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0943 - Herren aus der Tiefe

0943 - Herren aus der Tiefe

Titel: 0943 - Herren aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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und ab.
    Dann schlug er mit der flachen Rechten so fest auf den Tisch, dass die Monitore hinter ihm ins Schwanken gerieten.
    »Äh… Mr. Silverman, Sir?«, quäkte keine zwei Sekunden später die besorgte Stimme eines seiner beminirockten Vorzimmerhäschens aus der Gegensprechanlage. »Können wir vielleicht etwas für Sie tun?«
    Er nickte so heftig, dass seine Designerfrisur in Unordnung geriet. »Ja, Miss Bell. Sie können die Herren vom NYPD herausgeleiten«, sagte er in das Gerät, und seine Stimme zitterte. »Diese Besprechung ist hiermit beendet. Guten Tag, Gentlemen. Sollten Sie noch etwas von mir wollen, wenden Sie sich bitte an meinen Anwalt.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und starrte auf seine Monitore. Noch von der Türschwelle aus sah Andy seine Schultern zittern.
    ***
    Das war unmöglich.
    Schlichtweg unmöglich.
    Aber warum ging ihm dann dermaßen die Muffe?
    Neil Silverman fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, atmete tief durch und versuchte, seinen Puls wieder zu beruhigen. Es gelang ihm nicht. Drei Minuten waren vergangen, seitdem die Cops sein Büro verlassen hatten, und noch immer stand der NBC-Vize kurz vorm Hyperventilieren.
    Dieses Bild! Die Beschreibung von Georges Leichnam und des Hufabdrucks daneben… Es ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Und es brachte ihn auf Gedanken, bei denen ihm war, als erfröre sein Herz.
    Als die Gegensprechanlage leise summte, schrie er vor Schreck auf.
    »Mister Silverman?«, fragte Bell vorsichtig und hörbar verunsichert. »Sie wollten erinnert werden, wenn die Fallon-Aufzeichnung beginnt.«
    Fallon. Neil nickte so heftig, dass sein Nacken schmerzte. Jimmy Fallon. Oh, ja. Genau das brauchte er jetzt, um diesen… diesen Blödsinn aus dem Kopf zu bekommen. Denn es war Blödsinn, oder? Natürlich war es das. Kein Zweifel. Es konnte nicht anders sein. Ein dummer Zufall. Er… er machte sich nur etwas vor. Das Verbrechen war nicht mehr als ein Mord, der Rest war der überbordenden Fantasie eines Police Sergeants anzukreiden.
    »Danke, Miss Bell«, sagte Neil in Richtung des kleinen Geräts. »Ich komme sofort.« Dann erhob er sich und ging los.
    Studio 6B befand sich tief im Bauch des imposanten Bürogebäudes und war eine Art nationale Institution. Dort hatten David Letterman und Conan O'Brien, große Moderatorennamen im US-Late-Night-Markt, ihre Karrieren begonnen - und zwar als Gastgeber eben dieser Show, die zu sehen auch Neil Silverman nun ins Studio kam: Late Night , mittlerweile moderiert von dem ehemaligen Komödienschauspieler Jimmy Fallon, einem gepflegt aussehenden Enddreißiger mit Humor und Verstand. Genau der Typ, den Amerika mochte.
    Fallon hatte seine Aufzeichnung bereits begonnen, als Neil eintraf. Selbstsicher stand er inmitten seiner kleinen Bühne und spulte den Monolog ab, jenen Anfangsteil der Show, in dem er Scherze über das aktuelle Tagesgeschehen machte. Das Publikum auf den schräg gegenüber der Bühne angebrachten Sitzrängen amüsierte sich köstlich.
    »Und was ist das mit diesem U-Bahn-Mord?«, schaltete Fallon gerade einen Gang höher. »Ich meine… Die Presse hier ist voll davon. Ooooh, ein Toter in der U-Bahn… Ooooh, Angst, Angst, Angst!« Große Augen, offener Mund. Fallon spielte Entsetzen, und er spielte es gut.
    Die Leute kicherten. Sie ahnten, was kam.
    »Leute, ich kenne diese Stadt. Ich stamme aus Brooklyn, verdammt noch mal. Morde in der U-Bahn? So was passiert hier fünf Mal am Tag, sieben bei schönem Wetter!«
    Die Menge grölte.
    Fallon setzte nach. »Ernsthaft, unter Bürgermeister Ed Koch gab's sogar Fördergelder aus City Hall für den schönsten Subway-Kill.«
    Neils Stimmung sank. Musste er sich das anhören? Er war gekommen, wie jeden Tag, um sich von Fallon ablenken zu lassen, sich zu amüsieren. Und nun rieb dieser Knilch Salz in seine Wunden?
    Der junge Moderator machte keinerlei Anzeichen, seine Tirade beenden zu wollen. »Aber sehen wir uns mal das Opfer an, Leute. Wer wurde denn da von den ach so realen Stadtvätern gegrillt? Ein Musikproduzent. Scheiße auch, was für ein Verlust. Gerade davon gibt's hier doch so wenige.«
    Abermals Gelächter. Applaus setzte ein.
    Fallon hob abwehrend die Hände. »Danke, Leute, aber hebt euch das für morgen auf. Dann taucht nämlich Godzilla vor Liberty Island aus dem Meer auf und frisst die New York Mets. Spielen eh eine beschissene Saison dieses Jahr.«
    Das reichte. Bevor Neil wirklich begriff, was er da tat, war er schon an den Kameras

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