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093 - Neun Leben

093 - Neun Leben

Titel: 093 - Neun Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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mehr Ware für ihr Geld bekommt?«
    »Weil Franns Sohn die Leute mit Knüppeln schlägt, wenn sie zu meinem Stand wollen.«
    »Ist das wahr?«
    Frann breitete in einer hilflosen Geste die Arme aus. »Es funktioniert. Die Leute kaufen bei mir. Und ich hätte mir nie Knüppel kaufen müssen, wenn Daavd nicht seine Doggs auf meine Frau gehetzt hätte. Jetzt muss er sich nicht wundern, wenn ich sie einsetze.«
    »Vielleicht sollten wir diesen Fall vertagen, mein König«, sagte Johaan leise.
    Matt hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Ihr macht euch also gegenseitig das Leben zur Hölle und wollt, dass ich was gegen eure eigene Starrsinnigkeit unternehme.«
    Die beiden Bäcker sahen ihn abwartend an.
    »Okay, das könnt ihr haben. Mein Urteil ist, dass ihr beide in den Kerker geht und zwar in eine Zelle. Dort bleibt ihr, bis ihr einen Weg zur Einigung gefunden habt, egal wie lange das dauert.«
    Zufrieden bemerkte er den Schock auf den Gesichtern der Bäcker, als sie von Soldaten gepackt und abgeführt wurden.
    »Eine sehr weise Entscheidung.« Gertruud nickte zustimmend.
    »Wenn auch eine unglückliche«, ergänzte Johaan.
    »Wieso unglücklich? Die beiden müssen nur lernen, sich zu arrangieren, und dafür ist der Kerker gut geeignet.«
    »Natürlich, mein König. Leider betreiben die beiden aber die einzigen Bäckereien, die noch über Mehlvorräte verfügen. Ohne ihre Arbeit wird das Volk hungern.«
    »Ein paar magere Tage schaden dem Volk nicht«, sagte Gertruud und ignorierte Johaans wütenden Blick.
    »Wenn es nur ein paar Tage bleiben«, erwiderte Johaan zweifelnd.
    Verdammt… Matt stand von seinem Thron auf. Sofort erhoben sich alle Anwesenden und neigten die Köpfe. Miouu trat neben ihn, eine Hand auf den Schwertknauf gelegt.
    »Wohin wünscht mein König zu gehen?«
    »Ich muss den Befehl zurücknehmen. Ich kann nicht zulassen, dass die Bevölkerung hungert, nur weil sich zwei Männer nicht ausstehen können.«
    »Das ist nicht möglich, mein König.« Der Einwand kam von Johaan. »Ihr seid der Abgesandte der Götter und damit unfehlbar. Das Volk würde den Respekt vor Euch verlieren, wenn ihr eine Entscheidung korrigiert.«
    »Und sie verlieren den Respekt nicht, wenn ich sie hungern lasse?«
    »Nein. Ihr seid der König. Wenn sie hungern, habt Ihr sicher einen guten Grund dafür.«
    Matt schüttelte den Kopf. Er wusste zu wenig von den Menschen in dieser Stadt, um zu erkennen, ob seine Berater die Wahrheit sagten, aber er wusste, dass niemand wegen seiner Fehlentscheidung hungern würde.
    »Das ist mir egal. Die Bäcker gehen nicht in den Kerker.«
    »Es gibt vielleicht eine andere Möglichkeit«, sagte Gertruud.
    Sie sprach so leise, dass Matt sie kaum verstehen konnte. »Wir könnten uns diskret erkundigen, welche Summe der Kerkermeister für ihre Freilassung verlangt, und über einen Mittelsmann bezahlen.«
    Johaan stieß sichtlich verärgert die Luft aus. »Nicht jeder Mann in Uniform ist korrupt.«
    »Aber der ist es.« Matt dachte an die Unterhaltung, die er mit Claas geführt hatte. Eigentlich hatte er geplant, den Mann als erste Amtshandlung von seinem Posten zu entfernen, aber jetzt erschien dessen Korruption als beste Lösung in einer schwierigen Situation. Er signalisierte Gertruud mit einer knappen Geste seine Zustimmung und setzte sich wieder auf den Thron.
    Es war wirklich nicht leicht, König zu sein.
    ***
    Bereits nach wenigen Schritten begann Aruula zu bedauern, dass sie einen ortskundigen Führer verlangt hatte. Poll, ein babygesichtiger Mann, der so rund wie eine Kugel und kleiner als Aruula war, redete ununterbrochen und ließ ihr kaum die Gelegenheit, über die Dinge nachzudenken, die sie gerade erfahren hatte.
    »Das halbe Leben habe ich im Kerker verbracht«, sagte er zwischen kurzen pfeifenden Atemzügen. »Geschmuggelt hab ich während des Kriegs, gestohlen danach. Was soll ein Mann machen, wenn er nichts gelernt hat?«
    Aruula beachtete ihn nicht und hoffte, dass er irgendwann von selbst aufhören würde. In ihrem Geist war kein Platz für seine Worte. Sie dachte nur an Maddrax und an das eine Wort, das sie einfach nicht verdrängen konnte.
    Vater.
    Sie hatte die Überraschung in Maddrax’ Blick gesehen, den Schock, aber auch die Freude. Genau so hatte er gewirkt, als Aruula ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte.
    Jenny hatte ihm etwas gegeben, woran sie gescheitert war.
    »Nicht, dass es mir geschadet hätte«, sagte Poll und legte die Hände auf seinen Bauch.

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