0935 - Tochter der Dunkelheit
mittlerweile wieder, sich nach anderen Frauen umzusehen, obwohl er wusste, dass kaum eine von ihnen Nicole das Wasser reichen könnte.
In den letzten Monaten hatte er dafür anderen Besuch auf Château Montagne gehabt, wie Dylan McMour, einen Mann, dessen Lieblingsworte »O Kacke« waren oder Anka Crentz, die Freundin des Erbfolgers Rhett Saris ap Llewellyn. Dennoch fühlte Zamorra sich in dem großen Schloss oft allein.
»Das tut mir von Herzen leid«, sagte der alte Gelehrte. »Aber wieso sehen Sie um keinen Tag älter aus als vor 30 Jahren? Ich würde ja verstehen, wenn Ihr eigener Sohn so aussehen würde, aber Sie?«
Zamorra verstand seinen Kollegen, aber sollte er ihm wirklich von ihren Erlebnissen erzählen? Von Begebenheiten mit Höllenwesen und außerirdischen Gegnern? Gut, Kapnin hatte die Ereignisse um Stenka Badzak miterlebt und wusste allein dadurch, dass weit mehr auf der Welt existierte als das, was einem im Studium beigebracht wurde. Zamorra entschied sich trotzdem dagegen, dem Professor alles zu erzählen. So sehr er sich darüber freute, dass er den Russen wiedersah, so widerstrebte es ihm doch, über die damaligen Ereignisse zu reden.
»Diese Art der Langlebigkeit habe ich bei einem Abenteuer erlangt, das so ähnlich verlief wie unser Kampf gegen den Satansdiener«, erklärte er deshalb kurz angebunden.
»Das ist fantastisch«, schwärmte Kapnin.
»Es ist oft mehr Unfreiheit und Bürde als eine Auszeichnung«, erklärte Zamorra. »Der Preis dafür ist hoch. Ich muss mein ganzes Leben der Bekämpfung solcher Bedrohungen widmen, wie Stenka Badzak eine war. Im Endeffekt habe ich vielleicht weniger Zeit für ein Privatleben, als es bei den meisten anderen Menschen der Fall ist. Und ich bin genauso durch Unfälle oder Attentate zu töten wie jeder andere Mensch.«
Nikolaj Kapnin hob beide Augenbrauen an, er hatte verstanden, was Zamorra mit den wenigen Worten ausdrücken wollte.
»Sie leben in ständiger Lebensgefahr? Ist das ist der Preis für Ihre Langlebigkeit?«
Zamorra nickte und fühlte sich mit einem Mal alt und ausgebrannt.
»Das ist der Preis«, bestätigte er die Vermutung. Weiter sagte er nichts, es hätte sich sonst angehört, als würde er sich darüber beklagen.
Professor Kapnin legte den Kopf in den Nacken und blickte seinem zwei Köpfe größeren Gegenüber in die Augen.
»Wissen Sie was, Herr Kollege? Mit Ihnen möchte ich nicht tauschen.«
***
D'Halas Seelen-Tränen waren manifestierte magische Energien gestorbener Zauberer des Planeten K'oandar. Sie waren für dessen entropische Zerstörung verantwortlich, die durch ein von der Hexe Seanzaara erbautes Mosaik aus leuchtenden Steinen aufgehalten wurde. Luc Avenge hatte Seelen-Tränen vor acht Jahren bei seinem ersten Aufenthalt auf K'oandar kennengelernt.
Bei seinem letzten Besuch hatte ihm Seanzaara eine Seelen-Träne überreicht.
»Du besitzt eine andere Magie als ich. Eine Magie, die tief auf die Träne einwirkt«, hatte sie gesagt. »Vielleicht kannst du auf der Erde mehr herausfinden als ich hier. Möglicherweise erzielst du auf deiner Heimatwelt schnellere Erfolge.«
Avenge hatte die Träne im Keller des Hauses aufbewahrt, das er vor Jahren im Dorf unterhalb von Château Montagne gekauft hatte. Das Haus am Dorfrand, einige hundert Meter von den anderen Häusern entfernt stehend und einer von Avenges drei Rückzugsorten, war mittlerweile renoviert worden. Zamorra wusste noch nichts davon, dass Avenge sich wieder in seiner Nähe befand, er hätte sich aber darüber gefreut, den ehemaligen Mitstreiter nach mehr als sechs Jahren Abwesenheit wieder zu sehen. Doch der Meister des Übersinnlichen hatte derzeit andere Probleme. Die Bewohner des kleinen Dorfes wussten mittlerweile, dass Nicole Duval eine Auszeit genommen hatte und aus dem Schloss ausgezogen war, und Mostache, der Wirt der besten - weil einzigen - Kneipe des Dorfes, hatte Avenge beim letzten Besuch einiges erzählt.
Luc beschloss, dass ihn Duvals und Zamorras Partnerschaftsprobleme nichts angingen. Er wollte sich lieber um die k'oandarische Seelen-Träne kümmern. Er hatte schon einige Sitzungen hinter sich, bei denen er versucht hatte, hinter das Geheimnis der entropischen Zerstörungen zu kommen und diese nach Möglichkeit sehr früh zu stören oder in positive Energien umzuwandeln. Da ihn die Sitzungen schon nach kurzer Zeit alle Kraft gekostet hatten, war er noch nicht so weit gekommen, wie er vorher erhofft hatte.
»Aber das kommt noch«, murmelte er
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