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0948 - Der Hort der Sha'ktanar

0948 - Der Hort der Sha'ktanar

Titel: 0948 - Der Hort der Sha'ktanar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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gewährt.
    Okram wiederum wurde achtzehn Jahre alt und das Spiel wiederholte sich.
    Aber nicht nur einmal, sondern wieder und wieder und wieder. Und mit jeder Inkarnation wurde er ein Jahr älter, stärker und boshafter. Er holte Kreaturen nach Lemuria, die ihn in seinem Schreckensregiment unterstützten. Nach und nach breitete er seinen Machtbereich über die Grenzen Hysops aus. Viele lemurische Städte leisteten erbitterten Widerstand, kämpften gegen die dämonische Übernahme an - und unterlagen.
    Bereits der fünfzigste Erbfolger war so mächtig, dass er unangefochten als Schwarzmagier über weite Teile Lemurias herrschte. Er führte ein Regiment der Willkür und Gewalt. Nicht wenige Bürger unterwarfen sich ihm aus Sorge um ihr jämmerliches Dasein und das ihrer Familie. Doch auch die anderen rottete der Tyrann nicht aus. Er ließ sie ihre kleinen, bedeutungslosen Leben leben, die stets von der Angst erfüllt waren, eines Tages ohne ersichtlichen Anlass von den Dämonen abgeholt zu werden, um für den Rest ihrer Existenz zu einem Sklavendasein oder Schlimmerem gezwungen zu werden.
    Viele Lemurer zogen den Tod diesem Leben vor und flüchteten sich in den Selbstmord. Sie strafte der Erbfolger, indem er ihre Familien zu jahrelangen öffentlichen Folterqualen verurteilte. Schlagartig nahm die Freitodrate wieder ab.
    Die Bevölkerung begann zu resignieren. Wie seelenlose Hüllen fristeten sie ihre traurigen Existenzen von der Geburt bis zu einem meist gewaltsamen Tod durch Dämonenhand.
    Doch irgendwann erwachten die Lemurer aus ihrer Lethargie. Sie erinnerten sich der alten Riten und Religionen, die der Erbfolger längst verboten hatte. Zunächst war es nur eine Handvoll Menschen, die sich im Verborgenen traf, doch nach und nach wurden es immer mehr. Sie versammelten sich in Kellern und Hinterhöfen und nannten sie hochtrabend Tempel . Sie ernannten Priester und Hohepriester, die die alte Zeit - wenn auch nur in winzigem Maßstab - wieder aufleben ließen. Und das alles in der ständigen Angst, vom Erbfolger oder seinen Dienern entdeckt zu werden.
    Trotz der Furcht besaßen sie nun etwas Trost in ihrem Leben, der sie die Schrecken des Alltags besser überstehen ließ, der ihnen durch das Grauen half. Dieser Funke erlosch selbst dann nicht, wenn ihnen die Schergen des Tyrannen vereinzelt auf die Spur kamen.
    Schließlich spaltete sich aus dieser Gruppe ein Zweig ab. Er wollte sich nicht mit einem Widerstand abfinden, der lediglich darin bestand, im Untergrund harmlose verbotene Riten zu vollziehen. Seine Mitglieder schrieben es sich auf die Fahnen, direkt gegen den Erbfolger vorzugehen. Ihn zu töten. Seine Herrschaft zu beenden.
    Heute wusste längst niemand mehr, wie oft im Laufe der nächsten fünfzig Erbfolger die Rebellengenerationen gescheitert waren. Anschläge auf den Herrschertempel in der Hauptstadt Hysop, Attentate auf den Tyrannen, wenn er gerade unterwegs war. Sie alle endeten in blutigen Debakeln. Schließlich kam man auf den Gedanken, dass man gegen den Verhassten am besten dann vorgehen sollte, wenn er am schwächsten war: solange er noch im Mutterleib steckte oder kurz nach der Geburt.
    Jedoch war auch von diesen Versuchen bislang keiner gelungen. Zu gut schirmten die Dämonen zunächst die Mutter und nach der Entbindung und ihrem damit einhergehenden Tod den Säugling ab. Das hielt die Rebellen aber nicht ab, es bei jedem Erbfolgerwechsel erneut zu wagen.
    In diesen Tagen stand die Geburt des hundertzweiten Erbfolgers bevor und wieder hatte der Widerstand Pläne geschmiedet. Diesmal jedoch waren sie wesentlich langfristiger angelegt als jemals zuvor.
    »Wir sollten zu den anderen zurückkehren«, sagte Zamorra. »Ich fürchte, es ist etwas schiefgegangen.«
    »Zwanzig Jahre haben wir uns vorbereitet. Da kommt es auf ein paar Minuten mehr auch nicht mehr an. Wir warten!« Svern blickte zu dem Mauerdurchbruch, der den kleinen Raum mit dem Rest der Kanalisation verband. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, verriet seine Miene die Sorgen, die auch er sich machte.
    Schließlich ging es um seine Tochter Seerte!
    Schon kurz nach ihrer Geburt hatte er beschlossen, sie für den guten Zweck zu opfern. Zehn Jahre lang hatte ihre Erziehung ausschließlich daraus bestanden, sie geistig auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Im Alter von zwölf hatte sie absichtlich auf dem Hof vor dem Herrscherpalast gespielt, wofür sie der Erbfolger zur Strafe - wie von den Rebellen geplant - lebenslang in seine Dienste gestellt

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