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093 - Neun Leben

093 - Neun Leben

Titel: 093 - Neun Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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kleinen Treppe entdeckte. Er stieg über einen schlafenden Betrunkenen hinweg und betrat die Schankstube.
    Es gab weder Tische noch Stühle, nur eine Theke und einen strohbedeckten Boden. Der Wirt, ein hagerer kleiner Mann mit nur einem Ohr, sah Black entgegen. Der nickte ihm kurz zu, während sein Blick die Gäste streifte, die am Boden saßen. Es waren drei Gruppen. Eine bestand aus zwei betrunkenen Soldaten, die wohl das Ende der Nachtschicht begossen, eine aus vier Zerlumpten, die wie Bettler aussahen, und die letzte aus ebenfalls vier jungen Männern, die Black misstrauisch musterten.
    »Hast dich wohl verlaufen?«, fragte der Wirt.
    Black schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin genau richtig. Gib mir einen Krug Bier.«
    Er warf eine Münze auf die Theke und beobachtete angewidert, wie der Wirt sein Bier nicht etwa zapfte, sondern den Krug einfach in ein offenes Fass tauchte und vor ihm abstellte. Er nahm den Krug entgegen, ohne davon zu trinken.
    »Ich bin nicht von hier«, sagte er dann so laut, dass jeder im Raum ihn verstehen konnte.
    »Na und?«, konterte der Wirt.
    Black ignorierte ihn. »Da wo ich herkomme, können Männer anders leben, nicht so wie ihr.« Er warf der Vierergruppe einen Blick zu. »Wenn ihr versteht, was ich meine.«
    »Ich hab keine Ahnung, was du meinst.« Der Wirt wirkte desinteressiert, aber Black sah, dass er log.
    »Natürlich hast du keine Ahnung. An deiner Stelle hätte ich auch keine Ahnung. Schließlich werdet ihr gezwungen, auf euer natürliches Recht, das euch als Menen zusteht, zu verzichten. Trotzdem gibt es welche unter euch, die sich für dieses Recht in Gefahr begeben. Ich bewundere das. Solche Männer würde ich gerne kennen lernen.«
    Einer der Soldaten sah auf. Sein Kopf wackelte hin und her wie das Pendel einer Uhr. »Was redest du für eine Scheiße, Mann?«
    Black sah den Wirt weiter an. »Du hast verstanden, was ich sagen will, richtig?«
    »Nein.«
    Er brach den Blickkontakt ab und bemerkte, wie einer der vier jungen Männer aufstand und den Schankraum verließ. Die anderen blieben sitzen. Keiner von ihnen hatte die Bierkrüge angerührt, die vor ihnen standen.
    Black lehnte sich an die Wand und wartete. Die Angelschnur war ausgeworfen. Der fette Fisch würde schon bald anbeißen, dessen war er sicher…
    ***
    Matt wog die beiden Brotlaibe nachdenklich in Händen. Der eine war so lang wie sein Unterarm, der andere so lang wie seine Hand.
    »Es ist schon kleiner«, sagte er zu dem Bäcker, der vor seinem Thron kniete.
    Der dicke Mann mit den vom Mehl weiß gefärbten Fingern nickte. »Natürlich. Ist es nicht mein Recht, kleine Brote zu backen?«
    Matt sah den anderen Bäcker an. »Und du backst große Brote, verkaufst sie aber für den gleichen Preis?«
    »Ja, mein König.«
    »Warum backst du dann nicht einfach kleine?«
    Der ältere, aber ebenso dicke Mann seufzte. »Weil ich die Taverne zum trunkenen Kepir mit Brot versorge und Toomas, der Besitzer gedroht hat, mir die Nase abzuschneiden, wenn ich kleinere Brote backe.«
    Matt grinste unwillkürlich. »Glaubst du nicht, dass das ein Scherz war?«
    »War es nicht!« Die Stimme kam aus dem hinteren Teil des Audienzraums. Matt sah auf und bemerkte einen Mann, der zwischen einigen Soldaten stand und schwere Ketten trug.
    Ohne auf eine Aufforderung zu warten, beugte sich Johaan vor. Er schien genau zu wissen, wann seine Informationen benötigt wurden. »Das ist der Tavernenbesitzer Toomas«, flüsterte er.
    »Und warum trägt er Ketten?«, fragte Matt.
    Johaan wies mit dem Kinn auf zwei Gestalten mit bandagierten Köpfen. »Er hat diesen Gästen die Nasen abgeschnitten, weil sie behaupteten, sein Bier sei zu warm.«
    »Ich verstehe…« Matt wandte sich wieder den Bäckern zu.
    »Vergessen wir mal Toomas, der geht für eine Weile in den Kerker. Betrachten wir uns stattdessen das Prinzip der freien Marktwirtschaft.«
    Die beiden Bäcker sahen sich verständnislos an.
    Dieses Mal war es Gertruud, die sich zu ihm herab beugte.
    »Wenn ich nicht verstehe, wovon Ihr sprecht, tun sie das erst recht nicht.«
    »Okay, vergesst auch die freie Marktwirtschaft… Daavd«, wandte er sich an den älteren Bäcker, »stell dir vor, eine Frau kauft bei Frann ein kleines Brot für eine halbe Kupfermünze und bei dir ein großes für den gleichen Preis. Wo geht sie wohl das nächste Mal ihr Brot kaufen?«
    »Bei Frann«, antwortete Daavd ohne zu zögern.
    Matt runzelte irritiert die Stirn. »Warum sollte sie das tun, wenn sie bei dir

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