0932 - Grausame Zeit
der Wand abstützte und die Verfolgung aufnahm.
Er wollte seine Frau rächen. Er konnte es nicht hinnehmen, daß dieser verfluchte Mörder gewann. So ungerecht durfte das Leben doch nicht sein.
Buzea konnte normal laufen, im Gegensatz zu seinem Verfolger, dessen linkes Bein verletzt war. Ihn aber trieb die Kraft der Rache voran, und bevor ihm der andere entwischen konnte, holte Cichon noch einmal aus.
Er schlug mit aller Kraft zu, erwischte den Rücken des Killers, der nach diesem Treffer zusammenzuckte, den Kopf in den Nacken riß und den Rücken durchbog.
Das war Cichon nicht genug. Er machte sich so lang wie möglich, ging dabei auf die Knie nieder, und es gelang ihm, den Hartgummiknüppel zwischen die Beine des anderen zu schieben und ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Der Mörder konnte sich nicht mehr halten. Die Hand mit dem Rasiermesser fetzte ein Stück Tapete von der Wand.
Dann fiel die schwere Gestalt nach unten, was auch nicht im Sinne des Erfinders war, denn Cichon kam so schnell nicht weg. Er versuchte es noch, aber der Körper des anderen prallte auf ihn und riß ihn kurzerhand von den Beinen.
Beide rollten wieder zurück in den Flur. Cichon hatte das Pech, sich noch hart den Kopf zu stoßen und die Übersicht zu verlieren, während der andere besser angekommen war und plötzlich auf ihm lag, wobei er ihn mit seinem Gewicht festnagelte. Auch den rechten Arm mit dem Schlagstock hatte er eingeklemmt, und als ihm dies zu Bewußtsein gekommen war, dachte der Henker zum erstenmal daran, daß er sein Leben verlieren konnte.
Er wollte sich befreien.
Buzea war einfach zu schwer.
Er bewegte sich auf ihm. Er raubte Cichon die Luft. Den linken Ellbogen hielt er so hart gegen seinen Brustkorb gedrückt, als wollte er ihn zerquetschen.
Und dann erschien die rechte Hand im Blickfeld des Henkers. Aber auch das Rasiermesser, von dessen Klinge die geflüsterten Worte beinahe wie Echos abprallten.
»Jetzt bist du tot!«
Nicht jetzt, aber zwei Sekunden später.
Er spürte noch einen nie erlebten Schmerz an der Kehle, dann griffen die Schatten nach Anton Cichon, um ihn hineinzuziehen in das finstere Reich des Todes…
***
Der Killer atmete auf. Er hatte es geschafft. Er hatte den Sieg errungen.
Er hatte sein Versprechen eingelöst und diesen verfluchten Henker in die Hölle geschickt.
Schlaff lag der Körper unter ihm. Im Zwielicht des Flurs sah seine Kehle aus, als wäre ein dünnes Band um sie herum gespannt worden. Dabei war es das Blut, das aus der Wunde getreten war. Mit einem einzigen Schnitt hatte Buzea den Mann vom Leben in den Tod befördert.
Für eine Weile blieb er neben ihm sitzen. Er mußte sich erst beruhigen.
Auch er hatte etwas abbekommen. Im Bereich der Genitalien durchflutete ihn der Schmerz ebenso wie im Bereich des Rückens, wo ihn der letzte Schlag erwischt hatte. Auch sein Kinn hatte etwas abbekommen - die Brust ebenfalls. Gebrochen war nichts, er würde darüber hinwegkommen. Sein großer Freund aus einer anderen Welt hatte mal wieder schützend seine Hände über ihn gehalten.
Buzea wischte das Rasiermesser ab. Dann klappte er es zusammen und steckte es ein. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand ab, um auf die Beine zu kommen.
Leicht fiel es ihm nicht, denn aus seinen Knochen schien ein Teil der Kraft weggenommen worden zu sein. Gebückt blieb er stehen. Das Aufrichten fiel ihm schwer, der Schwindel war nicht so leicht zu besiegen, under mußte sich festhalten.
Er spürte einen gräßlichen Druck im Magen und in der Brust. Die Sucht nach einem Schluck Alkohol überkam ihn. Im Wohnraum fand er die Flasche mit dem Cognac. Er setzte sie an und trank zwei große Schlucke. Unverschlossen stellte er sie wieder weg und freute sich über die Wärme, die seinen Körper durchströmte.
Obwohl es ihm nicht besonders ging, war er froh. Ja, er freute sich sogar, denn die Ouvertüre lag nun hinter ihm. Endlich konnte er sich an seine eigentliche Aufgabe heranwagen. Er wollte sie dort fortsetzen, wo man ihn vor mehr als acht Jahren gestört hatte.
Zwar war Zeit vergangen, aber verändert hatte sich nicht viel. Das wußte er auch.
Mit etwas steif wirkenden Schritten verließ er den Wohnraum. Er tappte durch den Flur, blieb an der Tür stehen und dachte darüber nach, ob er sie öffnen sollte oder besser durch einen Hinterausgang ging.
Nein, das war nicht nötig.
Es regnete noch immer. Die Wolken hingen tief. Straßenlaternen warfen ihren Schein auf die nasse Straße. Der vom
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