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093 - Neun Leben

093 - Neun Leben

Titel: 093 - Neun Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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und das war mehr, als die meisten von ihnen gekannt hatten, bevor Jennys Herrschaft begann.
    Doch Maddrax machte auch die Fehler, die Jenny zu Anfang gemacht hatte. Er war zu großzügig und zu freundlich, ließ niemanden merken, dass er die Macht über Leben und Tod, über Wohlstand und Armut hatte. Meister Johaan und Gertruud halfen ihm zwischen ihren Streitigkeiten und Beleidigungen so gut sie konnten, aber bei manchen Entscheidungen konnten sie nicht mehr eingreifen.
    Hinzu kam, dass Miouu befürchtete, die beiden könnten eigene Pläne über die Herrschaft in der Stadt haben. Vielleicht ließen sie Fehlentscheidungen absichtlich zu, um Maddrax beim Volk den Respekt zu nehmen und ihre eigene Position zu festigen.
    Oder hassten sie sich zu sehr, um zusammen zu arbeiten?
    Neben Miouu streckte sich Maddrax auf dem Thron und gähnte. Der Audienzsaal war leer bis auf die Soldaten der Palastwache, die Türen und Fenster sicherten.
    »Waren das alle?«
    »Ja, mein König.« Meister Johaan winkte einen Diener heran, der Maddrax einen Krug voll rotem Honigwein reichte. Bevor der jedoch danach greifen konnte, nahm Miouu den Krug, roch vorsichtig daran und trank einen kleinen Schluck. Der Wein schmeckte schwer und süß, so wie er sein musste. Die Imkereien rund um Beelinn verschenkten ihre besten Fässer an den Palast und erhielten im Gegenzug die Erlaubnis zur Bienenzucht. Miouu war dabei gewesen, als Jenny diesen günstigen Handel abschloss und damit die Imkergilde aus Pootsdam weglockte. Dort hatte man Steuern für die Zucht verlangt.
    »Ich schmecke kein Gift«, sagte Miouu und stellte den Krug mit einer Verneigung auf der Lehne des Throns ab.
    »Und wenn es ein geschmacksneutrales Gift ist?« Maddrax lächelte, nahm sie sichtlich nicht ernst.
    »Ich habe gelernt, alle zweiundfünfzig bekannten Gifte anhand ihres Geruchs und ihres Geschmacks unterscheiden. Es gibt kein geschmacksneutrales Gift, wenn man nur gut genug schmeckt, mein König.«
    »Und wo hast du das gelernt?«
    Sie verneigte sich, ohne zu antworten. Gertruud beugte sich zu Maddrax herab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Miouu wusste, dass sie ihm erklärte, dies sei die einzige Frage, auf die sie keine Antwort geben müsse. Es war ihre einzige Bedingung gewesen, als sie in den Dienst des Palastes trat.
    Keine Fragen über ihre Vergangenheit. Man hatte sich stets daran gehalten.
    »Okay, das wusste ich nicht.« Maddrax nickte, wirkte jedoch neugierig. Er sah Miouu einen Moment an, bevor er sich an Meister Johaan wandte. »Wenn das alles war, würde ich mich gerne in mein Quartier zurückziehen. Es war ein anstrengender Tag.«
    Meister Johaan nickte. »Selbstverständlich, mein König. Wir müssten nur noch die Strategie für das morgige Treffen mit den Abgesandten aus Braandburg und Pootsdam besprechen. Es dürfte nicht länger als eine Kerzenlänge dauern.«
    »Kannst du nicht sehen, dass unser König von seinen Pflichten ermüdet ist?«, wandte Gertruud ein. »Er wird uns besser am morgigen Tag zuhören, wenn seine Gedanken frisch und unverbraucht sind.«
    »Genau das wird er«, sagte Maddrax und erhob sich von seinem Thron. Die Soldaten nahmen Haltung an. »Wenn meine Begleiter zurückkehren, sollen sie in mein Quartier gebracht werden.«
    Gertruud und Meister Johaan verneigten sich widerspruchslos.
    Einem direkten Befehl ihres Königs hatten auch sie nichts entgegenzusetzen. »Wie Ihr wünscht.«
    Miouu folgte Maddrax, als er durch die geöffneten Türen auf den Gang trat und nach rechts abbog. Er ging einige Schritte und blieb dann ratlos an einer Kreuzung stehen.
    »Aber wo ist mein Quartier?«, sagte er so leise, dass Miouu ihn kaum verstehen konnte.
    »Hier entlang, mein König.«
    Maddrax fuhr herum, duckte sich noch in der Bewegung.
    Seine Hand lag auf der merkwürdigen kleinen Waffe an seiner Hüfte, ließ jedoch sofort los, als er Miouu entdeckte.
    »Was machst du denn hier?«
    »Euch folgen, wie es meine Pflicht ist.«
    Er richtete sich auf. »Ich weiß das zu schätzen, aber ich komme gut ohne dich klar.«
    »So wie Ihr auch ohne mich Euer Quartier findet?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Ihr seid der König. Ihr braucht mehr als nur einen Menschen, um klar zu kommen.«
    Maddrax wollte antworten, aber sie ließ es nicht zu. »Ich kann Euch nicht bewachen, wenn Ihr mir keinen Zugang gewährt«, sagte Miouu, während sie mit ihm links in einen langen Gang abbog. Überall lag Bauschutt; Ziegelsteine und Holzbalken waren fast bis zur

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