0937 - Die Rückkehr des Amuletts
präsentieren.«
»Vielleicht die Chinesen?«, spottete Robin, obwohl ihm eigentlich gar nicht danach zumute war. »Die können doch neuerdings Schnee, Hagel, Regen und was weiß ich nicht alles machen, vielleicht ja auch Nebellöcher.« Er schüttelte erneut den Kopf und tippte sich dagegen. »Hm. Eines will mir hier nicht hinein. Sollte ich mich tatsächlich so in dem Kerl getäuscht haben? Kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Deswegen tendiere ich doch eher zu einem perfekten Doppelgänger. Vor allem, weil er sich so offen zeigt. Das grenzt ja fast an Selbstmord.«
»Vielleicht geht er aber auch davon aus, dass er sich irgendwohin absetzen wird, wo wir ihn nicht mehr erreichen können, auch wenn er sich diesbezüglich noch nicht geäußert hat. Iran zum Beispiel.«
»Der weiß ja nicht mal, wie man das schreibt.«
»Wir gehen im Moment davon aus, dass es Rossi ist. Deswegen werden Sie uns mit Rat und Tat zur Seite stehen, Chefinspektor. Verstanden?«
Robin seufzte. »Natürlich, mon generale .«
Das Telefon klingelte. Der Colonel griff so schnell wie ein zustoßender Adler danach, hörte zu und nickte ein paar Mal. Auch in die anderen Männer kam jetzt hektische Eile. Sie drückten auf ihren Konsolen herum. Saez richtete seine Aufmerksamkeit ebenfalls auf das Telefon. Der Colonel drehte sich um und hielt Saez den Hörer entgegen. » Mon generale , die Entführer melden sich gerade wieder. Sie drohen, eine Geisel zu erschießen, wenn sie nicht umgehend konkrete Zusagen auf ihre Forderungen bekommen.«
Saez nickte. »Geben Sie her.« Er nahm den Hörer und drückte den Lautsprecherknopf.
Der Anführer der Kidnapper meldete sich sofort. »Also, Bulle«, kam es aufgeregt aus dem Hörer. »Was ist jetzt mit dem Geld? Und den Terroristen?«
»Hören Sie, Mann«, erwiderte Saez ruhig. »Ich habe vor Kurzem die Zusage der Regierung bekommen, dass Ihre Forderungen erfüllt werden. Es gibt also keinen Grund für Sie, etwas zu überstürzen. Bleiben Sie ruhig und gelassen. Ein paar Stunden brauchen wir schon noch.«
»Das will ich euch auch geraten haben. Bis wann könnt ihr die Kohle überweisen?«
»Ich sagte doch gerade, das geht nicht so schnell.«
»Gut«, bellte Rossi weiter. »Aber beeilt euch. Heute Abend, pünktlich um neun Uhr, ist Deadline. Bis dahin ist das Geld auf dem Konto oder hier fliegt alles in die Luft. Wie angekündigt. Und sollte ich merken, dass ihr krumme Dinger dreht, beißt sofort die erste Geisel ins Gras. Die grünen Decksplanken sehen ja tatsächlich so aus.« Er lachte hässlich und unterbrach die Verbindung.
»Was geht hier bloß vor?«, murmelte Robin.
»Wie meinen Sie das?«
»Na ja, ich meine, warum will Rossi das Geld auf diese teheranische Bank überweisen? Soll uns das vorgaukeln, er sei islamischer Terrorist?« Der Chefinspektor kratzte sich an der Stirn. »Ich bleibe dabei, er ist keiner, jetzt erst recht. Sie erinnern sich, dass er gefragt hat, was mit den Terroristen sei. So redet doch keiner von eventuellen Gesinnungsgenossen. Hm. Ich kann mich ja täuschen. Aber er hat keine einzige der Redewendungen, die islamische Terroristen immer so gebrauchen, benutzt. Sie wissen, die üblichen pathetischen Floskeln, die Berufung auf den Heiligen Krieg und Ähnliches. Hat Rossi seiner Gruppe einen Kriegsnamen gegeben? Das machen doch Terroristen sonst auch immer.«
»Ja. Davon ist uns tatsächlich nichts bekannt.«
»Außerdem hat Rossi hauptsächlich vom Geld gesprochen. Die Befreiung der drei Araber scheint ihm völlig egal zu sein.«
Saez nickte. »Sie wurden mir als scharfer Denker und guter Beobachter angekündigt, Chefinspektor. Das scheint in der Tat so zu sein. Stimmt es, dass Sie eine Aufklärungsquote von nahezu neunzig Prozent haben?«
»Wenn Sie das sagen, wird's wohl stimmen. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir eine Pfeife anzünde? Wenn ja, darf ich dann wenigstens drauf herumkauen?«
»Machen Sie nur.«
»Anzünden oder kauen?«
»Anzünden.«
»Danke, mon generale .«
In den nächsten Minuten überschlugen sich die Ereignisse. Nun hatten auch die Medien Wind von der Entführung bekommen. Erste Berichte liefen im Fernsehen. Auch der Bürgermeister von Marseille wurde interviewt. Ein Schatten geisterte hinter ihm über die Wand.
Robins Augen wurden immer größer, er verschluckte sich fast an einem Zug. »Mon dieu« , stöhnte er in das kollektive Entsetzen des Krisenstabs hinein. »Ist der denn total bescheuert?«
Das Echo auf die Rede des
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