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0941 - Echsenauge

0941 - Echsenauge

Titel: 0941 - Echsenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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scharrte mit dem Fuß. »Vielleicht ist sie eine Tierdämonin oder eine Echsengöttin. Ich weiß es ja nicht, aber wenn ich an Nadine denke, da liege ich doch nicht so falsch. Höchstens, daß Nadine toll war, aber bei der weiß ich das nicht.«
    »Kennst du eigentlich ihren Namen?« fragte ich.
    »Sie heißt Deliah.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das hat mir ein anderer Wärter gesagt.«
    »Und was erzählte er sonst noch?«
    »Sie kommt nicht jeden Tag. Hin und wieder möchte sie die Krokodile füttern. Zuerst hat der Mann gelacht, dann aber hat er zugestimmt. Er konnte nicht anders, hat er mir erzählt.«
    »Wieso das?«
    Johnny hob die Schultern. »Weiß ich nicht. Er ist nicht näher darauf eingegangen…«
    »Sollen wir uns mal mit dem Mann unterhalten?«
    »Wäre nicht schlecht.«
    »Wo finden wir ihn?«
    »Im Pausenraum der Pfleger.«
    »Okay, dann laß uns gehen.«
    »Klasse.«
    Ich hatte das Gefühl, von Johnny an der langen Leine geführt zu werden, denn nichts anderes hatte er wohl gewollt.
    Wie gesagt, es war sein Tag…
    ***
    Der Mann hieß Jerry Cloud, trug einen grauen Kittel, war ungefähr vierzig Jahre alt, hockte hinter seinem Schreibtisch im Licht einer Lampe und fluchte über die Papiere, mit denen er sich beschäftigen mußte. Als wir eintraten, schaute er hoch, zwinkerte und war erst beruhigt, als er Johnny erkannte.
    Den Namen hatte ich an der Tür gelesen und konnte ihn auch deshalb ansprechen. »Mein Name ist John Sinclair.«
    »Er ist mein Patenonkel«, erklärte Johnny.
    »Aha, dann bist du mit ihm im Zoo gewesen.«
    »Klar, bei den Krokodilen.«
    »O ja.« Jerry Cloud senkte den Kopf. »Und jetzt sind Sie hier und erwarten sicherlich eine Erklärung, Mr. Sinclair, aber ich weiß nicht, ob ich damit dienen kann. Außerdem sind Sie fremd, und ich bin wohl nicht befugt, Ihnen Auskünfte zu geben.«
    »Das verstehe ich durchaus, Mr. Cloud. Vielleicht könnten Sie bei mir eine Ausnahme machen.«
    Er war überrascht. »Warum sollte ich?«
    »Deshalb.« Ich schob meinen Ausweis in das Licht der Schreibtischleuchte. Er schaute ihn sich erstaunt an. »Polizei?« fragte er leise. »Scotland Yard?«
    »Genau.«
    »Tja«, stöhnte er auf und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Im hellen Licht der Lampe sah sein Gesicht aus wie eine Maske. Selbst die dunklen Bartschatten waren verschwunden. Er hatte eine spitze Nase und schmale Lippen, die jetzt zuckten, als suchte er nach den richtigen Worten, ohne sie jedoch zu finden.
    Johnny hatte zwei Stühle herbeigeschafft. Sie bestanden aus Metall, nur die Sitzfläche war aus Holz.
    Wir nahmen Platz. Uns trennte nur der Schreibtisch von Jerry Cloud. »Sie wollen sicherlich mehr über diese Frau wissen.«
    »Deshalb sind wir hier.«
    Er hob die Schultern. »Sie kam und überraschte mich. Sie sprach davon, wie sehr sie die Echsen mochte, wie gut sie mit ihnen zurechtkäme, und sie bat mich darum, sie einmal füttern zu dürfen, was ich natürlich ablehnte, denn ich weiß ja, wie gefährlich Krokodile sind. Sie aber ließ nicht locker, und sie konnte mich auch überzeugen.« Er schüttelte den Kopf. »Wie sie das geschafft hat ist mir ein Rätsel. Wenn ich näher darüber nachdenke, muß es an ihrem Blick gelegen haben, der mich tief erwischte und mich in eine Lage brachte, wo ich nicht nein sagen konnte.«
    »Können Sie das genauer erklären?« fragte ich.
    Er hob die Schultern und legte die Hände zusammen. Er schaute aus dem Fenster gegen das blanke Geäst der Bäume, das sich hinter der Scheibe abmalte. »Nein, eigentlich nicht, Mr. Sinclair. Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß ich mir wie hypnotisiert vorkam?«
    »Nur schwer.«
    »Dem ist aber so.«
    »Dann sind Sie der Kraft ihrer Augen erlegen, denke ich.«
    Er antwortete ausweichend. »Jedenfalls habe ich zugestimmt, und diese Frau kam.«
    »Deliah?«
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    »Narawi. Deliah Narawi. Sie stammt wohl aus dem Iran.« Er hob seine Stimme. »Was ich als alter Fuchs nicht für möglich gehalten habe, ist tatsächlich eingetreten. Diese Frau kam mit den Krokodilen zurecht, als wäre sie ihre beste Freundin. Mit hungrigen Krokodilen, wohlgemerkt.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist für mich noch heute ein Rätsel, obwohl sie schon mehrmals kam, um die Tiere zu füttern. Aber nie regelmäßig. Sie tauchte auf, holte sich das Futter, ging in das Gehege, was sich keiner von uns traut, und betrat sogar den Teich, um mit den Tieren zu spielen.«
    »Das haben Sie und Ihre

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