0937 - Planet der Ebenbilder
IVOR KRAIN landete vor sieben Stunden und ist vor einer halben Stunde wieder gestartet", berichtete der Medo-Techniker.
Naghor Tareschian erschrak darüber, daß er so lange bewußtlos gewesen war. Hoffentlich hatte ohne ihn alles geklappt. Das Gefühl, körperlich zu existieren, kehrte vollends zurück und mit ihm der Drang, seinen Pflichten als Koordinator nachzugehen.
Er setzte sich auf, bekämpfte erfolgreich das einsetzende Schwindelgefühl und sagte: „Hilf mir herunter! Und berichte weiter! Was hat das Schiff alles gebracht? Hoffentlich die angemahnten letzten Bauteile für den Fusionsreaktor."
Während der Medo-Techniker ihn von dem Bett hob und auf die Füße stellte, sagte er: „Die Bauteile sind da, Koordinator. Außerdem hat man uns siebzehn neue Leute geschickt." Er fluchte, dann erklärte er: „Zusammengekratztes Gesindel, das keine Ahnung von der Arbeit in den Minen hat."
Tareschian fühlte Zorn auf die Verantwortlichen auf Terra in sich aufsteigen. Sie verlangten immer mehr Triwalgonium, aber wenn es darum ging, qualifiziertes Personal für die Minen zu schicken, dann ließen sie ihn im Stich.
„Ich will mir die Leute anschauen!" erklärte er.
„Sie befinden sich bereits in den Minen", erwiderte der Medo-Techniker. „Wir konnten ihnen keine Schonzeit geben."
Naghor Tareschian grinste.
„Das weiß ich selber, du Idiot!" sagte er gutmütig. „Ich will die Personalunterlagen sehen!"
Mit der Unterstützung des Medo-Technikers ging er auf steifen Beinen und fast gefühllosen Füßen quer durch das Zimmer der Medostation, durch den angrenzenden Flur und in den kleinen, mit Elektronik vollgestopften Raum der Personal-Registratur.
Er war schweißüberströmt, als er sich endlich in den Sessel vor dem Bildschirm der Registratur setzen konnte. Vor seinen Augen drehte sich alles. Er biß die Zähne zusammen und streckte die Hände aus. Aber die dicken Verbände sagten ihm, daß er vorläufig keine manuelle Arbeit durchführen konnte.
„Lassen Sie die Personaldaten der Neuen durchlaufen!" befahl er dem Medo-Techniker.
Der Mann gehorchte schweigend.
Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht des ersten Neuen. Darunter waren die Daten zu lesen, das Dokument eines Schicksals, wie es Milliarden Menschen während und nach der Konzilsherrschaft durchgemacht hatten, das Schicksal eines versklavten, geschundenen, verwahrlosten und mehrfach deportierten Menschen, der sich nach dem Ende der Konzilsherrschaft nicht zurechtgefunden hatte und schließlich amtlich geleitet worden war - zu einem Schicksal, das ihm nicht viel anders vorkommen mochte als das eines Sklaven.
„Warum schickt man uns keine Freiwilligen!" schimpfte er wütend.
Die Bilder und Daten der übrigen Neuen liefen durch. Zwei von ihnen hatten sich tatsächlich freiwillig zur Arbeit nach Eispanzer gemeldet. Das war so ungewöhnlich, daß er sich näher mit ihnen befaßte.
Die Namen und Daten besagten Tareschian nichts. Xarl Ektral und Silper Thule hießen sie, und größere Gegensätze als die beiden Freiwilligen konnte es kaum geben. Xarl Ektral war ein alter Mann, schmächtig, gebeugt, weißhaarig, faltiges Gesicht und müde, irgendwie gehetzt wirkende Augen. Silper Thule dagegen strotzte vor Kraft.
Er war ein richtiger Bulle von einem Mann. Aber seine Augen verrieten die Stumpfheit seines Geistes. Er war nichts weiter als ein schwarzbehaarter Affe.
Plötzlich durchfuhr es Tareschian wie ein Stich.
Irgendwie kommen mir die beiden Freiwilligen bekannt vor!
Er studierte abermals die Daten, aber sie sagten ihm nichts. Es war kaum möglich, daß er die beiden Männer irgendwo einmal getroffen hatte, denn dort, wo sie in ihrem Leben gewesen waren, hatte er niemals seinen Fuß hingesetzt.
Es sei denn, die Daten sind gefälscht!
Plötzlich fiel es Naghor Tareschian wie Schuppen von den Augen - und zugleich wurde es ihm heiß.
„Die Steckbriefe!" stieß er keuchend hervor. „Lassen Sie die Steckbriefe durchlaufen!"
„Aber das dauert, Koordinator", wandte der Medo-Techniker ein. „Es sind Steckbriefe von zirka zweihunderttausend Leuten gespeichert."
„Unsinn!" erwiderte Tareschian. „Ich meine die Steckbriefe der Spitzenverbrecher!"
Wenige Minuten später fixierte der Medo-Techniker auf dem Hauptund einem Nebenschirm die Abbildungen und Daten von zwei Männern, die bis auf geringfügige Abweichungen der Frisuren den beiden Freiwilligen Xarl Ektral und Silper Thule glichen. Nur hießen sie im Steckbrief anders, nämlich Körn
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