0933 - Die Horror-Mühle
sie…
Derartige Bemerkungen kannte und haßte Helga. Sie war von ihnen tief getroffen worden, früher schlimmer als heute, aber heute sah sie darüber hinweg.
Helga verließ das Haus. Der Sonnenschein, die warme noch frische Luft, weil eben ein kühler Wind über die Alb wehte, taten ihr gut.
Diese Umgebung machte zwar nicht nüchtern, aber Helga fühlte sich innerlich besser, und sie war sicher, daß sie es bis zum Rummel schaffte, wo ihre beiden Kinder herumtollten.
Den Weg kannte sie. Helga Stolze war hier aufgewachsen, und auch ihr Mann - ein Rheinländer - hatte sich damals überreden lassen, in den Ort zu ziehen.
Das war vorbei.
Er war weg, und sie ging durch die schmalen Straßen, wobei sie sich auf den Gehsteigen hielt. Zudem nahe der Hauswände, denn es konnte immer sein, daß sie einen Halt brauchte. Sie wußte es aus Erfahrung, denn oft genug war sie durch den Ort gestolpert und hatte Glück gehabt, daß sie auf den Beinen geblieben war.
Der Weg führte sie dem Lärm entgegen. Die Geräusche des Rummels waren zu hören. Menschen umgaben sie, manche grüßten auch, aber Helga schaute nicht richtig hin. Vielleicht konnte sie es auch nicht, denn vor ihren Augen lag hin und wieder ein Schleier.
Sie mußte zu ihren Kindern - unbedingt! Und plötzlich hatte sie Angst um die beiden. Angst, wie sie nur eine Mutter empfinden konnte.
Würde sie das wieder werden? War sie bereits auf dem richtigen Weg?
Das hoffte sie mit allem, was ihr zur Verfügung stand…
***
Alfons Buzea leckte seine Lippen. Dabei lächelte er. Ein Zeichen, daß er sich gut fühlte. Es war nicht nur bei einem Bier geblieben. An einem anderen Stand hatte er ein zweites zu sich genommen und noch eine Laugenbrezel gegessen.
Dann hatte er den Stand verlassen, war weiter über den Rummel geschlendert, hatte zehn Lose gekauft und eine Packung Kaugummi gewonnen. Einen Bekannten hatte er nicht gesehen, was er als positiv ansah, denn so war er auch nicht entdeckt worden. Er konnte sich auf dem Rummel also frei und locker bewegen.
An einer Schießbude legte er ebenfalls einen Stopp ein. Das junge Mädchen mit den schwarzen Jeans und dem hautengen T-Shirt lächelte ihm zu. Durch die Ohrläppchen waren zwei Ringe gezogen worden, die bei jeder Bewegung schaukelten.
Buzea starrte auf die Brüste der jungen Frau, die sich deutlich unter dem engen Oberteil abzeichneten, und seine Hände zitterten plötzlich. Hätte er jetzt geschossen, dann hätte er alles andere getroffen, nur nicht das anvisierte Ziel.
»Willst du nun schießen oder nicht?«
»Ich lasse es sein.«
»Wie du willst.«
Buzea drehte sich gemächlich um und ging weiter. Jetzt machte er sich Vorwürfe, daß er mit dieser Frau gesprochen hatte. Er hätte es bleiben lassen sollen, aber sein Schweigen wäre auch aufgefallen. Er schlug einen Bogen und näherte sich dem Auto-Scooter von der anderen Seite.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, daß er sich beeilen mußte. Er hatte zuviel Zeit vertrödelt. Das Geld war von den beiden sicherlich abgefahren worden. Vor Zorn lief sein Gesicht rot an. Er wollte sich auf der anderen Seite des großen Fahrvierecks hinstellen und schauen, ob die beiden noch in einem Wagen saßen.
Wieder stützte er sich an einem Pfeiler ab. Seine Blicke suchten die Autos ab. Er wurde wütend, weil die Fahrer ihre Autos zu schnell bewegten und er sich nie länger auf ein bestimmtes konzentrieren konnte.
Er sah die beiden nicht.
Klar, die Zeit war vergangen.
Seine rechte Hand öffnete sich, und er klemmte die Finger hart um den Pfosten. Eine harte Kante schnitt in seine Haut, was ihn aber nicht störte.
Er knirschte wieder mit den Zähnen. Aus seiner Kehle drang dabei ein Röcheln. Der Blick war starr nach vorn gerichtet, und er bewegte suchend den Kopf.
Dann sah er sie!
Silvia und Jens saßen nicht mehr in dem Auto-Scooter, sondern standen am Rand und unterhielten sich mit anderen Kindern.
Besonders gut schienen sie sich mit denen nicht zu verstehen. Selbst aus der Distanz war für Buzea zu erkennen, daß so etwas wie Gewalt in der Luft lag.
Ein anderes Mädchen knuffte Silvia, die daraufhin ins Taumeln geriet, aber von ihrem Bruder gehalten wurde, bevor sie nach vom abrutschen konnte.
Buzea mochte die anderen Kinder nicht. Am liebsten wäre er hingelaufen und hätte dazwischengeschlagen. Aber die Szene entspannte sich wieder, denn die Geschwister zogen sich zurück.
Plötzlich geriet Bewegung in den Schwerverbrecher. Die Gelegenheit war günstig, um
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