0938 - Rabenherz
sich einer seiner verhassten Feinde sehen ließ. Rhett Saris ap Llewellyn, dieser Widerling Zamorra oder das Bürschchen Dylan McMour. Oder dieses Crentz-Mädchen! Egal, welche Hälfte der beiden. Gegen jede Vernunft würde er sich auf sie stürzen und ihnen die Behandlung angedeihen lassen, die heute bereits ein betrunkener Tourist empfangen hatte.
Seinen Auftrag hatte er vergessen. Er wollte nur noch Rache!
Doch je weiter die Nacht voranschritt, ohne dass ihm ein geeignetes Opfer zwischen die Finger und die Zähne kam, desto lauter erklang die Stimme der Vernunft, bis sie die der Rache schlussendlich niedergeschrien hatte.
Seine Aufgabe hatte Vorrang vor allem. Nur, weil er einen Rückschlag erlitten hatte, würde er nicht aufgeben. Seine Chance würde kommen. Und am Ende würde er triumphieren!
Ja, so musste es sein.
Eine Eule schien mit ihrem Ruf Matlocks Ansichten gutzuheißen.
Er erstarrte. Eine aufregende Idee bemächtigte sich seiner. Eine Idee, wie er Château Montagne Tag und Nacht beobachten konnte, ohne dabei aufzufallen.
Mit geistigen Fingern tastete er in die Umgebung. Suchte ein tierisches Bewusstsein, das er sich unterwerfen konnte. Die Eule, die er gehört hatte, fand er nicht. Offenbar war sie zu weit weg. Aber er stieß auf einen Raben und einen streunenden Hund.
Er verband sich mit ihnen und gab sich als ihr neuer Herr zu erkennen.
Zwei Tiere vermochte er gerade noch zu beherrschen, solange er nicht beide gleichzeitig in komplizierten Bewegungsabläufen zu steuern hatte.
Halbwegs besänftigt und optimistischer in die Zukunft blickend löste er sich auf und erschien nur Augenblicke später in seiner neuen Burg: der kleinen Hütte neben einem Karpfenteich in Deutschland.
Durch die Augen seiner Diener beobachtete er das Schloss des verhassten Professors. Nur unterbrochen von gelegentlichen Beutezügen, in denen er das Blutvorkommen in deutschen Landen verringerte, hielt er seinen Posten und wartete auf seine Chance.
Er fühlte sich an die Zeit vor über tausend Jahren erinnert. Auch da hatte er Ghared beobachtet und gewartet. Jahre-… ach was… jahrzehntelang!
Der Druidenvampir bedauerte, dass er seine Spione nicht ins Innere der M-Abwehr bringen konnte. Er hatte es versucht, aber auch sie hatte der Schirm abgewiesen. Offenbar schützte er auch vor schwarzmagisch beeinflussten Geschöpfen.
Doch egal! Da der Abwehrschirm anscheinend als Kuppel errichtet war, zog der Rabe seine Runden über dem Château und gab Matlock auf diese Art einen guten Überblick. Der Hund hingegen streunte ein ums andere Mal um die Mauern des Schlosses.
McCain übte sich in Geduld. Er beobachtete.
Und beobachtete.
Und beobachtete.
Und beobachtete zwei Monate später schließlich aus der Luft, wie Zamorra ein Symbol der M-Abwehr in der Nähe der Zugbrücke wegwischte.
Matlock McCain war wie elektrisiert! Reichte es aus, den Schutzschirm durchgängig zu machen? Warum tat Zamorra das?
Was scherte es ihn? Das war die Gelegenheit, auf die er so lange gewartet hatte!
Er schickte den Raben vor, um zu testen, ob die M-Abwehr tatsächlich nicht mehr arbeitete. Ohne Widerstand drang der Vogel bis zum Château vor.
Ein triumphierendes Lachen entrang sich Matlocks Kehle. Er schloss die Augen, konzentrierte sich und erschien gleich darauf neben der südlichen Umfassungsmauer - innerhalb des Château-Geländes!
Als ihn die Schmerzen überfielen, glaubte er zunächst, Zamorra habe ihn in eine Falle gelockt. Instinktiv wollte er sich wieder zurückziehen, wollte fliehen. Doch dann wurde ihm die Absurdität des Gedankens bewusst. Er war in keinen Hinterhalt geraten. Woher hätte Zamorra wissen sollen, dass der Druidenvampir sein Zuhause beobachtete?
Nein, es war die Sonne, die ihm die Qualen bereitete, auch wenn sie sich hinter dicken Regenwolken verborgen hielt! Er hatte gehofft, dass sie ihm nichts mehr anhaben konnte, wenn er erst einmal wieder zu Kräften gelangt war. Zwei Monate lang hatte er in seiner Hütte gesessen und sie nur nachts zu seinen Beutezügen verlassen. Von der Llewellyn-Magie abgesehen hatte er seine alte Stärke zurückerlangt - und musste nun feststellen, dass der Tagesstern ihm weiterhin Schmerzen zufügte. Aber er tötete ihn nicht. Nur das zählte.
Dennoch wollte er sich den Strahlen nicht länger aussetzen als nötig. Hektisch ließ er den Blick über die Südmauer fliegen.
Da! Ein weiteres Symbol der M-Abwehr.
Mit drei schnellen Schritten erreichte er es. Zuerst versuchte er, mit
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