0932 - Grausame Zeit
bestimmten Zeitpunkten ausgeworfen werden, nehme ich jedenfalls an. Ich kam ihnen sehr gelegen, denn Buzea hat schon immer auf der dunklen Seite des Lebens gestanden. Seine Satansfaseleien haben sicherlich einen Background. Zumindest ich bin davon überzeugt, ebenso meine Vorgesetzten.« Er grinste schief. »Sonst hätten sie ja nicht mich mit dem Fall betreut.«
»Was weiß man darüber?« fragte ich, als ich eine Scheibe Wurst auf ein Brötchen legte.
»Einiges und nichts.«
»Das ist zu wenig.«
»Stimmt. Er hat den Kindern ja nichts getan. Er hat sie nur weggeschafft und sich seine Höhle gebaut. Kerzen, Knochenschädel, Symbole auf den Boden gemalt, auch mit Blut…«
»Das hast du gesehen?«
Harry wartete, bis ich den Mund leer hatte. »Ich habe es nicht in natura gesehen, sondern kenne es nur von Fotos. Aber die waren schaurig genug. Sie lagen bei den Akten.«
»Hast du sie bei dir?«
»Nein, ich konnte sie nur einsehen.«
Ich aß, überlegte, und es fiel mir eine nächste Frage ein. »Wie sieht dieser Buzea aus?«
»Ein Bild von ihm besitze ich nicht, aber ich kann ihn dir beschreiben.«
»Tu das.«
Während ich zuhörte und aß, entstand das Bild eines kräftigen Mannes vor meinem geistigen Auge. Kurzes Haar, ein normales Gesicht, aber sehr kalte Augen. Er hatte keine besonderen Kennzeichen wie eine Narbe oder ein ähnliches Mal.
»Bist du jetzt zufrieden, John?«
»Im Prinzip schon«, gab ich ihm recht, »aber da wäre noch etwas zu beachten. Dieser Mann ist relativ unscheinbar, trotz seiner Gefährlichkeit. Es wird schwer werden, ihn zu finden.«
»Da gebe ich dir recht.«
»Hast du dir schon ausgedacht oder darüber nachgedacht, wie wir es anstellen können?«
Stahl ließ sein Besteck sinken, tupfte sich den Mund ab und strich dann über seinen Kopf. »Das habe ich schon. Ich möchte dort anfangen, wo auch er gewesen ist. Wo es begonnen hat. In dieser Höhle eben.«
»Was bringt es?«
»Vielleicht nichts, John, aber es gibt da das Sprichwort, daß es den Täter immer wieder an den Ort der Tat zurückzieht.« Er wurde etwas lauter, als er meinen skeptischen Blick sah. »Ich weiß auch, daß es nicht optimal ist, aber hast du einen besseren Vorschlag?«
»Wie wäre es mit einer Fahndung?«
Harry winkte ab. »Das hat die örtliche Polizei bereits in die Wege geleitet. Es ist nichts dabei herausgekommen. Er hat zwei Tote hinterlassen, ist aber selbst untergetaucht. Acht Jahre, John, hat er Zeit gehabt, sich einen Plan zurechtzulegen. Er wird alles genau durchdacht haben. Wir dagegen müssen ihm hinterherlaufen.«
»Das befürchte ich auch.« Grübelnd blieb ich sitzen, bis mir etwas einfiel. »Wie gut sind deine Beziehungen oder Drähte zu deinem Hauptquartier?«
»Normal. Wieso?«
»Ich denke da etwas anders, Harry. Wie du schon sagtest, er hat Zeit genug gehabt, sich einen Plan auszudenken, und ich befürchte, daß er dort weitermachen wird, wo er aufhörte. Er wird dem Satan weiterhin dienen, und er wird sich, so schlimm es auch ist, neue Kinder holen. Da könnten wir einhaken, denke ich. Kinder kann man nicht so einfach stehlen wie einen Apfel vom Obststand. Sie werden vermißt, wenn sie zu einer bestimmten Zeit nicht zu Hause sind. Darin sehe ich unsere Chance. Wir müssen auf jeden Fall sofort Bescheid bekommen, wenn irgendwelche Kinder verschwunden sind. Die Eltern werden das ja melden, und dann sollen sich die Polizeistellen an deine Zentrale wenden, die dich anschließend informiert. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«
Stahl dachte darüber nach. Nach einer Weile lächelte er. »Eine gute Idee«, gab er zu.
»Finde ich auch.«
»Und was machen wir solange?«
»Liegen auf der Lauer.«
»Hast du denn Zeit?«
»Dafür immer«, erwiderte ich. »Freund Suko hält in London die Stellung. Ich kann mich um diese Dinge hier kümmern, bis wir den Fall gelöst haben.«
Harry war einverstanden. »Ich rufe jetzt sofort an.« Er holte sein Handy hervor.
Es ist zwar eine Unsitte, aus einem Lokal heraus zu telefonieren, doch bei uns handelte es sich um einen Notfall. Da mußten wir schon über den eigenen Schatten springen. »Und frage auch, ob es irgendwelche Vorfälle gegeben hat, die einfach nicht in das- normale Schema hineinpassen, abgesehen von den beiden Morden.«
»Keine Sorge, das klappt.«
Seinen Optimismus teilte ich nicht. Dieser Alfons Buzea war nicht nur seelisch gestört, er war auch intelligent und raffiniert. Er hatte auch Zeit genug gehabt, seine Pläne bis
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