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0943 - Herren aus der Tiefe

0943 - Herren aus der Tiefe

Titel: 0943 - Herren aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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ist langweilig.«
    »Letzteres kommt ungefähr hin«, murmelte Jenny und strich sich imaginäre Staubflusen von dem T-Shirt, das sie Stunden zuvor im hauseigenen Souvenirladen des Plaza Hotels erworben hatte - gemeinsam mit allem anderen, was sie seitdem am Leib trug. Die dunkle Jeans und die Sandalen waren ja noch in Ordnung, aber dieses Shirt mit dem rosafarbenen I LOVE NYC-Aufdruck schrie förmlich nach Touristin.
    »Na, bis sich da etwas tut.« Gryf deutete auf das Auktionshaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Seit Stunden saßen sie nun schon hier »und observierten das Objekt«, wie Sipowicz, dem der Wagen gehörte, es bei ihrer Besprechung am späten Nachmittag genannt hatte. Andys Erkenntnisse und Jennys eigenes brenzliges Erlebnis hatten der gesamten Ermittlung neuen Antrieb gegeben, und von diesem profitierten die ungleichen Partner noch immer.
    Gryf fuhr sich mit der Hand durch das störrische Haar und reckte sich. »Wir warten, bis sich Ellmans anonymer Käufer zu erkennen gibt. Der, der Roslins mysteriöses Dokument erworben hat. Andy meinte, die Transaktion werde wohl heute Abend über die Bühne gehen.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Jenny gähnend. »Oder was, wenn unser Mister X nicht selbst hier auftaucht, sondern einen seiner Lakaien schickt?« Die Ereignisse der vergangenen zwei Tage forderten ihren Tribut. Seit Jahren hatte sie sich nicht so müde gefühlt. Das Telefonat, das sie eben mit Mikes Ärzten geführt hatte, hatte auch nicht beigetragen, ihre Stimmung zu heben. Alles war unverändert.
    »Dann folgen wir dem Lakaien«, antwortete der Druide vom Silbermond. Sein Fatalismus ließ sie lächeln. »So oder so finden wir den Kerl. Denn - und da muss ich dem guten Sergeant voll und ganz recht geben - er hat ein Motiv, wer auch immer er ist.«
    Der gute Sergeant. Andy war nicht weit, das wusste sie. Er hatte in einem Straßencafé hinter dem Auktionshaus Stellung bezogen, um den Lieferanteneingang im Auge zu behalten, während sie und Gryf in seinem Auto die Front des Gebäudes bewachten.
    »Dann war's das also?«, fragte Jenny ungläubig. »Nichts mit übersinnlicher Komponente? Nur ein schlichtes Kapitalverbrechen - ein Plan, um an Roslins Dokument zu gelangen?« Nach allem, was geschehen war, klang das fast schon lachhaft. Seltsam: Vor Stunden hätte sie sich noch gefreut, hinter diesem bizarren Abenteuer keine höllischen Machenschaften zu entdecken. Nun aber kam sie sich fast schon veralbert vor. Als schulde ihr das Schicksal nach all der Mühe ein wenig mehr Pepp.
    »Möglich wär's, oder?«, gab ihr jungenhaft wirkender Begleiter von seinem Platz auf dem Fahrersitz zurück.
    »Das wäre das am aufwendigsten inszenierte Kapitalverbrechen, von dem ich je gehört habe«, murmelte sie. »Wie erklären Sie sich denn die Verbrennungen? Die Hufabdrücke im Boden, die Zeichen und Symbole an den Tatorten? Behaupten Sie nicht auch, das sei alles auf spontane Selbstentzündung zurückzuführen!«
    Gryf zuckte mit den Achseln, und Jenny begriff, dass er in seiner Zeit weitaus eigenartigere Dinge als Normalität kennengelernt haben musste. »Entweder das«, sagte der Druide ungerührt, »oder wir haben es mit einem sehr kreativen - und ressourcenreichen - Widersacher zu tun.« Er grinste. Für einen Moment kam er ihr noch lausbubenhafter als sonst vor.
    »Das macht Ihnen doch Spaß, oder?«, versetzte sie. »Diese… diese ganze Sache hier. Das Abenteuer. Für jemanden wie Sie, der sonst Dämonen und Höllenfürsten nachjagen muss, ist eine Mordermittlung im Big Apple vermutlich wie Erlebnisurlaub.«
    Der Druide nickte schuldbewusst. »Kann man so sagen, fürchte ich. Und wenn Sie ehrlich sind, geht es Ihnen doch kaum anders. Ohne die Angelegenheit kleinreden zu wollen - sie hat tatsächlich etwas Entspannendes an sich. Einfach mal Detektiv spielen. Ohne Stygia, Asmodis, Zamorra und Konsorten. Mal der Philip Marlowe des modernen Manhattans sein, der Sherlock Holmes vom Hudson River, der Hercule Poirot der Neuen Welt!«
    »Hey, hey, Herr Meisterdetektiv, nicht so schnell!« Jenny Moffat hob abwehrend die Hand und gebot ihm Einhalt. »Und wer bin ich in Ihrer Fantasie? Der treudoofe Stichwortgeber, Marke Watson?«
    »Sie?« Sein jungenhaftes Lächeln nahm eindeutig schelmische Züge an und seine Augen wirkten mit einem Mal, als sei der Begriff Schlafzimmerblick für sie erfunden worden. »Sie sind die Sonne, Jenny. Nicht weniger als das.«
    Jenny spürte, wie ihre Wangen rot wurden. Man konnte

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