand in den Käfig und streichelte das Fell eines Tiers. »War vielleicht ein Fehler, aber mit ihnen verdiene ich ein paar Münzen am Tag. Die Menen spucken sie an, die Frawen kraulen sie. So ist es nun mal.«
Black, warf ihr eine Kupfermünze zu und wandte sich ab.
Beelinn hatte keine eigene Währung und der Wert der Münzen errechnete sich durch den Wert des Metalls. Er wusste nicht, was Kupfer wert war, aber er nahm an, dass eine Münze für ein Essen reichte.
Nach einer Weile ließ er den wohlhabenden Teil der Stadt hinter sich und schlug den Weg zu den Kerkern ein. Die Menschen, die hier vor ihren kleinen Hütten saßen, boten keine Waren an. Er sah zwei nackte Männer, die ihre Hosen in einem Bottich wuschen, und eine alte Frau mit weißen Pupillen, die Selbstgebrannten anbot, der garantiert nicht blind machte.
Soldaten traten aus Verschlägen, in denen Mr. Black Tiere vermutet hätte, und verabschiedeten sich von ihren Frauen. Ihre Uniform schien das einzig Wertvolle zu sein, was sie besaßen.
Armut macht korrupt, dachte Black.
Er blieb zwischen den Ruinen stehen und sah sich nach einer Taverne um. In einer so verfallenen Stadt gab es unzählige Verstecke, aber nur wenige Plätze, an denen man sich öffentlich treffen konnte, ohne aufzufallen. Tavernen waren perfekt dazu geeignet, das hatte Black schon in Washington erkannt. Er war sicher, dass der Untergrund in Beelinn auf die gleiche Idee gekommen war.
Suchend ging er weiter und wurde belohnt, als er einen zerlumpten Mann aus einem Ruineneingang treten sah. Er taumelte, war offensichtlich Mittags bereits vollkommen betrunken.
»Hallo, Freund«, sagte Black und ging auf ihn zu. »Wo kann ein durstiger Mann hier was zu trinken bekommen?«
Der Betrunkene sah aus glasigen Augen zu ihm auf. »Dada runne auffe Treppe und runne.« Er lallte so stark, dass er kaum zu verstehen war.
Black nickte. »Danke.«
»Kei Ploble…« Der Betrunkene wollte weitergehen, stoppte dann jedoch. »Un trink nich nie de Schnaps, mach blinn.«
»Ich werde daran denken.« Black wandte sich ab und trat vorsichtig in den dunklen Eingang. Die Geruchswelle aus Alkohol und Erbrochenem, die ihm aus dem Gang entgegen schlug, warb besser für die Taverne als jedes Schild.
Black tastete sich über Trümmerstücke, bis er den Fackelschein am Ende einer
Weitere Kostenlose Bücher