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0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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ihn herum zueilten. Auf die Entfernung und durch die Menge an Gegnern konnte er sie kaum ausmachen. Erst nach einigen Sekunden erkannte er Gesichter - und darunter eines, das ihm vertraut war.
    »Taima! Hierher!«
    Clay Taima. Der letzte Chief der Watumi. Der Himmel mochte wissen, was den stolzen Indianer dazu gebracht hatte, offensichtlich mitsamt seiner kleinen Gemeinde zu nachtschlafender Zeit in Inwood aufzutauchen, aber er war da. Das allein zählte.
    »Ich meditierte gerade, da spürte ich die böse Präsenz dieses Ortes geradezu«, rief der schmächtige Sektierer. Dann grinste er. »Ihnen scheint es ähnlich ergangen zu sein. Und es sieht aus, als hätten Sie sich in die Enge treiben lassen, Dämonenjäger.«
    Schon wandten sich die ersten Untoten um und widmeten sich den Neuankömmlingen. Denen ohne Schutzschirm aus Energie. Die ersten leichenkalten Hände griffen nach den Indianern.
    »Scherzen Sie nicht«, entgegnete Zamorra hektisch. »Wirken Sie lieber Ihre Magie, Mann! Wenn hier nicht bald etwas geschieht, sind wir alle verloren!«
    Dann geschah etwas, womit Zamorra nie gerechnet hätte. Taima, der wie die Meisten seiner Gruppe einen etwa knöchellangen dunklen Mantel trug, griff unter selbigen und brachte eine lange, geschwungene Klinge zum Vorschein, die im Licht des Energieschirms glänzte. Ohne mit der Wimper zu zucken, holte der Indianerchief aus und hieb auf die untoten Leiber ein. Wie ein Urwaldforscher im tiefsten Busch bahnte er sich einen Weg durch das Gestrüpp toten Lebens, während rechts und links von ihm die Körperteile nur so davonflogen, Zombies zu Feuersäulen und Asche vergingen. Wo er auch hintrat, schuf Taima sich Raum, und direkt hinter ihm schloss die Meute ihn wieder.
    Schließlich hatte er Zamorra erreicht. Der Schutzschirm ließ den Indianer passieren, hörte dieses eine Mal auf seinen Träger. Kaum stand er neben dem Meister des Übersinnlichen, grinste Taima jungenhaft, wischte sich die Klinge am Ärmel seines nachtschwarzen Mantels ab und sah Zamorra an. »Warum«, fragte er mit gespielter, wenngleich unüberhörbarer Entrüstung, »glaubt ihr Bleichgesichter eigentlich die ganze Zeit, wir Watumbi seien hier die großen Magier? Ich habe Ihnen doch schon bei unserem letzten Treffen gesagt, dass wir den Quatsch seit Generationen hinter uns gelassen haben.« Dann grinste er noch breiter. »Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht zu helfen wüssten, klar?«
    Clay Taima streifte sich den Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und entnahm dem Beutel die vielleicht klobigste Maschinenpistole, die Professor Zamorra je gesehen hatte. Ihr Lauf und ihr Griff waren mit etwas verziert, was nur Kriegsbemalung sein konnte. »Darf ich vorstellen? Mein Baby.« Er zwinkerte, lud durch, legte an. »Ich nenne es Tomahawk .«
    Dann legte er den Kopf in den Nacken und ließ ein Kampfgeheul hören, in das seine mittlerweile ebenso bis an die Zähne bewaffneten Stammesbrüder und -schwestern umgehend einstimmten.
    Zwei Sekunden später drückten sie ab.
    ***
    Andygeist weiß. Alles.
    Er sieht, begreift, erfasst. Woher das Wissen stammt, ist ihm unklar. Es ist aber irrelevant. Entscheidend ist allein, dass er es besitzt.
    Oben: Zamorra und die Watumbi, Auge in Auge mit den Untoten von Inwood Hill. Sie nehmen die Armee der Nacht in die Zange, drängen von zwei Seiten auf sie ein, mähen nieder, was immer ihnen vor die Läufe und in die Bahn der weißmagischen Entladungen kommt. Der Professor wirft seine letzten Kraftreserven in den Ring, lässt seinem Amulett alle Freiheiten, ergibt sich ganz der so unverhofften, irrational anmutenden Chance.
    Unten: Andy. Und der Dämon. Das Wesen aus der Hölle - einer Sphäre, die eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte. Weil der Meister des Übersinnlichen sie vernichtet hat. In den Bildern in Andygeist, und in der Realität.
    Es ergibt keinen Sinn. Aber es ist real.
    So echt, wie der wabernde Leib aus brennender, lavaesker Höllenenergie, von dem Andykörper nur noch Millimeter trennen. Der Leib, der ihn verschlingt, wenn nicht…
    Der Moment ist da.
    Länger zu zögern bedeutet mehr als nur den Tod.
    Es bedeutet das Ende von allem.
    Andygeist weiß. Und Andygeist handelt.
    Epilog - Last der Erkenntnis
    Château Montagne
    Es war falsch.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit war es falsch. Zumindest für den Augenblick, und der allein zählte. Professor Zamorra stand am Fenster seines Anwesens im französischen Loire-Tal, sah hinaus auf die in nächtlicher

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