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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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wer dahinter steckt! Hm, das Ganze erinnert mich an die Effekte einer laterna magica … Kennst du das?«
    Sam nickte. Klar kannte er das. Jedes Kind wurde schließlich mindestens einmal ins Museum geschleift, bei ihm war es nicht anders gewesen.
    »Und weil ich es kenne, denke ich, dass es sich hier um ein anderes Phänomen handeln muss. Die Laterne müsste sonst zu sehen sein«, sagte er. »Man kann sie bestimmt nicht übersehen. Wenn überhaupt, steckt Technik dahinter. Billige Effekthascherei, die eventuell von dir stammt, mein Schatz. Du hast dir schon öfter solche ›Scherze‹ geleistet!« Er nuschelte etwas Unverständliches in seinen Bart, rutschte zur Seite und tastete nach dem Schalter der Nachttischlampe. Im nächsten Moment, während Maya sich leidenschaftlich gegen seine Anschuldigung verwahrte, flammte die Glühbirne auf.
    Sechzig Watt.
    Nicht gerade Festbeleuchtung, aber in den meisten Fällen ausreichend.
    Hier nicht.
    Fassungslos starrten Sam und Maya auf die schwebenden, schnörkelreichen Buchstaben, die nichts von ihrer eigenen Leuchtkraft eingebüßt hatten.
    Im Gegenteil.
    »Sie sind noch da - und sie sind heller geworden«, flüsterte Maya. Zum ersten Mal schlich sich ein Hauch von Sorge in ihre Stimme.
    »Das ist verrückt, oder? Vielleicht träumen wir einen Simultantraum.« Auch Sam verfiel in Flüsterton.
    »Quatsch. Wenn schon, dann träum ich das alles - und du bist Bestandteil meines Traums!«
    »Es überrascht dich hoffentlich nicht, dass ich das genau andersrum sehe?«
    Sie schwieg. Ihre beiden Hände hatten sich um den Saum der Zudecke gekrallt, die sie bis zum Halsansatz hochgezogen hatte. »Es macht mir Angst, Sammyboy. Ich hasse es, das zuzugeben, aber…«
    Er griff zu ihr hinüber und drückte einmal fest ihren Oberschenkel. »Irgendein Unfug«, versuchte er sie zu beruhigen. »Ich kümmer mich drum. Warte mal.«
    Ohne Zögern schwang er sich aus dem Bett und ging um das Bett herum, das fast die gesamte Fläche des kleinen Zimmers einnahm. Nur ein schmaler, begehbarer Streifen verlief hufeisenförmig um es herum. Gegenüber des Fußendes stand ein Schrank, der bis zur rechts davon gelegenen Tür reichte. Zwischen Tür und Schrankwand befand sich der Schalter für die Deckenlampe.
    Dorthin eilte Sam. Dabei versuchte er, den schwebenden Buchstaben auszuweichen, was aber eigentlich nicht nötig war, denn die Buchstaben wichen ihm aus. Als würden sich zwei gleiche Pole anzunähern versuchen, die sich aber unweigerlich abstießen.
    Dann war Sam am Schalter und knipste das Deckenlicht an.
    Auch die weitere Verstärkung der Zimmerhelligkeit führte nicht zum Verblassen der Buchstaben. Aber plötzlich strebten sie wie ein Vogelschwarm aufeinander zu, der sich zum gemeinsamen Abflug sammelte. Kugelförmig schwebten sie zwischen Sam und Maya über dem Bett.
    Sam wollte etwas sagen, aber der Schwarm kam ihm zuvor. Mehrere Teile lösten sich aus ihm und rasten wie Geschosse auf Sam zu.
    Alles ging furchtbar schnell. Er hatte keine Chance, auszuweichen.
    Maya stieß einen spitzen Schrei aus.
    Dann erfolgte die »Kollision«.
    GEH, zuckte es in Flammenschrift durch Sams Kopf.
    Er war wie zur Salzsäule erstarrt.
    »Sam!«, rief Maya. »Gib Antwort. Sag was! Irgendwas! Du stehst da wie…«
    Vielleicht wollte sie tot sagen, aber das brachte sie offenbar nicht übers Herz. Sam erlöste sie, indem er seine Lähmung abschüttelte - sich überhaupt schüttelte wie ein begossener Pudel. Er fluchte wie bei einer Streiterei im Pub.
    »Was… war das?«, stammelte er.
    »Was war was ?«, fragte Maya, die an ihren Platz auf dem Bett gekettet zu sein schien. »Die Buchstaben… sie sind in dich rein - aber nicht wieder raus - falls du das meinst.«
    »Hast du gesehen, welche Buchstaben es waren?«
    Sie schüttelte zornig den Kopf, als wollte sie zum Ausdruck bringen: Wenn du sonst keine Sorgen hast…
    »Da war was«, überwand Sam seine Scheu, darüber zu sprechen. »Als sie in mich einschlugen. Ein Bild. Eine Schrift. Sie sagte: Geh! «
    »Geh?«
    Noch während sie sprachen, lösten sich weitere Teile aus dem Schwarm.
    Wieder nahmen sie Fahrt auf und bohrten sich in Sam hinein. In seine Brust, die Arme, den Bauch. Es machte offenbar keinen Unterschied, änderte nichts an der Wirkung.
    MIT UNS, geisterte es durch seine Gedanken. GEH… MIT… UNS…
    »Hast du es auch gehört?«, ächzte Sam. Diesmal überwand er seinen Schreck schneller. Maya schüttelte den Kopf. Sie war leichenblass. Starrte ihren

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