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0940 - Geburt einer Dunkelwolke

Titel: 0940 - Geburt einer Dunkelwolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Jahrhunderte oder Jahrtausende seit dem Abgang der Million Läander vergangen sein. Tekener hatte keine Ahnung.
    Aber während er auf die langsam rotierende Kugel von Ailand hinuntersank, in deren staubiger Atmosphäre sich das Licht der verschleierten Sonne golden brach, da stellte er sich darauf ein, daß er einen weiteren Abschnitt aus der Geschichte der Läander erleben würde.
    Die paraplasmatische Sphäre hatte ihn ausgestoßen, und nun war sein Geist auf der Suche nach einem passenden Wirtskörper.
    Welche Ära wartete auf ihn?
    Der Zeitfluß stand nun still, die Konturen der Welt festigten sich. Das verwaschene Graubraun wurde zu zerklüftetem Gebirge, aus dem den Himmelskörper umschließenden goldenen Band kristallisierten sich Dünen heraus, reihten sich zu schier endlosen Wüsten aneinander.
    Und in dieser Wüste regte sich Leben.
    Humanoide Gestalten mit überdimensionalen Schädeln.
    Zwotter! Die vermutlich bereits degenerierten Nachkommen der Läander.
    Bevor Tekener noch zu einem von ihnen wurde, bekam er die Möglichkeit für eine kurze Rückschau.
    Arla Mandra war seit vielen Generationen von der paraplasmatischen Sphäre umgeben. Ailand, die Heimat der Läander, in die Peripherie des Staubmantels eingebittet. Psychostürme in den Anfängen und Naturkatastrophen bis in die Gegenwart, in die Tekener gestoßen wurde, hatten die Läander in Atem gehalten. Ihr Leben war ein permarenter Überlebenskampf gewesen. Und der Kampf ums nackte Dasein ließ ihnen kaum Zeit, sich mit dem geistigen Vermächtnis ihrer Vorfahren zu beschäftigen. Die Psychode wurden zum Mysterium. An die glorreiche Vergangenheit erinnerten nur noch Legenden.
    Tekener vergaß - und erwachte als...
     
    6.
     
    Reggard – Regga – Reggard
     
    Es ist alles Musik. Jedes Ding hat seine eigene Melodie. Der Wind, der über die Dünen pfeift, der Stachelbaum, der sich durch den Sandboden den Weg ans Goldlicht kämpft - und auch die Wüste hat ihre Melodie.
    Diese setzt sich aus dem Schwirren der Mücken, dem Zischen der Schlängler und dem Scharren der Hornpanzer zusammen, wenn sie ihre Schuppenhäute an den mächtigen Stachelbäumen reiben.
    Wenn ich die Wüste meine, dann muß ich ihre Melodie singen, um von meinen Zuhörern verstanden zu werden. Ich summe, wenn ich eine Mücke wiedergeben möchte; und mein Zischen beschreibt die Schlängler. Ich krächze mehrmals, wenn ich eine Herde von Hornpanzern meine, und ich warne mit lautem Heulen vor dem Sturm.
    Ich sitze bewegungslos da und spüre die Reibung des vom Wind gepeitschten Sandes auf meiner dicken Haut. Meine Augen sind geschlossen und durch die schweren Lider geschützt. Ich singe für mich das Lied der Götter.
    Es gibt viele Lieder über sie. Sie widersprechen einander, und viele davon können nicht wahr sein. Aber was macht’s. Auf die Melodie kommt es an.
    Einst herrschten die Götter über unsere Welt. Dann hörten sie den Ruf des Göttergotts, jener Macht, die selbst über den Göttern stand. Aber da die Götter auf das Wort achteten und weniger auf die Tonfolge, mißverstanden sie den Ruf. Sie erschufen den Goldstaub, der sich vor die Sonne legte und ihren Schein trübte, und in dem daraufhin unsere Welt fast erstickte. Alles starb, nur die Zähesten überlebten: Die Stachelbäume, die Echsen, die Mücken und die Schlangen - Zischen, Summen, Krächzen. Pfeifen: der Wind. Heulen: der Sturm. Der Sand rieselt. Und wir: auch unser Volk hat überlebt. Ich klappere mit den hornigen Lidern den Rhythmus zum Götterlied.
    Sie wollten dem Ruf ihres Göttergotts folgen und wuchsen. Sie wurden so groß, daß ihre Welt ihnen zu klein ward.
    Und so mußten sie zu einer anderen gehen. Bevor sie jedoch endgültig verschwanden, hinterließen sie uns ihre Geschenke, die angeblich eine eigene Melodie haben. Doch ich habe sie noch nicht gehört.
    Ich kenne keinen Zwotter, der je die Melodie der Göttergeschenke gehört hat. Sind wir taub dafür?
    Warum? Nein, ich glaube, es ist nur eine der vielen unglaubwürdigen Legenden, daß die Göttergaben ihre eigene Musik haben. Sie sind Schweigen.
    Elohards Gesang weckt mich. Er ist ohrenbetäubend disharmonisch. Ich höre sofort heraus, daß er krank ist.
    Ziehe dich zur Genesung in die Höhlen zurück, verlange ich von ihm. Es ist ein eindringlicher Bittgesang.
    Aber er antwortet mit dem falschen Lied. Er muß doch fühlen, daß er schwer krank ist.
    Elohard ist ein Forscher, ein Außenseiter, der von unseren Geschlechtsgenossen gemieden wird.

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