0950 - Ein Gruß aus der Hölle
er locker und hob die Schultern. »Wollen Sie mich jetzt verhaften? Haben Sie Beweise für alles?«
»Die werden wir uns holen.«
»Wo, Sinclair?«
»Vielleicht am Grab Ihrer Tochter. Und wenn es sein muß, selbst in der Hölle.«
»Darauf wartet der Satan.«
»Bestimmt auf mich.«
Bates schaute mich mit einem seltsamen Blick an. Sicherlich überlegte er, was es zu bedeuten hatte, aber ich gab ihm keine genaue Erklärung. Wir wußten etwas, aber wir wußten nicht genug, denn ich ging davon aus, daß er mir noch einiges verschwieg, und eine sehr große Rolle spielte in diesem Fall der Spiegel. Auf ihn kam ich wieder zu sprechen, und es störte mich auch nicht, daß wir in der Kälte standen.
»Warum haben Sie Ihrer zweiten Tochter den Spiegel geschenkt? Warum taten Sie es? Wollten sie Marion auch opfern?«
In seinen Augen funkelte der Spott, als er die Antwort gab. »Nein, das hatte ich nicht vor. Der Spiegel reichte. Ich wollte sehen, ob Marion unter Carolines Einfluß geriet. Ich wollte ihn testen, denn er stellte für mich noch immer den Weg zu IHM dar.«
»Dann werden wir ihn finden. Sie haben zwar Ihre Leute losgeschickt, aber der Spiegel war schon fort. Dafür mußte Ihre Frau sterben. Was mit Marion geschehen wäre, darüber will ich nicht mal nachdenken, aber eines ist sicher, Mr. Bates. Sie werden uns so leicht nicht los, das kann ich Ihnen versprechen.«
»Es macht mir nichts. Nur weiß ich nicht, aus welchen Gründen Sie mich festhalten wollen. Ich glaube nicht, daß die Gründe ausreichen, um mich in Haft zu nehmen.«
»Davon hat keiner gesprochen.«
»Ach. Weshalb sind Sie dann gekommen?«
»Weil wir Ihnen auf eine andere Art und Weise das Handwerk legen wollen.«
»Versuchen Sie es.«
»Vielleicht sogar durch das Kreuz!«
Bates zuckte zusammen, aber er enthielt sich eines Kommentars. Lächelnd schaute er auf die Opferstelle. »Sie wissen nicht mehr weiter«, erklärte er uns, »das fühle ich. Sie sind an einem toten Punkt angelangt. Für Sie ist es nicht zu begreifen, was da geschehen ist. Sie versuchen mit ihrem kleinen Geist Türen zu öffnen, die Ihnen verschlossen bleiben müssen. Ohne meine Hilfe kommen Sie nicht weiter. Sie wollen den Spiegel, aber Sie wissen nicht, welchen Weg Sie gehen müssen, um ihn zu finden. Das frustriert Sie, ich weiß es, aber mich läßt es hoffen und lächeln. Ich werde zusehen, wie Sie daran verzweifeln. Ihr Kreuz wird Ihnen nichts nutzen, darauf können Sie sich verlassen.«
»Das ist Ihre Meinung, Bates.«
»Und was sagen Sie dazu?« fragte er, wobei er noch glucksend lachte.
»Nicht viel. Wir gehen wieder ins Haus!«
»Sehr schön, das hatte ich auch vorschlagen wollen…«
***
»Caro? Bist du da?«
»Ja, ich bin hier.«
»Aber ich sehe dich nicht.«
»Warte, ich komme gleich…«
Marion wartete auf die Freundin. Sie fürchtete sich. Die Dunkelheit um sie herum war einfach zu schlimm, und sie spürte wieder, wie Caroline ihre Hand streichelte, das beruhigte sie ein wenig und schickte auch die Tränen zurück, die ihr gekommen waren.
»Wo sind wir hier?«
»Du würdest es nicht begreifen, Marion.«
»Doch, bitte. Sag es.«
»In einer anderen Welt.«
Damit war Marion nicht zufrieden. Zwar fürchtete sie sich vor ihrer nächsten Frage, sie stellte sie trotzdem. »Sind wir vielleicht bei den Toten, Caro?«
»Nein, das nicht. Das bestimmt nicht. Wir schweben zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, und wir müssen den Weg durchwandern, um alles wieder gut werden zu lassen.«
»Aber ich will zurück.« Marion zitterte vor Furcht. Die Worte waren kaum zu verstehen gewesen.
»Ich begreife das alles nicht. Ich möchte wieder zu meiner Mutter.«
»Nein, das ist nicht möglich, Marion.«
»Doch, doch, doch!« rief sie und wunderte sich, wie sehr ihre Stimme hallte. »Ich glaube es nicht. Meine Mutter wartet. Wir gehen durch den Spiegel zurück und…«
»Deine Mutter ist tot, Marion!«
Stille. Ein Nichts. Dann die nächste Frage, die nur aus einem Wort bestand. »Was?«
»Sie lebt nicht mehr. Man hat sie umgebracht. Ich wollte es dir nicht schon jetzt sagen, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen. Dich konnte ich noch retten, aber deine Mutter nicht mehr. Sie ist erschossen worden, ich weiß es, und ich weiß auch, wer dahintersteckt. Es ist ein Mensch, aber es ist auch ein Teufel. Ein schrecklicher Mann, Marion. Es gibt nur noch eine Person, der du vertrauen kannst - mir.«
Marion Bates hatte gar nicht zugehört. Die Worte waren so
Weitere Kostenlose Bücher