0933 - Der erste Erbfolger
Stadtbild geprägt gewesen von eigentümlichen, geschwungenen Gebäudekonstruktionen, Türmen, Spiralen und frei schwebenden Kugeln. Er hatte gewaltige, alles überspannende Hochstraßen gesehen. Von Ansu Tanaar hatte er erfahren, dass die alte lemurische Zivilisation Magie beherrschte hatte und mit ihr ganze Milchstraßensysteme.
Davon war hier und jetzt noch nichts zu erkennen. Gut, dank der Dhyarras verfügten die Menschen über Magie, aber von einer galaktischen Macht konnte keine Rede sein. Auch die Häuser wirkten noch nicht so ausgereift. Das alles wunderte Zamorra aber nicht, schließlich war er in einem Lemuria gelandet, dessen Stand noch einmal Zehntausende von Jahren vor dem lag, das er schon flüchtig kannte.
Womöglich würde es zum Aufschwung erst kommen, wenn die noch nicht einmal erschaffene Erbfolge in etwa 15.000 Jahren auf die Seite des Guten wechseln sollte.
Mit Gewalt musste Zamorra sich von dem Anblick losreißen. Er verschwendete zu viel Zeit mit Grübeleien und Erinnerungen! Wer wusste schon, wie viel Zeit ihm in seinem Leihkörper blieb. Die musste er endlich nutzen.
»Schaffen wir es bis zum Sonnenaufgang zu den Höhlen?«
Invo blickte in den Himmel und wiegte den Kopf hin und her. »Könnte knapp werden! Wir müssen uns beeilen!«
Zamorra ließ dem goldenen Priester unauffällig den Vortritt, denn entweder hatte Jurg nie gewusst, wo die Ramesch-Höhlen lagen oder die entsprechende Information war aus seinem Gehirn bereits gelöscht. Sie marschierten eine gute Stunde durch breite Straßen, verwinkelte Gassen, an ausgedehnten Wäldern oder mit Häusern zugepflasterten Wohngegenden vorbei. Der Professor fragte sich, ob es keinen schnelleren - zum Beispiel magischen - Weg gab, ans Ziel zu kommen. Dennoch schwieg er. Er vertraute darauf, dass Invo wusste, was er tat. Schließlich wollte er die Höhlen auch so rasch wie möglich erreichen.
Endlich kamen sie an den Stadtrand. Schon von Weitem erkannte Zamorra einen Wald, dessen Bäume dicht an dicht in unabschätzbare Höhen wuchsen. Mit jedem Schritt, den sie sich näherten, wurde ihm klarer, dass es sich bei den Ramesch-Höhlen wohl nicht um Aussparungen im Fels handelte, sondern um etwas ungleich Bizarreres.
Die Bäume erinnerten den Professor an Tannen. Oder besser gesagt an die knorrigen, riesigen Verwandten davon, denn die Stämme erreichten die Dicke und die Höhe von Mammutbäumen. Die weit ausladenden, dicht mit Nadeln bewachsenen Zweige reichten bis zum Boden und verhinderten jedes Durchkommen. Überhaupt nicht ins Bild passten die unterarmlangen Zapfen, die einen grünlichen Schimmer aussandten und den Wald dadurch in ein gespenstisches Leuchten versetzten.
Vergeblich kramte Zamorra in Jurgs Erinnerungen nach Informationen über diesen beeindruckenden Anblick. »Mir verschlägt es jedes Mal die Sprache, wenn ich diesen Wald sehe«, sagte er deshalb in der Hoffnung, Invo zum Plaudern zu bewegen, ohne dabei seine eigene Unkenntnis offenbaren zu müssen.
»Wir sollten uns beeilen! Die Ramesch-Zapfen erlöschen, wenn die Sonne aufgeht. Dann müssten wir uns mit den Gedankensteinen den Weg erhellen. Da könnten wir auch gleich ganz laut rufen: Achtung, wir kommen!«
Invo führte sie zu einer Stelle, an der bei den Bäumen nur einseitig Äste wuchsen. Ob der dadurch entstandene Gang von Lemurern erschaffen oder natürlichen Ursprungs war, konnte Zamorra nicht sagen.
Der Meister des Übersinnlichen folgte dem Goldhäutigen. Manchmal blieben sie an Abzweigungen oder Gabelungen stehen. Dann schien Invo für einen Augenblick zu überlegen, bis er sich für eine Richtung entschied. Ein wahres Labyrinth zog sich zwischen den Bäumen dahin.
»Woher weißt du, wohin wir müssen?«, hauchte Zamorra.
Invo Tanaar blieb so abrupt stehen, dass der Professor ihm beinahe gegen den Rücken gelaufen wäre. »Was soll diese Frage denn bedeuten? Der einzige Ort, an dem ein Ritual durchgeführt werden kann, ist die Zeremonienhöhle. Den Weg dorthin kennst du, seit du fünf Jahre alt bist!«
Tja , dachte Zamorra, nur hat ihn mein sich zersetzendes Gehirn wohl inzwischen vergessen.
»Seit deiner Verletzung benimmst du dich hin und wieder sehr sonderbar, Jurg. Dann glaube ich beinahe, jemand anderen vor mir zu haben. Bist du dir wirklich sicher, dass du dich dem Kampf stellen willst?«
»Ich muss!« Aber nicht kämpfen, sondern lernen.
Invo betrachtete ihn für einige Sekunden wortlos, dann stapfte er weiter.
Zamorra fluchte in sich hinein. Er
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