0932 - Grausame Zeit
riß sich zusammen. »Ich habe bereits mit London gesprochen und meinem Freund Sinclair eine Vorwarnung gegeben. Er hat Bereitschaft gezeigt, mich zu unterstützen. Er kann morgen bei mir sein.«
»Wieder dieser Sinclair!«
»Kommen Sie nicht ohne ihn zurecht?«
»Wer immer Sie auch sind, ich habe hier den Überblick. Ich stehe hier an der Front, und hinter diesem Killer lauern andere Kräfte, das hat er immer wieder betont.«
»Andere?«
»Ja, auch wenn Sie die Frage spöttisch gestellt haben. So ist es nun mal.«
»Lassen wir das«, sagte der unbekannte Gesprächspartner. »Sie wissen selbst, daß wir Erfolge brauchen. Ist zeitlich abzusehen, wann wir damit rechnen können?«
»Nein.«
»Das ist schlecht.« Bevor Harry noch etwas sagen konnte, sprach der andere weiter. »Und Ihr Freund Sinclair würde kommen? Darauf können Sie sich verlassen?«
»Bestimmt.«
»Dann hören wir wieder von Ihnen.«
»Das denke ich doch.« Harry Stahl war froh, dieses Gespräch beenden zu können. Er mochte diese seelenlose Maschinerie nicht, die hinter ihm stand, sie erinnerte ihn an die Zeiten der alten DDR. Da war der Mensch auch nur ein überwachtes Wesen oder eine Marionette gewesen, aber Harry nahm es hin, denn es hatte für ihn auch schon schlechtere Zeiten im Westen gegeben, als man ihn als Polizist vom Dienst suspendiert hatte. Sein Titel Kommissar war Geschichte.
Lange konnte er nicht mehr bleiben. Die Beamten der Mordkommission sollte ihn hier nicht entdecken. Seine Fingerabdrücke würden zwar gefunden werden, aber zu einer Verfolgung würde es nicht kommen. So etwas regelte die Zentrale.
Es gab auch Vorteile bei diesem Job.
Er verließ das Haus. Der Regen schaffte es nicht, die Erinnerungen wegzuwischen. Harry Stahl dachte darüber nach, welches Glück er im Flur des Kaufhauses gehabt hatte. Daß dieser Buzea grausam und gefährlich war, das hatte er hinlänglich bewiesen, und er hätte Harry sicherlich auch zertreten.
Sein Opel stand da, wo er ihn verlassen hatte. Es war etwas windiger geworden. Einige Blätter hatten sich nach dem trockenen Sommer schon von ihren Zweigen gelöst und waren auf dem Dach des Autos liegengeblieben.
Harry zog seinen Mantel aus und stieg ein. Er betrachtete sich im Innenspiegel und fand, daß er nicht gut aus-, sah. Dieser Tag hatte Spuren hinterlassen.
Er startete und fuhr durch die Regenschleier, mit denen jetzt der Wind spielte und dabei Figuren schuf, zu dem kleinen Hotel, in dem er ein Zimmer gemietet hatte.
Dort rief er John Sinclair an, erklärte ihm alles, und der Geisterjäger versprach, am nächsten Tag zu kommen. Wie schon so oft verabredeten sie sich am Frankfurter Flughafen, und Harry vergaß auch nicht, seinen Londoner Freund vom Stand des Falles zu unterrichten.
Im Restaurant aß er Maultaschen mit warmen Kartoffelsalat. Danach setzte er sich an die kleine Bar. Er hatte richtig Lust, sich vollaufen zu lassen. Da dies jedoch nichts brachte und nie einen Sinn hatte, beließ er es bei einem Kirschwasser und zwei Glas Bier.
***
Alfons Buzea war sehr zufrieden. Auch wenn der Tag für ihn noch nicht beendet war, denn er wollte die Abendstunden nutzen, wo die meisten Menschen Feierabend hatten.
Zum Glück kannte er sich in der Gegend aus, und er war auch gut zu Fuß.
Zunächst einmal fuhr er den Wagen zu einem kleinen Wald, durch den bei diesem Wetter sicherlich kein Mensch ging. Es führte ein schmaler Weg durch den Wald, der dort endete, wo das Ufer eines tiefer liegenden Tümpels begann.
Buzea stoppte. Es tat ihm beinahe schon weh, auf den BMW zu verzichten, aber es ging nicht anders, er mußte ihn verschwinden lassen.
Er stieg aus, blieb ungefähr eine Minute lang in der Stille stehen und war zufrieden, als er kein fremdes Geräusch hörte.
Dann löste er die Handbremse, ging ans Heck und schob den Wagen an. Er spürte wieder die Schmerzen in seinem Körper. Die verdammten Treffer beeinträchtigten ihn schon, aber er achtete nicht darauf. Um nicht abzurutschen, stemmte er die Hacken hart in den weichen Boden, drückte gegen den Wagen und war zufrieden, als dieser vorrollte.
Sekunden später kippte er nach vorn weg. Er rollte über die schräge Böschung nach unten, und bevor er sich überschlagen konnte, durchstieß er die grünbraune Oberfläche des Tümpels, wo es für ihn keinen Halt mehr gab, und er versank.
Der Killer schaute zu, bis der Wagen nicht mehr zu sehen waren und nur mehr letzte Luftblasen blubbernd an die Oberfläche stiegen, wo sie
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