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0943 - Herren aus der Tiefe

0943 - Herren aus der Tiefe

Titel: 0943 - Herren aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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TV-Sendung sein Ende fand. Außerdem bin ich nicht hier, um die Stadtväter zu suchen, sondern einen Mörder. Also: Stimmen die Gerüchte, nach denen man auch neben Mr. Silverman den Abdruck eines Teufelshufes im Boden gefunden hat?«
    Mit einem Mal wurde es so still auf dem Vorplatz des Polizeihauptquartiers, dass Jenny eine Stecknadel hätte fallen hören können. Ein weiterer Abdruck? Das war neu für die Menge - klar, denn Jenny hatte schlicht ins Blaue hinein geschossen.
    Doch in Andy Sipowicz' Gesicht sah sie überdeutlich, wie gut sie getroffen hatte.
    »Na, kommen Sie, Andy«, meinte einer der Kuttenträger neugierig und schlug dem Sergeant jovial auf die Schulter. »Spucken Sie's schon aus.«
    »Sie haben die Lady gehört, Mann«, rief jemand von weiter hinten. »Geben Sie einfach zu, dass die Stadtväter bei Fallon waren, um sich ein weiteres Opfer zu nehmen.«
    »Mann, richtig!« Ein Dritter schlug sich auf die Stirn. »Ich muss echt dran denken, heute Abend Late Night einzuschalten. Das wird die Show des Jahrhunderts: ein brennender Mann im nationalen Fernsehen. Groovy!«
    Sipowicz hob die Hand, um für Ruhe zu sorgen. »Dieses Gerücht kann zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigt werden. Sie alle werden warten müssen, bis das NYPD und Lieutenant Zandt die offizielle Pressekonferenz -«
    »Zu diesem Zeitpunkt?«, wiederholte der erste der Umstehenden ungläubig. »Sippy, Sippy, wie eindeutig wollen Sie's uns denn noch machen? Sagen Sie doch gleich Ja. Wir wissen's, und Sie wissen's auch: Die Teufel aus dem Untergrund haben wieder zugeschlagen!«
    Applaus brandete auf. Die Schilder und Banner, die die Meute trugen, wackelten wie bei einer Wahlkampfveranstaltung. Jenny erinnerte sich: Brauchten die Stadtväter der Legende nach nicht Opfer, um ihre Arbeit, über das Wohl New Yorks zu wachen, fortzusetzen? Kein Wunder, dass die Vorstellung diesen Fanatikern gefiel.
    Gryf räusperte sich. »Ich fürchte, da muss ich einlenken«, sagte er, und Jenny sah den Schalk in seinen Augen.
    Oh nein, Freundchen , dachte sie entsetzt. Mach's bloß nicht noch schlimmer, hörst du?
    Doch der Druide vom Silbermond fuhr ungerührt fort. »Da Sie gerade Teufel erwähnten… Nun, ich kenne die Vorgehensweise der Höllischen ganz gut. Das hier hat nichts mit ihm zu tun, soviel kann ich Ihnen allen versichern.«
    Auf ein verdutztes Schweigen folgte schallendes, herzliches Gelächter. Abermals klatschte die Menge, johlte sogar vor Begeisterung. »Was jetzt, Sippy?«, rief einer von irgendwo her, die Stimme triefend vor Spott. »Satan scheidet also schon mal aus. Wer könnte sonst der Täter sein? Oder war's vielleicht spontane Selbstentzündung?«
    Wieder grölte die Versammlung.
    Sergeant Andy Sipowicz sah Jenny, an, als wolle er etwas sagen und öffnete den Mund, doch die ganze Sache schien ihm gehörig die Sprache verschlagen zu haben. Ohne ein weiteres Wort machte der Beamte des NYPD auf dem Absatz kehrt und ging zurück ins Gebäude, jeder Schritt begleitet vom Applaus und den bitteren Kommentaren der Freaks.
    Kapitel 4 - GWC
    Das Innere des kleinen irischen Pubs auf der anderen Straßenseite war so klein und verraucht, wie man es erwarten konnte. Abgewetzte Holztische und -stühle, ein langer Tresen, zwei Billardtische - viel mehr hatte das Molloy's nicht zu bieten. An den Wänden hingen Porträtaufnahmen von im Dienst gefallenen Police Officers, sorgfältig gerahmt und mit Trauerflor versehen. Die Kneipe verströmte den Charme eines Clubhauses, fand Jenny. Vermutlich ging hier niemand ein und aus, abgesehen von den Mitarbeitern des NYPDs.
    »Wie konnten Sie nur?«, fuhr die junge Journalistin ihren Begleiter an, nachdem der Wirt ihnen ihre Bestellung - zwei Kaffee, ein belegtes Brot mit Käse und für den maßlosen Herrn noch ein Pint Kilkenny - gebracht hatte. »Sie wussten doch genau, was Ihre Bemerkung auslösen würde?«
    Gryf nippte an seinem herben Bier und seufzte zufrieden. »Weil sie stimmt. Ich habe oft genug gegen die Mächte der Hölle gekämpft, um zu wissen, wenn eine Sache nach Stygia und Konsorten stinkt. Und diese hier tut es nicht, Schwefelgeruch hin oder her. Ich fand, das sollten die guten Leute von New York erfahren.«
    Jenny wusste nicht, was schlimmer war: seine süffisante Art oder das selbstzufrieden-amüsierte Grinsen, das er dabei zur Schau stellte.
    »Wenn Sie mich fragen«, fuhr Gryf sachlicher fort, »haben wir es mit einem Trittbrettfahrer zu tun. Irgendwer will es so aussehen lassen, als

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