0948 - Der Hort der Sha'ktanar
tun?«, fragte der Sohn des Auserwählten.
»Das Armband!« In gespielter Erkenntnis riss McCain die Augen auf. »Die Quelle des Lebens ist ein Ort voller Magie. Ein Ort des Friedens. Sie lehnt Waffen oder fremdartige Zauber ab. Das muss es sein! Sie müssen das Armband ablegen.«
»Was? Nein! Kommt nicht infrage.«
Innerlich seufzte McCain auf.
Ein kürzer gedanklicher Befehl, und Andreas Steigner sank auf die Knie und keuchte. »Papa«, ließ McCain ihn mit brüchiger Stimme sagen. »Bitte.«
»Andreas! Was ist?«
»Ich fürchte, es geht los«, sagte der Druidenvampir. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Nehmen Sie das Armband ab oder Ihr Sohn stirbt!«
Joachim Steigner zögerte noch einen Augenblick, dann betätigte er einen für McCain unsichtbaren Öffnungsmechanismus und das Tätowierungsband glitt ihm wie ein Streifen Stoff vom Arm. Er legte es neben den Monolithen und bedeckte es mit Laub und Gras.
»Na endlich!«, sagte McCain, als Steigner sich erhob, und zwang ihn unter seine geistige Knute. »Lass uns gehen.«
Mit einem Gedankenbefehl öffnete er das Tor, das ihm nur deshalb gehorchte, weil ein Auserwählter anwesend war.
Zwischen den Grabsteinen kam Renate Steigner, die sich bisher verborgen gehalten hatte, zum Monolithen und blieb neben Andreas stehen.
»Ihr bleibt hier und wartet auf neue Befehle. Passt auf, dass euch niemand sieht«, sagte McCain.
Dann legte er Jo Steigner den Arm um die Schulter und schritt Seite an Seite mit ihm durch das Tor zur Quelle. Er war zufrieden. Endlich stand er kurz vor der Vollendung seines jahrtausendealten Auftrags.
***
»Du kennst meinen Namen.«
Njhugjr war überrascht. Wer war dieser Fremde? Wo kam er her?
Doch wie auch immer die Antworten auf diese Fragen lauten mochten, der Kerl in dem Ledermantel vergriff sich an seinem Eigentum.
»Du bist ein Eindringling. Du bist tot.«
Er ließ den Käfer fallen, den er erbeutet hatte, flitzte zu dem Fremden und riss die Arme hoch, um ihm die Krallen in die Augen zu rammen. Doch plötzlich war der Kerl verschwunden und Njhugjrs spitze Finger rasten ins Leere.
»Nein!«, erklang eine Stimme hinter ihm. » Du bist tot!«
Noch bevor er reagieren konnte, schossen aus sieben oder acht verschiedenen Richtungen Lianen heran, umwickelten blitzartig seine Beine, Arme und Hals und zerrten ihn hoch ins dichte Laubwerk. Noch während die Zweige ihm ins Gesicht prügelten, wurde dem Dämon eines klar: Der Angriff auf den Eindringling war ein Fehler gewesen!
Sein Äußeres bewies, dass er aus der Welt stammte, die Njhugjr seit langer, langer Zeit nicht mehr gesehen hatte. Seit dieser verfluchte Dämonenjäger ihn hierher verbannt hatte.
Irgendwie war der Fremde in diese Dimension gelangt. Vielleicht aus eigener Kraft. Vermochte er also auch wieder zurückzukehren? Falls ja, dann war dieser Eindringling Njhugjrs Weg in die Freiheit.
Er spürte, wie die Lianen an ihm zu zerren begannen. Offenbar besaß der Fremde die Macht, über Pflanzen zu gebieten. Im gleichen Augenblick wusste Njhugjr, was er zu tun hatte.
Sein Körper wechselte für einen Sekundenbruchteil in einen feinstofflichen Zustand und entkam so dem Griff der Lianen, die widerstandslos zurückschnellten. Auch wenn er diese Gestalt nicht lange beibehalten konnte, reichte die Zeit doch aus, sich zu befreien. Als sein Leib wieder feste Form annahm, veränderte er ihn so, dass ihm statt Arme Flügel wuchsen, die ihn in der Luft hielten. Dann stieß er einen gellenden Schrei aus.
Nur Sekunden später verstummte er und löste die magischen Fesseln um seine Gefangenen.
Nun musste der Fremde denken, Njhugjr sei tot.
Mit leisem Flügelschlag sank er tiefer und sah gerade noch rechtzeitig, wie der Mann im Ledermantel die Frau und den Jungen durch ein Loch in der Welt führte.
Als sie darin verschwunden waren, raste Njhugjr hinterher. Er drang in den Weltenspalt ein, als dieser sich schloss. Die Dimensionen rissen an ihm, wollten ihn zwischen sich zerreiben, doch der Dämon kämpfte sich wie durch einen einstürzenden Tunnel voran.
Es kostete ihn eine ungeheure Kraft, doch schließlich purzelte er aus dem Riss zwischen den Welten, der hinter ihm zusammenbrach. Er hatte es geschafft. Er war zurück!
Aber er war so erschöpft, dass er auf der Stelle einschlief.
Als er erwachte, wusste er nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sicherlich einige Stunden, denn er fühlte sich stark genug, endlich Rache zu nehmen. Da er die Frau und den Jungen jahrelang mit seiner Magie
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