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0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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wenig mehr Vernunft einreden konnte, wenn er es nur oft genug und hart genug versuchte. Menschen wie…
    »Janice, fünfundvierzig, auf Leitung zwei«, kündigte Steve ihm und seinen Hörern an. »Sie ruft aus Inwood an.«
    Barry schmunzelte. Inwood war das nördlichste Viertel Manhattans und im Vergleich zu dem, was die Welt eigentlich mit dem Big Apple assoziierte, schon fast ländlich zu nennen. Seitdem vor kurzer Zeit einige unspektakuläre Erdbeben die Gegend durchgeschüttelt hatten, war es wieder in aller Munde.
    »Janice, ich grüße dich«, raunte Barry sein zur Standardfloskel gewordenes Markenzeichen ins Mikro und nickte Steve anerkennend zu. »Du bist live in den Files .«
    Die Stimme, die folgte, war so hoch und schrill, dass sie auch von einer Maus hätte stammen können. »Ja, äh, also ich rufe auch an, um zu betonen, dass es sich um keine Moschee -«
    Wie stets, wenn er auf Sendung war, malte sich Barry gedanklich aus, wie seine Gesprächspartner aussehen mochten. Bei Janice kam ihm fast die Galle hoch. In seiner Fantasie war sie eine alte Jungfer mit Dutt und schief sitzender Hornbrille, Blümchenkleid und Spitzenkragen. Die Sorte, der selbst Elvis Presley zu frivol war und für die Hohlbrotschlampen wie Britney Spears und Lindsay Lohan vom Satan besessen sein mussten.
    Der Gedanke genügte, um sie zu unterbrechen. »Ho, ho«, rief Barry und hob abwehrend die Hand. »Jetzt mal langsam mit den jungen Pferden, Mädchen. Du willst mir doch nicht etwa sagen, du hättest kein Problem damit, dass der Bin-Laden-Fanclub ausgerechnet am Ground Zero eine neue Filiale eröffnet!«
    »Aber das ist doch unerhört!«
    Barry ignorierte sie weiterhin. »Dass Bürgermeister Roslin und sein Gefolge aus Unfähigen es okay finden, wenn die Leute, die dieser Stadt am 11. September 2001 die größte Wunde in der Geschichte New Yorks zugefügt haben, genau an dieser Stelle nun eine ihrer bizarren Pseudokirchen einrichten! Janice, das kann doch nicht dein Ernst sein.«
    »Also erst einmal sind es nicht ›die Leute‹, weil es ›die Leute‹ gar nicht gibt«, sopranisierte sie sich schrill in Rage. »Zweitens wird das Gemeindezentrum - keine Moschee, ein Gemeindezentrum - nicht am Ground Zero gebaut, wie du und deine rechten Kollegen so gerne kolportieren, sondern zwei Blocks weiter, was hier in New York einen Riesenunterschied bedeuten kann. Und drittens werden darin diverse Glaubensgemeinschaften vertreten sein. Es wäre unamerikanisch, eine auszuschließen!«
    Barry hob anerkennend die Brauen. Janice-Maus mochte verblendet sein und sich anhören wie eine Zwölfjährige auf Helium, aber sie hatte ganz offenkundig ihre Hausaufgaben gemacht. »Das ist doch Wortklauberei, Jani-Bunny! Gemeindezentrum, Moschee - Fakt ist, dass die Bin Ladens dort einen Platz bekommen, ungestört ihre gewaltsame Eroberung des nordamerikanischen Kontinents weiterzuplanen. Alles andere ist rhetorische Wortklauberei.«
    Die Sache war seit Monaten Topthema der Medien, und das landesweit. Diverse religiöse Vereinigungen - manche obskur, manche etabliert - hatten die Erlaubnis erhalten, Räumlichkeiten in einem neu zu errichtenden religiösen Begegnungs- und Gebetsgebäude zu beziehen, dessen geplanter Bauort aufgrund seiner Nähe zum ehemaligen World Trade Center die Gemüter erhitzte. Menschen wie Barry, die ihren Verstand noch nicht an der Kasse der political correctness abgegeben hatten, wussten kaum noch, worüber sie sich zuerst beklagen sollten: über die Tatsache, dass sich im Zuge dieser Einrichtung auch Moslems am Ground Zero niederließen - oder in dessen Nähe, um den linken Schwätzern ein wenig entgegenzukommen -, oder dass City Hall im Zuge dieses akuten Anfalls fehlgeleiteter Religionsfreiheit auch noch anderen Vereinigungen einen Platz an der Sonne gewährte.
    Janice schwieg.
    Barry grinste. »Hab ich dich jetzt an die Wand argumentiert, Süße?« Es war doch immer wieder ein Genuss, diese verblendeten Hab-dich-lieb-Hippies sprachlos zu machen.
    Im nächsten Moment hob er überrascht die Brauen, denn die Stimme, die nun aus seinen Kopfhörern drang, hatte nichts mehr mit Janices Fistelgeschrill gemeinsam. »Dafür wirst du in der Hölle schmoren, Champlain, weißt du das?«, zischte ein zweifelsfrei männliches Wesen in sein Ohr, jede Silbe eine glasklare Drohung. »Du und deine rechten Kompagnons werden brennen für eure Lügen. Bluten für das Gift, das ihr Amerika einflüstert. Für eure Hasspropaganda.«
    »Äh, Barry, ich

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