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0935 - Tochter der Dunkelheit

0935 - Tochter der Dunkelheit

Titel: 0935 - Tochter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.H. Rückert
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im Selbstgespräch, während er sich auf einen der drei Stühle setzte, die am Tisch seines Zauberzimmers standen. Er wollte das Vertrauen, das Seanzaara in ihn setzte, nicht enttäuschen und sich wieder der Erforschung des magischen Artefakts kümmern.
    Die Seelen-Träne besaß eine andere Form, als die, die man von einer Träne oder einem Tropfen eigentlich gewohnt war. Sie sah eher wie ein kopfgroßer, abgerundeter Würfel aus, der hellblau schimmerte. Die Oberfläche des Würfels war weich und fühlte sich warm an.
    Und immer, wenn er eine Seelen-Träne in der Hand hielt, durchfuhr es Luc wie ein schwacher Stromstoß. Gerade so, als würde tatsächlich eine Seele drin wohnen und wollte auf sich aufmerksam machen.
    Avenge tat diese Idee nicht ins Reich der Einbildung ab. Schließlich war er selbst aus dem Reich der Toten zurückgekehrt. Nur hatte er keinerlei Erinnerung daran, was mit ihm geschehen war. Das Letzte, was er aus seinem ehemaligen Leben als Kerr wusste, war, wie ihn Gwaiyur getroffen hatte. Dann war er nach einem endlos langen Schlaf im Körper des kurz zuvor erschossenen Reeders Luc Avenge im Kühlfach des pathologischen Instituts erwacht. Mit stärkeren Silbermond-Druidenkräften als je zuvor. Unverzüglich sorgte er dafür, dass sich der Mafia-Killer, der den Original-Avenge in aller Öffentlichkeit hingerichtet hatte, noch am gleichen Tag der Polizei stellte. Zur gleichen Zeit war Avenge auch schon aus dem Kühlfach verschwunden.
    Es galt als ein Wunder, dass er noch - oder besser gesagt: wieder - lebte. Er besaß nun einen gültigen Ausweis und das Vermögen des Reeders. Seine Chance ein zweites Leben zu führen, wollte er nicht leichtsinnig vertun.
    Luc versetzte sich in Trance. Seine Hände formten einen Halbkreis um die Träne herum. Sie schimmerte zuerst in einem matten Hellblau, dann strahlte sie richtiggehend aus sich heraus.
    »Haak N'ell, quo saran…« Zuerst mit brüchiger Stimme, dann mit jedem Wort lauter und kehliger werdend, zitierte Avenge in k'oandarischer Sprache den uralten Zauberspruch, der Seelen binden sollte. Auch das hatte ihm Seanzaara beigebracht.
    »… al oahn… ay arrahm…«
    Die Seelen-Träne stieg vom Tisch empor, bis sie sich auf Gesichtshöhe mit dem Silbermond-Druiden befand. Aus ihrem Inneren ertönte ein kaum hörbares Summen. Leichter grünlicher Nebel erschien aus dem Nirgendwo und umspielte Avenge und sein Forschungsobjekt. Der Druide war tief in seiner Trance versunken, doch er machte keine Fehler, denn die Beschwörungen liefen nach einem bestimmten Muster ab.
    »Choar… chahgamn… quo N'ell…«
    Avenge näherte beide Hände einander an, gleichzeitig dehnte sich die Seelen-Träne aus, bis sie seine Haut berührte. Obwohl er die Augen geöffnet hielt, nahm er nichts von seiner Umwelt wahr. Fast schien es, als würden der Druide und die Träne eine Einheit bilden, die durch nichts zu stören war.
    Längst schon hatte er das Atmen fast eingestellt. Er hatte seine Körperfunktionen herabgesetzt, sodass das Herz nur noch zweimal in der Minute schlug. Avenges Haut nahm einen Stich ins Blaue an, der Farbton unterschied sich nicht von dem der Seelen-Träne.
    Die tiefe Konzentration verhinderte, dass Luc Avenge etwas außerhalb seiner Trance bemerkte. Hätte er sich im Wachzustand befunden, wäre ihm die Veränderung innerhalb seines Zauberzimmers unverzüglich aufgefallen. So dauerte es eine Weile, bis er unsanft geweckt wurde.
    Denn mit einem Mal waren da ein paar neugierig blickende rote Augen, die deutlich von dunkelbrauner Haut abstachen…
    ***
    Damals und heute
    »Kassandra ist weg und du bist daran schuld!« Carrie schrie Vassago nicht an - das hätte bei ihm sowieso nichts gebracht -, aber in ihrer Stimme lag so viel Verachtung wie noch nie zuvor. Sie tastete nach einer Sitzgelegenheit, fand aber keine, sodass sie langsam wieder auf die Knie sank.
    »Sie wird wiederkommen«, brummte der Dämon. »Für sie ist die Hölle zu klein.«
    »Was soll der Blödsinn bedeuten?«, fragte die Kalifornierin, drehte den Kopf in seine Richtung und hob beide Augenbrauen. Ihre leeren Augenhöhlen sahen dabei abstoßend aus.
    »In diesem Punkt ist sie genau wie ihre Mutter«, antwortete der dritte Geist der höllischen Heerscharen. »Die wollte auch immer mehr, als ihr zustand.«
    Getroffen! Versenkt! Dieser Punkt ging an Vassago. Carrie wusste genau, was ihr Herr und Meister damit aussagen wollte, und das Schlimme für sie war, dass sie ihm keine Widerrede leisten

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