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0943 - Herren aus der Tiefe

0943 - Herren aus der Tiefe

Titel: 0943 - Herren aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Sekunden später klingelte das Telefon. Jenny hielt es einige Zentimeter von ihrem Ohr weg, bevor sie die Verbindung zuließ.
    »Also, Mädchen«, plärrte Dolores' Stimme ihr entgegen. »Richten Sie meinem Andy aus, dass die Kiste auf niemand geringeren als Peter Menderbit zugelassen ist, ja? Sie sind ein Schatz.« Sprach's und legte wieder auf.
    Sipowicz pfiff anerkennend. »Menderbit? Sieh mal einer an.«
    »Sollte mir der Name etwas sagen?«, fragte sie unsicher.
    »Wären Sie New Yorkerin, würde er Ihnen… - ACHTUNG!« Andy hatte den Satz nicht beendet, da griff er mit der Rechten nach Jennys Kopf und presste ihn der überraschten Journalistin in den Schoß.
    Keine Sekunde später erklang der erste Schuss!
    Menschen schrien. Reifen quietschten. Gryf beugte sich vor. »Soll ich rüberspringen?«, bot der Druide an. »Ich könnte in den Wagen teleportieren und unsere Freunde überraschen.«
    Abermals knallte es, und diesmal traf der Schütze. Ein Zischen erklang, und in Andys Windschutzscheibe war plötzlich ein unschönes Loch, von dem lange, ungleichmäßige Risse abgingen.
    »Bleiben Sie unten, verstanden?«, fuhr der Sergeant Jenny an. »Und Sie auch, Gryf. Das hier erledigen wir auf meine Art!«
    Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, Jenny hätte gelacht. Denn was nun kam, war Actionkino in Reinkultur. Sipowicz steuerte mit den Knien, zog mit der Rechten die Dienstwaffe aus dem Gürtelhalfter und kurbelte mit links das Fahrerfenster hinunter. Dann wechselte er die Glock 19 in die Linke, hielt den Arm aus dem Wagen und erwiderte das Feuer!
    »Sind Sie wahnsinnig? Sie könnten Unschuldige treffen!« Jenny kauerte sich vor ihren Sitz und sah den Sergeant ungläubig an.
    »Der auch«, sagte Andy schlicht, zielte erneut und drückte ab.
    Gryf schmunzelte. »Sie haben den Sergeant gehört, Jenny. Das muss so. Offenbar.«
    Männer und ihre Abenteuer , dachte sie und seufzte, während wenige Handbreit über ihr abermals ein Teil der Windschutzscheibe den Weg alles Irdischen ging. Splitter regneten herab und verfingen sich in ihrem Haar.
    Es dauerte nicht lange, bis die ersten Sirenen erklangen. »Die lieben Kollegen«, murmelte Andy. »Würde mich nicht wundern, wenn die schon die ersten Straßensperren errichten.«
    »Sollten wir denen nicht sagen, dass wir hier sind?«, fragte Jenny. »Oder sie zumindest um Unterstützung bitten?«
    »Sollten ja«, antwortete er knapp. »Aber das nützt auch nichts mehr, fürchte ich, denn… Ja, genau!«
    Abermals machte der Wagen einen Satz zur Seite. Reifen quietschten, und Jenny Moffat stieß sich den Kopf am Handschuhfach.
    »Der haut ab!«, fuhr Andy fort. Er klang halb überrascht und halb bestätigt. »Kennt jeden Schleichweg, dieser Menderbit!«
    »Wer ist das eigentlich?«, fragte Gryf unbekümmert. »Sie wurden eben so unsanft unterbrochen.«
    Die Fahrt normalisierte sich wieder. Die Limousine musste irgendwelche Abzweigungen genommen haben, die vorbei an den üblichen Verkehrsrouten führten, denn jeder neue Kilometer brachte sie weiter aus der Stadt hinaus. Mit geschultem Bulleninstinkt hielt Andy gebührenden Abstand, verlor den dunklen Schlitten aber nie aus den Augen.
    »Peter Menderbit ist so etwas wie der intellektuelle Big Daddy dieser Stadt«, sagte der Polizist und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ein Mäzen, wie er im Buche steht. Förderer wissenschaftlicher Forschungsprojekte, Ehrenprofessor mehrerer Universitäten. An der NYU sind ganze Forschungseinrichtungen nach dem Kerl benannt. Er selbst ist Ende sechzig, sehr gut betucht. Wohnt draußen in den Hamptons, dem Edelbereich von Long Island. Dort, wo die Reichen und Schönen ihre Sommerresidenzen haben.«
    Die Hamptons waren ein ländliches Paradies, kurz vor den Toren der Stadt. Ein Villenviertel am Meer. Wer dort wohnte, hatte den amerikanischen Traum entweder hinterher geworfen bekommen oder in Jahren harter Arbeit verwirklicht. Jenny glaubte sich zu erinnern, dass Stars wie Billy Joel, der aus den Straßen New Yorks stammte und dort gefeiert wurde, wann immer er sich zeigte, in der abgeschiedenen Idylle der Hamptons ihr zweites Zuhause gefunden hatten.
    »Sehen Sie, Jenny«, sagte Gryf amüsiert. »Bekommen wir doch noch was von Land und Leuten zu sehen.«
    Es blieb bei dem einen Schusswechsel. Unbehelligt von Polizei und anderen Sicherheitsdiensten schoss die Limousine stundenlang durch die Nacht, und Andy Sipowicz folgte ihr in sicherem Abstand. Die Hochhäuser und Straßenschluchten

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