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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Ladengeschäfte. Offenbar war der gesamte Bahnhof bereits evakuiert und von Schaulustigen gesäubert worden. Nur noch Ermittler und Rettungskräfte hatten Zutritt.
    Die eigentliche Unglücksstelle war schon von Weitem zu erkennen. Feuerwehrkräfte hatten den Brand offenbar zwischenzeitlich löschen können. Nur hier und da flackerte noch ein kleinerer Brandherd auf. Ruß und Löschschaum beherrschten das Bild.
    Nein, korrigierte sich Zamorra, die Leichensäcke dominierten es.
    Fein säuberlich aneinandergereiht und unzweifelhaft gefüllt lagen sie entlang eines Bahnsteigs aufgereiht. Und noch immer trugen dick vermummte Spezialisten Körper aus dem ausgebrannten Waggon. Die Opfer waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Nur hier und da war noch ein bisschen Kleidung erkennbar, ein Gürtel, Stoff, der mit dem Körper verschmolzen zu sein schien und andere makabre Details.
    Zamorra näherte sich zusammen mit Hogarth der Unfallstelle. Sie waren bemüht, niemandem im Weg zu stehen. Niemand sollte behindert werden.
    Der Brand hatte offenbar nicht auf tragende Teile der Dachkonstruktion übergegriffen.
    Das war die gute Nachricht.
    Eine aus der langen Liste der schlechten war: Es gab mehrere Dutzend Tote, die Zahl achtzig kursierte. Bislang war nicht ein einziger Überlebender geborgen worden, und die Hoffnung darauf schwand von Minute zu Minute.
    Hogarth sprach kurz mit dem Einsatzleiter der Rettungskräfte. Danach kehrte er zu Zamorra zurück, der auf die Schienen hinuntergestiegen war und sich das ausgebrannte Vehikel aus der Nähe betrachtete.
    »Zeugenaussagen zufolge soll der Zug wie aus dem Nichts und mit geradezu aberwitziger Geschwindigkeit aufgetaucht und gegen das Ende des toten Gleises geprallt sein. Er fing sofort Feuer - samt seinem einzigen Waggon«, berichtete Hogarth, was er gerade erfahren hatte.
    »Woher kam der Zug? Weiß man inzwischen etwas darüber?«
    Hogarth schüttelte den Kopf. »Alles, was man sagen kann, ist, dass menschliches Versagen auf dieser Seite auszuschließen ist.«
    »Was meinen Sie mit ›dieser Seite‹, Paul?«
    »Ich meine die Betreiber der Station, die Linien, die den Bahnhof nutzen - nutzen dürfen. Bei Ihnen gibt es keinerlei Kenntnis über einen Zug wie diesen, der - das sehen Sie ja selbst - eher in den Bereich ›historische Ausflugsfahrten‹ fallen würde. Das hier ist eine Dampflok . Die letzten dieser Art verkehrten vor mehr als hundert Jahren auf diesem Schienennetz.«
    »Es gibt Vereine, Clubs - zumindest bei uns in Frankreich, aber ich denke, die gibt es überall, die solche ›Romantiktouren‹ mit alten Zügen organisieren - davon war keine gemeldet?«
    »So etwas kommt auf dem U-Bahn-Netz nicht vor, wenn, dann nur auf konventionellen Strecken. Die Nostalgiker wollen sich keine künstlich beleuchteten unterirdischen Schienenwege ansehen, die wollen Landschaft, Landschaft und noch einmal Landschaft.«
    Zamorra nickte. »Da haben Sie sicher recht. Aber dann bliebe nur noch…« Er musste es nicht formulieren. Hogarth wusste, was er meinte.
    »Was ist mit den Toten? Irgendwelche Papiere, die eine Identifizierung erlauben? Die Kleidung - oder was noch davon zu sehen ist…« Zamorra nickte dorthin, wo gerade wieder ein Toter aus dem zerstörten Waggon gehoben und aus dem Gleisbett geschafft wurde. »- spricht schon mal für unsere These…«
    »Zeitreise - schon wieder.« Hogarth verzog das Gesicht, nickte aber.
    »Zeit crash träfe es wohl eher«, erwiderte Zamorra.
    »Ich sehe mir mal die Richtung an, von wo aus der Zug gekommen sein muss. Ich werde ein paar Schritte laufen - bringen Sie sich derweil hier auf den neuesten Stand. Ich bleibe nicht lange.«
    Hogarth nickte. »Setzen Sie wieder ihre Allzweckwaffe ein?«
    Zamorra zuckte mit den Achseln. »Wenn, dann hoffentlich nicht als Waffe.«
    ***
    Zamorra hatte dem Amulett befohlen, ihn zu warnen, wenn es schwarzmagische Aktivität in der Nähe spürte - und seine Nase hatte ihn nicht getrogen: Das Amulett erwärmte sich während der ersten fünfzig Meter, die sich Zamorra von der Unglücksstelle aus zurückbewegte. Der Ausschlag war eindeutig: Hier waren abnorme Kräfte am Werk gewesen. Aber das Verrückteste daran war, dass nach den erwähnten fünfzig Metern fast übergangslos wieder die Schienen zu sehen waren, die Zamorra, die jeder heute lebende Mensch, der überhaupt schon einmal einen Zug gesehen hatte, kannte. Davor waren die Gleise mehr als vorkriegs-verdächtig, schienen derselben Zeit zu entstammen, aus

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