095 - Ruine der Kopflosen
gab, diese jedoch älteren Datums sein mußten. Die Kerben wiesen eine bestimmte Form
auf. Wie eine geheime Keilschrift, deren Sinn er nicht verstand.
Zwei
neue Schnitte waren durch die Fremde dazugekommen, aber es gab keinen Zweifel,
daß sie ihre Aufgabe nicht vollständig erfüllen konnte.
Würde
sie zurückkommen, um den verlorenen Kristall zu holen?
Den
scharfkantig geschnittenen Stein ließ er eine halbe Stunde auf dem Felsen
liegen. Der Block war kühl und etwas feucht. Aber die Wärme des
dolchartigen Steins war noch immer unverändert! Das fand der Amerikaner
eigenartig, und er nahm ihn auf. Er glaubte, ein Pulsieren in seiner Handfläche
wahrzunehmen. Als ob Blut durchfließt, dachte er und ahnte nicht, wie treffend
dieser Vergleich war.
●
Das
Telefon klingelte.
Sergeant
O'Hara, der ausnahmsweise auf Bitten eines Kollegen eine Zusatzschicht
ableistete, hob ab. „Polizeirevier eins, Sergeant O'Hara!“
„Hier
spricht Mrs. Coverey, Sergeant. Ich mache mir Sorgen um meinen Mann.“ Die Stimme
der Frau am anderen Ende klang beunruhigt.
„Was
ist denn mit Ihrem Mann?“
Morris
O'Hara hörte aufmerksam zu und erfuhr, daß John Coverey am Abend aus Aberdeen
abgefahren war. „Und nun mache ich mir Sorgen, ob er vielleicht einen Unfall
gehabt hat“, schloß Elisabeth Coverey. „Er müßte längst da sein. Liegt
irgendeine Unfallmeldung vor, Sergeant?“
„Das
kann ich Ihnen auf Anhieb sagen: nein! Aus unserem Bezirk liegt keine Meldung
vor. Wann wollte Ihr Mann denn da sein?“
„Spätestens
um zehn Uhr, Sergeant. Eher noch früher.“
„Nun,
machen Sie sich vorerst mal keine Sorgen! Vielleicht hat Ihr Mann einen alten
Freund getroffen.“
„Das
glaube ich nicht.“
„Nehmen
wir's mal an. So etwas kann immer vorkommen. Die beiden sitzen möglicherweise
in einer Kneipe und erzählen von alten Zeiten.“
„John
geht nicht in Kneipen, Sergeant.“
„Uns
haben schon viele Ehefrauen angerufen, die auf ihre Männer warteten und viel zu
früh Vermißtenanzeige erstatteten und dadurch den ganzen Polizeiapparat in
Bewegung setzten! Dann tauchte der Vermißte fröhlich wieder auf, und die ganze
Aktion wurde abgeblasen. So etwas ist mit viel Mühe und Kosten verbunden. Ich
schlage Ihnen deshalb vor, warten Sie nicht länger, versuchen Sie zu schlafen
und gedulden Sie sich bis zum nächsten Morgen. Ich bin sicher, daß sich alles
auf natürliche Weise klären wird.“
Elisabeth
Coverey seufzte. „Sie wissen, was mit unserer Familie ist, Sergeant?“ Morris
O'Hara wußte es!
„Könnte
es nicht sein, daß mein Mann meinen Vater getroffen hat…“
Sergeant
O'Hara hob die Augenbrauen. „Wenn es so wäre, hätte er sicher sofort die
nächste Polizeidienststelle benachrichtigt. Schließlich weiß er doch am besten,
was auf dem Spiel steht.“
„Ja,
da haben Sie auch wieder recht.“
„Außerdem
wäre das auch sehr ungewöhnlich, obwohl man natürlich mit allem rechnen muß.
Aber wie Sie wissen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß Walt McTobish auf dem
schnellsten Weg versucht, nach Edinburgh zu kommen. Dort lebt seine Frau. Ihr
hat er den Tod angedroht. Daß er bei Ihnen oder in der Nähe Ihrer
Geschwister auftaucht, ist kaum anzunehmen, obwohl auch dieser Fall
einkalkuliert wurde. Mrs. Coverey, ich schlage Ihnen vor, legen Sie sich hin
und machen Sie sich vor allen Dingen keine Sorgen. Ich bin sicher, daß sich
alles aufklären wird. Es ist jetzt halb zwölf. Sollte Ihr Mann bis morgen früh
noch immer nicht eingetroffen sein und Sie keine Nachricht von ihm erhalten
haben, dann rufen Sie uns bitte noch einmal an. In einer Viertelstunde löst
mich übrigens mein Kollege ab. Ich werde ihm Bescheid sagen.“
„Danke,
Sergeant.“
Es
war Morris O'Hara gelungen, Elisabeth Coverey zu beruhigen. Er räumte seinen Schreibtisch auf und zog das Formular aus der
Schreibmaschine. Sein Kollege kam pünktlich.
Er
hieß Fred Muller, hatte eine Halbglatze und war ein lieber Kerl, den alle im
Revier mochten. Morris O'Hara erzählte von Mrs. Covereys Anruf und
ließ dann gleich den neuesten Witz folgen, den
er heute im Revier gehört hatte. Dann berichtete er noch von der Sache auf dem Plateau, dem Erlebnis der beiden jungen Camper
und daß einer verschwunden war. „Wir sind vier
Stunden da oben rumgekraxelt, ohne etwas zu finden. Deshalb habe ich heute
nacht noch etwas vor. Ich fahre raus zu den
Black Walls.“
„Was
willst du denn da?“
„Ein
Bursche namens Brent hält sich dort auf. Er
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