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093 - Neun Leben

093 - Neun Leben

Titel: 093 - Neun Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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»Man kann gut leben im Kerker, wenn man Beziehungen hat. Schließlich haben sie mich doch rausgelassen, und jetzt freut es mich natürlich umso mehr, dass ich meiner Königin einen Dienst erweisen kann.«
    Aruula schwieg. Die Straßen, durch die sie gingen, waren voller Menschen, aber sie fühlte sich allein und einsam in ihrem Körper. Etwas war herausgerissen worden, etwas, das sie und Maddrax auf eine Weise verbunden hatte, die unersetzlich war.
    Jetzt hatte er diese Verbindung mit Jenny gefunden, und selbst wenn sie sich nicht liebten, so teilten sie doch etwas, an dem Aruula keinen Anteil nehmen konnte. Sie spürte Tränen in sich aufsteigen, wenn sie daran dachte.
    »Mal sehen, wo würde ich eine Königin verstecken?« Poll blieb stehen und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe.
    »Jeder kennt ihr Gesicht, also muss ich sie im Dunkeln an diesen Ort bringen. Er darf nicht einsehbar sein, aber auch nicht so geheim, dass man nur schwer dorthin gelangt. Unauffällig muss er sein, damit niemand einen Schatz dort vermutet.« Er sah Aruula aus hellblauen, wässrigen Augen an. »Ich schlage vor, mit der Suche am Hafen zu beginnen.«
    »Wäre das nicht der erste Ort, an dem auch die Soldaten nachsehen würden?«
    Poll grinste. »Ja, aber man kann ihre Augen leicht mit ein paar Münzen verschließen.«
    Er ging weiter die Straße entlang. Aruula folgte ihm und versuchte seinen Redeschwall zu ignorieren.
    »Nur einen habe ich kennen gelernt«, sagte Poll, ohne darauf zu achten, ob sie ihm zuhörte, »der sich nicht bestechen ließ. Er hatte ein Gesicht wie eine Bulldogg und einen Schlag wie ein Wakudatritt. Ich wollte ihm eine ganze Silbermünze zustecken, aber er hat mich ausgelacht und so zusammengeschlagen, dass ich fünf Tage lang nicht wusste, wer ich war. Verdammter Bastard.«
    Aruula glaubte zu wissen von wem er sprach, aber der Anblick, der sich ihr bot, als sie um die nächste Kurve bogen, lenkte sie von einer Antwort ab.
    Vor ihnen lag der Hafen der Stadt, eine bunte Mischung aus Hütten, hölzernen Ständen und den gemauerten Lagerhäusern reicher Händler. Aruula sah Schiffswerften auf der anderen Seite des Flusses und mannshoch gestapelte Bretter. Es roch nach Teer und Fisch.
    Auf dem Fluss selbst lagen die Schiffe so dicht nebeneinander, dass sich ihre Seiten berührten. Die Frachter waren breit und mehr als einen Speerwurf lang. Sie besaßen einen flachen Kiel, um den Fluss auch bei Niedrigwasser befahren zu können. Die meisten hatten Segel, die an den Masten eingerollt waren. Rudersklaven saßen angekettet auf den Decks und starrten ans Ufer. Sie waren von der Sonne verbrannt und hatten Arme so breit wie Oberschenkel.
    Einige Soldaten drängten sich im Laufschritt an Poll vorbei.
    Aruulas Blick folgte ihnen zum befestigten Ufer, wo sich eine größere Gruppe Menschen versammelt hatte. Soldaten mit Speeren standen um sie herum. Eine Frau, die eine golden abgesetzte Uniform trug, gab laute Kommandos.
    »Nein, wir werden nicht mehr länger warten«, sagte ein älterer Mann, der anscheinend Sprecher der Gruppe war. »Unsere Waren verfaulen auf den Schiffen, die Lagerhäuser sind leer und es kommt kein Geld in die Stadt. Ihr müsst den Hafen wieder freigeben!«
    Die Menschen um ihn herum nickten und klopften ihm auf die Schulter.
    »Wird ohnehin Zeit, dass ein Mann auf den Thron kommt«, sagte einer von ihnen. Aruula bemerkte, dass der überwiegende Teil der Menge aus Männern bestand. Den wenigen Frauen schien die Bemerkung unangenehm zu sein, die männlichen Soldaten senkten jedoch die Speere.
    »Das ist Hochverrat!« Die Offizierin hatte eine schneidende Stimme, die das Befehlen gewöhnt war. »Ihr widersetzt euch einer direkten Aufforderung und beleidigt die Königin. Ich gebe euch ein letztes Mal die Gelegenheit, zu euren Schiffen zurückzukehren, sonst werfe ich euch alle in die Kerker.«
    »Wirf uns doch in die Kerker!« Der ältere Mann ballte die Fäuste. »Die meisten von uns werden schon bald kein Schiff mehr haben. Wir können ein Dach über dem Kopf gebrauchen.«
    Aruula hörte das charakteristisch schleifende Geräusch, als Schwerter und Degen gezogen wurden. Die Soldaten sahen sich an, hoben zögernd die Speere. Sie machten den Eindruck, als stünden sie eher auf der Seite der Menschenmenge als auf der ihrer Vorgesetzten.
    »Wir sollten verschwinden.« Aruula spürte Polls Hand auf ihrem Arm. Er wollte sie wohl zurück in eine Gasse ziehen. »Es könnte gleich unangenehm werden.«
    Sie

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