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0943 - Herren aus der Tiefe

0943 - Herren aus der Tiefe

Titel: 0943 - Herren aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Witz?«
    »Na, in den Möglichkeiten. Wenn man so will - und diesem ganzen Stadtvätermumpitz Glauben schenken möchte -, basiert unsere großartige Stadt in gewissem Sinne also auf einem Pakt mit dem Teufel.«
    »Natürlich«, murmelte Andy. Mit einem Mal war ihm, als fielen ihm Schuppen von den Augen. »Wenn man ihm Glauben schenken möchte…«, wiederholte er gedankenverloren.
    »Was wir nicht tun«, sagte Dolly vergnügt. »Aber jetzt muss ich Schluss machen. Zandt guckt schon so komisch. Also, Sergeant: Sie schulden mir was, klar?«
    »Klar. Danke, Dolly. Sie sind ein Schatz.«
    Andy Sipowicz parkte vor Ellman & Sons am Straßenrand und verließ seinen Wagen, einen Ford europäischer Bauart. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich überfordert. Ihm war, als habe der Fall gerade eine ganz neue Dimension angenommen - eine, die er nicht einmal im Ansatz einschätzen konnte.
    Der Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht.
    ***
    Das Abendrot vor den breiten Fenstern wirkte einladend und tauchte den Central Park in bezaubernde Farben. Menschen tollten dort unten auf den Grünflächen, saßen auf Bänken und Decken herum und genossen die milde Luft. Feierabendtrubel setzte in Manhattan ein. Wer das Glück hatte, nun schon den Arbeitsplatz verlassen zu dürfen, gönnte sich noch ein paar Momente an der frischen Luft.
    Gryf wünschte, er könnte es den Menschen gleichtun.
    »Und Sie kommen tatsächlich nicht gucken?«
    Die Stimme klang schwach, aber trotzig. Trotz der ernsten Situation musste der Druide lächeln. »Wenn ich es Ihnen doch verspreche: keine Sorge. Ihre Privatsphäre ist und bleibt ungestört.«
    »Ich meine ja nur. Ihnen traue ich viel zu.«
    Dichte Schwaden weißen Wasserdampfs zogen hinter der einen Spalt offen stehenden Badezimmertür hervor und in das luxuriös eingerichtete Doppelzimmer im achten Stock des Plaza Hotels. Rauschend und plätschernd floss das warme Nass jenseits der weiß lackierten Tür auf Jenny Moffats geschundenen Körper. Es hatte gut eine halbe Stunde gedauert, bis Gryf die junge Frau soweit gehabt hatte, dass sie wieder allein stehen konnte. Sein Angebot, einen Arzt kommen zu lassen, hatte sie ebenso vehement abgelehnt wie den Vorschlag, sie von der Hotelkrankenschwester, die es in dieser Luxusabsteige tatsächlich gab, baden zu lassen.
    Frauen. Seufzend begab sich Gryf zum Wandschrank, schob die Schiebetür zur Seite und begutachtete die Auswahl an Kleidungsstücken, die darin lagen und hingen. Das dürfte reichen, befand er zufrieden.
    »Danke, übrigens«, drang Jennys Stimme zu ihm durch. Sie klang schwach und wackelig wie sie selbst. »Dafür, dass Sie mein Leben gerettet haben.«
    »Keine Ursache«, sagte er.
    »Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
    » Zeitloser Sprung , erinnern Sie sich?« Natürlich tat sie das. Geschlagene zehn Minuten hatte sie nach ihrer Teleportation über die Toilettenschüssel gebeugt verbracht. So etwas vergaß man nicht. »Ich habe mich einfach auf Sie konzentriert, und schon war ich da. Sie waren übrigens gar nicht so tief unter der Stadt, wie Sie vermutlich dachten.«
    Jenny schluckte hörbar. »Aber… die Stadtväter waren da. Ich weiß, dass meine Sinne durch Drogen beeinträchtigt waren, doch ich habe die Wesen kommen sehen. Und da war so ein Licht, ein grünes unirdisches Leuchten.«
    Es entsetzte Gryf zu sehen, wie weggetreten sie gewesen war. Diese Sache hatte er ihr bereits zwei Mal erklärt, aber sie vergaß sie immer wieder. »Das stimmt nicht ganz«, widersprach er abermals und setzte geduldig zum dritten Versuch an. »Die Freaks haben Ihnen irgendetwas verabreicht, ja. Vermutlich erst ein Betäubungsmittel und dann, sowie sie wieder zu sich gekommen waren, eine Art Halluzinogen. Wahrscheinlich gehört letzteres zu ihrem Opferritual, aber faktisch tat es nicht mehr, als ihre ohnehin schon angeschlagene Wahrnehmung zu verwirren. Was Sie gesehen haben, Jenny, war nichts anderes als eine rauschverzerrte Interpretation der Realität.«
    Das Wasser wurde abgedreht. Ein paar Sekunden später stand sie im Raum, ein weißes Frotteebadetuch um den Leib gewickelt, das sie mit beiden Händen festhielt. Ihr Blick war so unsicher, wie ihre Beine wacklig waren. »Ich habe sie gehört, Gryf. Dieses Zischen und Schnaufen… Der ganze Raum hat gebebt, so kraftvoll war der Moment. Das war real!«
    »Glauben Sie«, widersprach er sanft und reichte ihr ein Handtuch. »Ich war dabei, Jenny. Sie lagen auf einem behelfsmäßigen Altar in einem

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