0937 - Die Rückkehr des Amuletts
Bürgermeisters ließ nicht lange auf sich warten. Rossi meldete sich erneut. »Ihr verdammten Scheißer«, tobte er aufgebracht. »Ich habe gerade die Nachrichten gehört. So 'n Scheißpolitiker hat erzählt, dass sich die Regierung nicht erpressen lässt. Gar nichts machen die. Du hast mich angelogen, Bulle.«
Der Brigadegeneral schluckte kurz. »Beruhigen Sie sich, Monsieur. Das war der Bürgermeister von Marseille und der hat gar keine Berechtigung, so etwas zu sagen. Er ist hier auch nicht eingebunden und weiß nicht, was vorgeht. Er hat sich nur produziert, wie die Politiker eben so sind. Aber das wissen wir ja beide. Es gilt, was ich Ihnen gesagt habe.«
»Ein Scheiß gilt!« Die Stimme Rossis überschlug sich fast. »Ihr versucht uns zu verarschen. Ihr nehmt uns nicht ernst. Aber nicht mit mir. Ich zeig euch jetzt mal, wo's lang geht. Was jetzt passiert, geht ganz allein auf euer Konto. Jetzt ist die erste Geisel dran. Lasst euren Hubschrauber ruhig weiter da oben fliegen und filmen. Kann ruhig sogar noch näher kommen. Dann habt ihr einen Platz in der ersten Reihe.« Er schaltete ab.
Robin wurde bleich. Es lief ihm eiskalt über den Rücken. Saez versuchte verzweifelt, die Verbindung wieder herzustellen. Es klappte nicht, Rossi ging nicht mehr ran. Der Einsatzleiter blieb beherrscht, er ballte lediglich die Fäuste. »Ich hoffe nur, dass er blufft«, murmelte er.
»Bluffen gehört nicht gerade zu den hervorstechendsten Eigenschaften des Kerls. Was er androht, macht er gewöhnlich auch.«
»Dann gnade uns Gott. Ich rufe jetzt erst mal den Innenminister an, dass er diesen publicitysüchtigen Idioten von Bürgermeister zurückpfeift.« Saez telefonierte.
»Da«, sagte Robin nach etwa zwei Minuten und deutete auf den Monitor mit den Hubschrauberbildern, um den sich alle versammelt hatten. Ihnen stockte der Atem, dem Chefinspektor aber ganz besonders. Aber… aber das ist doch nicht möglich. Spinne ich jetzt komplett? Vor lauter Nervosität biss Robin fast das Mundstück seiner Pfeife ab.
***
Hochseefähre Danielle Casanova
Zäh rannen die Minuten dahin. Rhett saß neben seiner Mutter auf dem Boden. Alle Passagiere, die keinen Sessel mehr gefunden hatten, mussten dort sitzen. So hatten die drei Gangster, die sie bewachten, den besseren Überblick. Der junge Llewellyn musterte die Männer immer wieder angstvoll. Dabei fokussierte sich seine Angst immer mehr darauf, das er durch die Entführung nun das geheimnisvolle Ereignis verpassen würde, das sie überhaupt erst auf dieses Schiff getrieben hatte. Und ausgerechnet diese Fähre mussten die Gangster kidnappen!
Was ist, wenn es nun tatsächlich nicht klappt? Wird dann vielleicht ein wichtiger Teil meiner Erbfolgermagie nicht aktiviert? Dann kann ich ja gleich einpacken.
Rhett sah, dass seine Mutter ähnliche Gedanken plagten. Er hätte gerne mit ihr darüber gesprochen, aber Sprechen war ihnen untersagt. Nicht einmal miteinander zu flüstern wagten die Passagiere, seit die Gangster einen derartigen Versuch mit brutalen Kolbenhieben im Keim erstickt hatten. Der am Kopf blutende Mann durfte von seiner Frau lediglich mit Taschentüchern abgetupft werden, mehr ließen die Kerle nicht zu. Und so musste jeder selbst mit seiner Angst klarkommen, zumal niemand wusste, was passieren würde. Denn die Entführer hüllten sich nach wie vor in Schweigen.
Der junge Saris ap Llewellyn, wie sein kompletter Nachname lautete, spielte auch ein paar Mal mit dem Gedanken, die Gangster magisch auszuschalten. Aber das war viel zu riskant. Denn momentan konnte er sich höchstens auf einen konzentrieren. Das war schlecht, zumal er seine Magie ja nicht richtig beherrschte.
Rhett hatte die Knie angezogen und die Arme drum herum gelegt. Mit leicht gesenktem Kopf ließ er seine Blicke in die nähere Umgebung schweifen. Die Verkäuferin aus der Ladenpassage, mit der sie sich versteckt hatten, saß vornübergebeugt neben seiner Mutter und starrte auf den Boden. Der alte Mann links neben ihm, der immer wieder leise röchelte und sich hin und wieder ans Herz griff, stank unerträglich nach Angstschweiß. Die junge Frau, die ihm gegenübersaß, drehte immer wieder nervös den Kopf, um ihre Hals- und Schultermuskulatur zu lockern. Sie hätte am liebsten losgeschrien, das sah er ihr deutlich an. Der Ausdruck von panischer Angst in ihren Augen ließ kalte Wut auf die Entführer in ihm hoch steigen.
Dann fixierte er über das Meer der Köpfe hinweg kurz den Entführer, den er links von
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