0955 - Der Gruftie
oder die Stadt gefällt.«
»Mal sehen.« Sheila drehte sich vom Spiegel weg, um den großen Salon zu betreten, der hell erleuchtet war. Aus der offenstehenden Doppeltür drangen die Stimmen der Gäste, untermalt von weicher Tanzmusik. Das kleine Fest war in vollem Gange, man amüsierte sich bereits, aber jetzt wollte Bill wissen, was Sheila störte, deshalb hielt er seine Frau an der Schulter zurück.
»Sag mal, was hast du gegen diesen Waterman?«
Sie lächelte scharf. »Diesen ist genau richtig.« Sie tippte Bill gegen die Brust. »Ich habe einiges über ihn erfahren. Ich habe über ihn gelesen, und es hat mir nicht gefallen. Der Kerl ist ein Hai, ein richtiger Hai, der die anderen Fische in seiner Umgebung schluckt, weil er einfach unersättlich ist.«
Bill hob die Schultern. »Da magst du wohl recht haben. Ich würde ihn eher als Geschäftsmann bezeichnen.«
Sheila verzog den Mund. »Der Bäcker an der Ecke ist nicht so.«
»Da gebe ich dir recht. Aber er hat auch nicht die Konkurrenten wie Waterman.« Er hob die Schultern. »Was willst du machen? Die Medienbranche ist eben kein Planschbecken, sondern ein Haifischbad, wo jeder jeden frißt.«
»Und da willst du mitmachen, Bill?«
»Ich habe weder zugestimmt, noch etwas unterschrieben, das darfst du nicht vergessen. Wir hören uns gewisse Dinge erst einmal an und sehen dann weiter.«
»Auf dieser Fete hier?«
»Hier kann man nur Kontakte knüpfen.«
Sheila winkte ab. »Einige dieser Kontaktpersonen habe ich schon gesehen. Ich kenne sie vom Bildschirm her. Mal schauen, was dabei herauskommt.«
»Eben.«
Beide gingen auf die breite, weit offenstehende Salontür zu und hatten die Schwelle kaum übertreten, als zwei junge Mädchen von verschiedenen Seiten an sie herantraten und ihnen die Tabletts entgegenhielten. Darauf standen die mit Champagner gefüllten Gläser.
»Danke!« Bill nahm gleich zwei. Ein Glas reichte er seiner Frau. Er prostete und zwinkerte ihr zugleich zu, und sie tranken den ersten Schluck, wobei Bill froh war, als er Sheilas Lächeln sah. Sie schien sich wieder gefangen zu haben.
Es war ein sehr großer Raum, ein doppelter Tanzsaal, dessen Möbel entweder ausgeräumt waren oder an den Wänden standen, wo sie als Tische dienten, die das kalte Büfett aufnehmen konnten.
Die Musik drang aus Lautsprechern, die oben in den Ecken des großen Salons an der Decke installiert worden waren. Auf die Musik hörte niemand. Die Gäste standen in Gruppen zusammen, tranken, redeten oder aßen. Das konnte man auch in einem Nebenraum, wo mehrere runde Tische standen mit der entsprechenden Anzahl von Stühlen.
Bill suchte den Gastgeber. Es war so üblich und gehörte sich auch, daß man sich als Gast vorstellte.
Douglas Waterman stand nahe einer Säule und unterhielt sich mit zwei Frauen, die Bill vom Ansehen her kannte, aber ihre Namen nicht wußte. Dafür schaute Waterman kurz zu den Conollys herüber, erkannte, wer da gekommen war und entschuldigte sich bei den beiden Ladies.
»Das ist eine Überraschung«, sagte der nicht eben hochgewachsene Mann, der ein weinrotes Jackett trug, dazu eine schwarze Hose und eine ebenfalls schwarze Fliege zum weißen Hemd. »Mr. Conolly, Sie sind also doch gekommen.«
»Ja, etwas spät…«
Waterman ließ ihn nicht ausreden. »Und dazu in einer so entzückenden Begleitung.«
»Das ist meine Frau Sheila.«
»Himmel, ich dachte schon, es wäre Ihre Tochter.«
Ich kriege eine Krise, dachte Sheila. Das darf doch nicht wahr sein. Wer kann sich denn nur einen derartigen Schwachsinn ausdenken? Das ist nicht zum Aushalten? Als Waterman sie zudem noch durch einen Handkuß begrüßte, hätte sie ihm am liebsten in das feiste Gesicht geschlagen, dessen Haut bereits eine alkoholbedingte Röte angenommen hatte. Bei ihm war wirklich alles feist, was möglicherweise auch deshalb so wirkte, weil er den größten Teil seiner Haare verloren hatte. Der Rest war von der Stirn weg nach hinten gekämmt worden und lag dort wie ein graues Band. Ein schmaler Mund, eine gekrümmte, aber fleischige Nase und ziemlich dicke Wangen vervollständigten den Eindruck des Gesichts, zu dem auch zwei Augen gehörten, die immer so schauten, als wollte Waterman den Menschen, mit dem er gerade sprach, reinlegen.
Jedenfalls traute ihm Sheila nicht. Sie hörte kaum zu, was die beiden Männer miteinander sprachen, denn es ging um ein zukünftiges Geschäft. Sheila schaute sich statt dessen um.
Einige Gäste kannte sie. Es waren auch Kollegen ihres
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