0933 - Der erste Erbfolger
Panik verschwand, dafür huschte ein wahnsinniges Grinsen über seine Lippen. »Ein Gedankenkristall! Den Göttern sei Dank. Bleib stehen!«
»Lass uns dir doch helfen! Bitte!« Noch ein Schritt.
Und plötzlich stand seine Haut in Flammen! Zumindest fühlte es sich so an. Als würden Milliarden von Ameisen ihre winzigen Zigaretten darauf ausdrücken.
Innerhalb eines Augenblicks wusste Dylan, was mit ihm geschah. Zamorra setzte den Dhyarra ein. Gegen ihn! Was für ein Wahnsinn!
Gerade als er ernsthaft in Erwägung zog, seinerseits nun selbst in Panik zu verfallen, erloschen die Schmerzen. So, als wäre nie etwas geschehen.
Dafür stieß Zamorra einen schrillen Schrei aus und ließ den Sternenstein fallen, als hätte er sich die Finger daran verbrannt. Der Kristall purzelte ihm in den Schoß. Sein Schrei verebbte und ging in ein weinerliches Wimmern über. Ein Speichelfaden zog sich vom Mundwinkel bis auf das weiße Jackett.
Zamorra hatte den Verstand verloren! Ganz augenscheinlich.
»O Kacke«, hauchte Dylan.
Hatte der Dhyarra den Dämonenjäger geistig ausgebrannt? Aber wie hätte das möglich sein sollen? Schließlich besaß er doch das Para-Potenzial, um den Sternenstein achter Ordnung zu verwenden, und hatte es auch schon oft genug getan!
»Das ist nicht Zamorra!«, sagte in diesem Augenblick Uschi Peters. Oder war es Monica? »Der Notarzt wird nicht nötig sein, William.«
»Wie Sie meinen«, entgegnete der Butler.
»Kein Arzt der Welt könnte ihm mehr helfen. Wer auch immer er sein mag.«
»Wie meinst du das, Moni?«, fragte Anka. »Wenn es nicht Zamorra ist, wer ist es dann?«
Monica Peters schaute auf den Körper des Professors hinab und legte den Kopf leicht schief. »Sein Name ist Jurg. Mehr ist in ihm nicht zu erkennen. Offenbar war er grundsätzlich mit der Funktion eines Dhyarras vertraut…«
»… aber Zamorras Kristall war zu stark für ihn«, ergänzte Uschi. »Deshalb ist er ausgebrannt.«
Dylan ließ sich auf einen Stuhl sinken und rieb sich die Arme, obwohl von dem Angriff des Sternensteins nichts mehr zu spüren war. »Na, herzlichen Glückwunsch! Heißt das, statt Zamorra steckt nun ein Wahnsinniger in seinem Körper, dessen IQ sich irgendwo zwischen dem eines Pantoffeltierchens und dem einer Haferflocke bewegt?«
Niemand gab eine Antwort.
»Ich deute das als ein Ja . Und was machen wir jetzt? Was ist, wenn Zamorras Seele zurückkommt und einen besetzten Körper vorfindet? Wir brauchen dringend Hilfe! Aber von wem?«
Uschi und Monica tauschten einen geheimnisvollen Blick. Dann verdrehten sie leicht die Augen, als wären sie zu einer unhörbaren Übereinkunft gekommen, die ihnen selbst nicht passte. Sie nickten sich zu.
Ohne ein weiteres Wort ging eine der beiden Schwestern - Dylan konnte wie immer nicht sagen, welche - zum Visofon und wählte eine Nummer, die in keinem Telefonbuch der Welt verzeichnet war.
***
Das Licht blendete Zamorra. Er wollte die Augen schließen, doch die Lider gehorchten ihm nicht.
Was war los mit ihm?
Nach einigen Sekunden hatte er sich an die Helligkeit gewöhnt und konnte endlich etwas von seiner Umgebung erkennen. Wo auch immer er sich befand, es handelte sich nicht um Château Montagne.
Er stand am Fenster eines Hauses und sah hinaus. Unter ihm erstreckte sich eine gewaltige Stadt, die er wegen der vorherrschenden Farbe Weiß und der eigentümlichen Architektur ihrer Gebäude sofort erkannte. Hysop! Immer noch! Aus der Tatsache, dass er auf den Häuserteppich hinabsah, schloss er, dass das Fenster zu einem Raum in den oberen Stockwerken eines Turms gehörte. Vom Lebensspender weit über der Stadt konnte er nichts erkennen, aber eine der drei Streben, die diesen gigantischen Dhyarra-Kristall hielten, wuchs am Horizont in die Höhe. Am Himmel stand eine grelle Sonne. Ihr Licht, noch verstärkt vom Weiß der Häuser, schmerzte Zamorra in den Augen.
Was war geschehen? Warum war er nicht in seiner Zeit gelandet? Hätte er nach dem Tod von Jurgs Körper nicht in die Gegenwart wechseln müssen? Zumindest hatte Merlins Inkarnation das behauptet. Offenbar hatte sie sich geirrt, denn der Meister des Übersinnlichen steckte noch immer in der lemurischen Vergangenheit.
So weit, so ungut.
Aber wo genau war er? Wie war er hierher gekommen? Oder war Jurg nicht gestorben, sondern hatte Lucifuges Attacke überlebt, sodass er, Zamorra, noch immer in ihm gefangen war? Nein, völlig unmöglich!
Dem Meister des Übersinnlichen stockte der Atem! War dies die
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