0948 - Der Hort der Sha'ktanar
»gefüttert«, hatte, war es ihm ein Leichtes, sie zu erspüren.
Und wo sie sich aufhielten, war der Dämonenjäger mit dem Armband bestimmt nicht fern.
Er stand auf und schüttelte sich einmal. Dann erhoben ihn seine Flügel in die Lüfte und führten ihn dorthin, wo die Rache wartete.
***
Regenbogenblumen waren eigenartige Gewächse. Sie sahen mit ihren mannsgroßen Blütenkelchen, die je nach Beleuchtung und Betrachtungsperspektive in allen Farben des Regenbogens schimmerten, nicht nur außergewöhnlich aus, sie verfügten auch über ganz besondere Fähigkeiten. So konnte man nämlich zwischen einzelnen Blumenkolonien reisen, alleine, indem man ein Blütenfeld betrat und sich den Zielort oder die Zielperson exakt vorstellte. Wenn dort ebenfalls eine Kolonie existierte, transportierten einen die Blumen ohne Zeitverlust dorthin.
Auf diesem Weg hatten Zamorra, Rhett, Dylan und Dunja eine Reise nach Schottland unternommen. Vom Keller des Châteaus zu Spooky Castle in nur einem Wimpernschlag. Anka war im Château geblieben. Zu gerne hätte sie sie begleitet - hätte sie Rhett begleitet! -, doch sie fürchtete die Gefahr, dass Anne außerhalb der M-Abwehr einen Ausbruchsversuch aus ihrem gemeinsamen Körper unternehmen würde.
»Dieser Blümchenexpress begeistert mich jedes Mal wieder«, ließ sich Dylan hören.
Obwohl Zamorra selbst nicht gerade ein Trauerkloß war, konnte er im Augenblick mit der quirligen Art des Schotten nicht viel anfangen. Er fühlte sich, als hätte ihn eine Grippe fest im Griff. Kopfschmerzen drohten bei jedem Schritt seinen Schädel zu sprengen. Die Welt um ihn herum nahm er nur wie durch einen fiebergetränkten Filter wahr.
Um von Spooky Castle zum Friedhof der Llewellyns zu gelangen, hatte es schon immer eines strammen Fußmarsches bedurft. Diesmal hatte der Professor jedoch den Eindruck, ihn durch einen Sumpf zurücklegen zu müssen, so schwer fiel ihm jeder Schritt.
Wurde er tatsächlich krank? War er es womöglich bereits? Wann war ihm das zum letzten Mal passiert? Definitiv bevor er von der Quelle des Lebens getrunken hatte.
Auch Dunja sah aus, als brüte sie eine gewaltige Erkältung aus. Immer wieder suchten Krämpfe ihren ausgezehrt wirkenden Körper heim und hielten sie zusätzlich auf.
Noch immer hatte Rhett keine genaueren Informationen ausgespuckt, wo er einen dieser geheimnisvollen Horte vermutete. Gerne hätte Zamorra ihn danach befragt, doch er brauchte seine Luft für die Wanderung. Der Versuch eines Gesprächs würde sicher in unverständlichem Gejapse enden. Also schwieg er, keuchte und marschierte.
Nachdem Dylans Konversationseröffnung nicht von Erfolg gekrönt war, hielt auch er den Mund.
Wiederholt blieb Zamorra mit den Füßen an Steinen oder Wurzeln hängen. Einmal konnte er nur mit Mühe einen Sturz verhindern.
Seine Erleichterung war grenzenlos, als er Rhett sagen hörte: »Wir sind da!«
Tatsächlich! Während der letzten Minuten hatte sich Zamorra so auf den Weg konzentriert, um nicht doch noch zu straucheln, dass er der Umgebung keinerlei Beachtung geschenkt hatte. So war ihm gar nicht aufgefallen, dass sie inzwischen den Llewellyn-Friedhof betreten hatten.
Der Grabstein, vor dem sie stehen blieben, befand sich am nördlichen Rand des Totenackers. Seine verwitterte Aufschrift lautete: »Meiner geliebten Isobel im Angedenken«. Eine Datumsangabe fehlte.
Zamorra hatte diesen Stein bisher nie bemerkt. Allerdings hatte er sich auch noch nicht so oft auf diesem Friedhof aufgehalten. Und wenn, dann hatte er anderes zu tun gehabt, als alle Grabdenkmäler zu studieren.
»Isobel?«, fragte Dylan.
Rhett nickte und strich über die Oberfläche. Er zupfte das hohe Gras vor dem Stein aus und ein verrostetes Metalltürchen kam zum Vorschein. »Sie war zwanzig Jahre lang die Gefährtin meines Vorfahren Calum.«
Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte der Erbfolger häufiger Schwierigkeiten gehabt, sich zu entscheiden, wie er von seinen früheren Inkarnationen erzählen sollte - vermutlich auch, wie er sie empfinden sollte. Streng genommen handelte es sich bei jedem seiner Vorgänger zugleich auch um Rhett selbst, denn seit Beginn der Erbfolge ging seine Seele beim Tod des Vaters auf den jeweils just in diesem Augenblick geborenen Sohn über. Somit änderte sich nur die Hülle, nicht jedoch der Mensch.
Dennoch ging Rhett zunehmend dazu über, von seinen früheren Inkarnationen als von seinen Vorfahren zu sprechen. Vermutlich wollte er sich auf diese Art
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